Akin, Kurtuluş, Tezel

– Tschik (2016) –

Fatih Akin hat vielleicht mehr riskiert, mehr gewonnen und mehr auf die Fresse bekommen, als jeder andere deutsche Regisseur seiner (meiner) Generation. Im Grunde ist er schon deshalb mein Held. „Gegen die Wand“ ist im Kino (und in meinem Kopf) geradezu explodiert, seine „Soul Kitchen“ sicher einer meiner Sehnsuchtsorte und der schönste Hamburg-Film dieses Jahrtausends. Tatsache!

Doch „Tschick“ ging völlig an mir vorbei. Das mag meiner fehlenden Vorliebe für Bücher von der Bestsellerliste geschuldet gewesen sein. – Und damit habe ich dem so viel zu früh verstorbenen Wolfgang Herrndorf ein nicht wiedergutzumachendes Unrecht angetan. Oder ich hatte den Film einfach nicht auf dem Radar, weil ich in der Zeit seiner Kinoaufführung einfach „keine Zeit“ oder „keine Lust“ hatte, mir einen „Jugendfilm“ anzusehen.

Was für ein Fehler!

Sie haben die Chance, diesen Fehler für mich wieder gut zu machen. Verlängern sie den Sommer einfach noch um einen Abend und fahren sie mit den zwei Jungs in die Wallachei.

„Tschik“ – in der ARD-Mediathek – verfügbar nur bis zum 06.09.2021


– Leben gegen Leben (2011) –

Dass ich eine schwere Hamburg-Macke habe ist genetisch und biographisch bedingt. Aber dass die wenigen Tatort-Folgen mit Mehmet Kurtuluş als Hauptkommissar Cenk Batu zu den besten der über 1170 des kollektiven deutschen SonntagabendTVphänomens gehören ist total und absolut unstrittig. Jedenfalls für mich. Was für eine Revolution dieser Kommissar war, wird erst deutlich, wenn sie noch einmal Stoever und Brockmöller (davor) oder etwa Tschiller (danach) vom ihrem inneren VHS-Rekorder Revue passieren lassen.

Was so selten wiederholt wird, muss gut sein! Glauben sie mir!

„Leben gegen Leben“ – in der ARD Mediathek verfügbar nur bis zum 06.09.2021


– Die Informantin & Die Informantin: Der Fall Lissabon (2016 / 2019) –

Mich nervt es furchtbar, wenn deutsche Schauspieler:innen in einen Vergleich zu amerikanischen Kolleg:innen gezwängt werden. Aus Heino Ferch wird kein deutscher Bruce Willis, sowenig wie Aylin Tezel zur deutschen Scarlet Johansen mutiert. Wobei ich letzterer ohne Frage zutraue jederzeit in eine Superheldinnenuniform zu steigen und bei Marvel/Disney den Schurken zu demonstrieren was eine Harke ist. (Nicht das Gartengerät!)

Im deutschen TV gab sie lange die Nora Dalay im Tatort aus Dortmund und hat sich dabei wirklich nicht geschont. Ausgestiegen ist sie auf eigenen Wunsch, auch weil die Entwicklung dieser Rolle, sagen wir es freundlich, etwas zu stagnieren drohte. Gerade rechtzeitig, um sich in anderen Rollen zu exponieren, bevor die Branche es ihr nicht mehr zutraut, denke ich.

„Die Informantin“ ist nun kein Zweiteiler, sondern eher eine TV-Mini-Serie, die Frau Tezel förmlich auf den Leib geschrieben wurde. Ein konventioneller „Krimi“ voll mit misogynen Kerlen (Kida Khodr Ramadan in einer Nebenrolle in Teil 1 ist einer der guten!) und einer skrupellosen Chefin vom BKA (Suzanne von Borsody)… Eigentlich eine Emanzipationsgeschichte in dem das zunächst übelst manipulierte „Werkzeug“ des Systems sich über die Umkehrung der Mechanismen des Geschäftes gegen das System selbst zu wehren lernt und die Machos enteiert.

Sehr gerne mehr davon!

„Die Informantin“ – in der Mediathek bei 3Sat verfügbar bis zum 06.10.2021

„Die Informantin: Der Fall Lissabon“ – in der Mediathek bei 3Sat verfügbar bis zum 07.10.2021 

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