Deutsch
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Isabelle Adjani – „Ein mörderischer Sommer“ (1983)
Ein Film, wie ich danach nie wieder einen anderen gesehen habe. Und das, ob schon seine Krimi-Handlung so konventionell daherkommt, wie jene ungezählter anderer Thriller. Doch das, was Frau Adjani und Regisseur Jean Becker aus der Geschichte des Racheengels herauszuholen in der Lage waren, ist bis heute ziemlich unerreicht. (3Sat, Wh)
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Rob Marshall – „Die Geisha“ (2005)
Zhang Ziyi tanzt in Kimono und Stolz durch eine Welt, die nicht die ihre ist. Die Geisha, ein Hollywood-Film über japanische Traditionen, gedreht von einem US-Regisseur, gespielt von chinesischen Stars, gesprochen in Englisch – ist kein Ausflug in eine andere Kultur, sondern deren totale Aneignung. Schönheit wird hier ausgestellt, nicht verstanden. (ZDFneo)
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Pawo Choyning Dorji – „Was will der Lama mit dem Gewehr?“ (2023)
Ein Film über ein Land, das von uns gern als „glücklichstes der Welt“ verklärt wird – ohne zu fragen, wer dieses Glück misst, wem es nützt und wer davon ausgeschlossen bleibt. Bhutan vermarktet ein Image zwischen Öko-Utopie und spirituellem Sonderweg. Pawo Choyning Dorji unterläuft diese Erzählung nicht frontal, aber subversiv – mit trockenem Humor und…
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Brad Pitt – „Sieben Jahre in Tibet“ (1997)
Anlässlich des 90. Geburtstages des Dalai Lama erinnert sich auch die ZDF-Spielfilmredaktion wieder an Tibet. Doch in westlichen Filmen wird das Land dargestellt als entgrenzte Projektionsfläche für spirituelle Sehnsüchte, als Bühne für persönliche Erweckungsgeschichten. Auch Jean-Jacques Annaud bedient diese Logik mit aller grandiosen Kraft des Kinos – und scheitert gerade deshalb daran, Tibet als politischen…
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Stellan Skarsgård – „Todesschlaf“ (1997)
Ein Mensch kann nicht – nicht – schlafen. Das weiß unser Körper genau. Und das weiß und benutzt dieser Film. Denn der norwegische Thriller von Erik Skjoldbjærg (1997) nimmt die Prämisse des Schlafentzugs und entwickelt daraus eine Meditation über Selbstverlust, Schuld und den Abgrund zwischen Realität und Wahrnehmung. (ARTE)
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Pete Davidson – „Bupkis“ (2023)
Eine Serie von, mit und über Pete Davidson. Oder besser: über die Sehnsucht, nicht länger Pete Davidson sein zu müssen. Über das Wissen, dass jeder Gag ein Placebo ist. Und darüber, wie ein Mann sich selbst verliert, wenn alle Welt von ihm erwartet, sich preiszugeben. Ich empfinde Fremdscham wie lange nicht – und bleibe dann…
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Ognjen Janković – „Golden Boy“ (2021)
Im TV-Sport dominieren Bilder von Toren, Jubel, Sieger:innen und Verlierer:innen. Und immer auch von jungen Menschen. Doch wer hinterfragt die Bedingungen, unter denen diese Talente geformt und vermarktet werden? Wer spricht über üppige Berater:innenprovisionen, über Fernsehgeld, Sportswashing und Vertragsklauseln, die schon Minderjährige international zur Handelsware machen? Wer spricht über den Preis, den die Sportler:innen dafür…
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Tilda Swinton – „A Bigger Splash“ (2015)
Eine Welt, in der alles sichtbar, aber nichts benennbar ist – Begehren, Schuld, Macht, Kontrolle. Ein Film über Körper – vor allem über den weiblichen – im Spannungsfeld männlicher Vorstellung, über das Frausein als Projektionsfläche, als Mythos, als Besitzanspruch. Und ein Film, der schmerzhaft sichtbar macht, wie tief verankert diese Strukturen selbst in liberalen, künstlerischen…
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Nina Vukovic – „Am Ende der Worte“ (2022)
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Ein Film über Gewalt in Uniform. Und darüber, was passiert, wenn das Versprechen, „für Recht und Ordnung“ zu sorgen, zur Rechtfertigung für körperliche und psychische Grenzüberschreitung wird. Wie männlich kodiert das System Polizei ist – und wie Frauen darin nicht automatisch Brüche erzeugen, sondern extreme Anpassungen vollziehen müssen, damit sie „funktionieren“. (ARD, Wh)
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Kolja Malik – „LasVegas“ (2024)
Las Vegas ist kein Ort, sondern ein Versprechen. Oder eine Drohung. In Kolja Maliks Film liegt es irgendwo zwischen Begehren und Zusammenbruch, zwischen Ketchup auf nackter Haut und der Frage, wie viel Rausch ein Körper aushält, bevor er zur Projektionsfläche anderer wird. (ZDF, Neu)
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Daniel Radcliffe – „Jungle“ (2017)
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Normalerweise bin ich bei einem „Survival-Drama“ immer etwas ambivalent. Schnell gelangweilt, weil sich die Überlebenskämpfe eigentlich zuverlässig wiederholen. So auch hier. Doch weil hier Daniel Radcliffe mitspielt, dachte ich, schaue ich mir das doch mal an. Und das war mal absolut kein Fehler! (ZDF, Wh)
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Maria Schrader – „Ich bin dein Mensch“ (2021)
6 Antworten
Maria Schrader ist fast auf den Tag genauso alt wie ich und uns als Schauspielerin seit mehr als drei Jahrzehnten wohlbekannt und sehr gut beschäftigt im europäischen Theater- und Filmbetrieb. Dass wir sie inzwischen ebenfalls als Regisseurin kennenlernen durften, mag auch ein Glücksfall für sie persönlich sein. In jedem Fall ist es unser großer Gewinn!
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Julio Medem – „Eine Nacht in Rom“ (2010)
Zwei Frauen, ein Hotelzimmer, eine Nacht: Das Versprechen von Intimität außerhalb der Ordnung, festgehalten in einem Film, der wohl lieber ein Gedicht wäre. Oder nur ein Blick. Oder auch sein eigener Mythos. „Eine Nacht in Rom“ („Habitación en Roma“) ist kein klassischer Liebesfilm. Es ist ein Kammerspiel der Projektionen – und ich darf zusehen, wie…
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Aron Lehmann – „Was man von hier aus sehen kann“ (2022)
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Kein Film über das Sterben – sondern über das Leben im Schatten dessen, was unausweichlich ist. Und wie sehr sich dieser Schatten in Wärme verwandeln kann, wenn niemand allein gelassen wird. Ein ganzes Dorf, das längst weiß, dass das Leben nicht planbar ist, reagiert auf den Tod nicht mit Panik, sondern mit vorsichtiger Zärtlichkeit. (ARD,…
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Mike Nichols – „Hautnah“ (2004)
2 Antworten
Mike Nichols („Die Reifeprüfung“ 1967) hat mit diesem Kammerspiel über vier Menschen, die lieben, begehren, lügen und zerstören, ein Stück von der Bühne in einen der unangenehmsten und zugleich wirkungsvollsten Filme über intime Beziehungen konvertiert, den ich kenne. Kein romantisches Drama, sondern eine Studie über Macht, Verletzlichkeit und den Versuch, durch Nähe Kontrolle zu erlangen.…
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Woody Allen – „Midnight in Paris“ (2011)
Paris bei Nacht, Jazz in der Luft, ein melancholischer Schriftsteller auf Zeitreise – „Midnight in Paris“ verzaubert und verstört zugleich. Können wir Woody Allens Nostalgie noch feiern, ohne seine Biografie auszublenden? Ein wunderschöner Film mit einem inzwischen ziemlich bitterem Beigeschmack. (ARD)
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Virginie Efira – „Ein Becken voller Männer“ (2018)
Haben sie schon genug von der Hitze? Oder haben Sie noch Aufnahmekapazität für eine exotische Sportart? Im Wasser! Wie wäre es mit Synchronschwimmen? Als Ergänzung, zur Abwechslung oder als echte Alternative zum Dahindämmern in der abgedunkelten, überhitzten Dachwohnung drängt sich diese wunderbare französisch-belgische Tragikomödie über wahrhaftig erbarmungswürdige Männer momentan geradezu auf. (ARD, Wh)
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Clint Eastwood, Wolfgang Petersen – „In the Line of Fire“ (1993)
Für mich war dieser Thriller, angesiedelt im politischen Washington, eigentlich eine Fortsetzung des amerikanischen Western. Eastwood, dessen Dekonstruktion des Mythos in „Erbarmungslos“ kurz zuvor gleich viermal einen Oscar gewann, überließ dem Deutschen Wolfgang Petersen die Regie. Für den einen war es eine seiner letzten Action-Rollen, für den anderen sein Durchbruch in Hollywood. (ZDF, Wh)
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Gurinder Chadha – „Kick It Like Beckham“ (2002)
3 Antworten
Dass dieser Film pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft in der ARD wieder auftaucht, ist eine kleine Sensation. Nein, wirklich: Dass ausgerechnet die öffentlich-rechtliche Bürokratiemühle so etwas hinbekommt – Herz, Timing und Kontext – hätte ich fast nicht mehr für möglich gehalten. Siehe da: In dem Apparat sitzen offenbar doch Menschen. (ARD)
2 Antworten