Männer die nicht reden

– Große Fische, kleine Fische (2015) –

Martin hat mir gestern die charmante Vorlage gegeben, mit seinem Hinweis auf „Labaule & Erben„. Ist Uwe Ochsenknecht dort doch der Hauptprotagonist (& Sohn seiner Mutter). Eine schöne Rolle für einen Schauspieler, der sich über lange Strecken seiner Karriere unter Wert verkaufen musste. Das lag vermutlich soviel an uninspirierten Redakteur:innen, Regisseur:innen & Autor:innen wie an ihm selbst. Ein aufwendiges Privatleben ist ja auch nicht billig. Und der Mann musste eben arbeiten.

Nichtsdesdotrotz gehört Ochsenknecht einer ganz besonderen Generation deutscher Schauspieler an. Der Boot-Generation. Kaum ein Film, wie der U-Boot Kriegsfilm (und die TV-Serie) von Wolfgang Petersen 1981 hat so vielen Schauspielern den Weg zu einer langen Karriere geebnet. Neben Otto Sander und Jürgen Prochnow tauchten dort Heinz Hoenig, Jan Fedder, Martin Semmelrogge, Claude-Oliver Rudolph, Ralf Richter, Oliver Stritzel, Klaus Wennemann und Herbert Grönemeyer… Was für ein Casting!

Vergleichbar als Generationenprojekt war später nur noch die WDR Serie „Rote Erde„, die nur drei Jahre später viele der „Boot“-Veteranen wieder zusammengebracht hat, doch vor allem in der erst 1990 produzierten 2 Staffel noch einmal der Anschub für eine weitere Generation vorzüglicher deutscher Schauspieler:innen war.

Seitdem kann ich mich ehrlich an keine vergleichbare Produktion von über Jahrzehnte derart die Branche prägenden Auswirkungen mehr erinnern.

Der Dortmunder Ex-Punk Dietmar Bär hingegen – in seiner Tatort-Rentenrolle der kölsche Ko-Kommissar von Klaus J. Behrendt aus Hamm (Rote Erde II) – war bei keinem der großen Beispiele dabei und musste sich seinen Weg durch das Unterholz von Bühnen & TV (Film) Engagements bahnen. Dabei hatte Bär eine sehr viel glücklichere Hand bei der Auswahl seiner Rollen, als viele andere seiner Generation und so inzwischen (neben dem Gladbecker Armin Rohde) auch ein Standing als Prototyp des Knurrers aus dem Ruhrgebiet, wie es ihn wohl seit dem unvergessenen Diether Krebs nicht mehr gegeben hat.

Wenn nun Ochsenknecht & Bär zusammengebracht werden, für eine „norddeutsche Komödie“, dann ahnte ich zunächst nichts gutes. Der eine ist schließlich Südhesse und der andere auss’em Pott… Und als ich las, dass auch Axel Stein (Wuppertal), gemeinhin als Knallcharge im Dienst von Sat1/RTL/whatsoever in Erinnerung, daran beteiligt sein würde, wollte ich erst recht nicht einschalten. Nur meine deutsche Theater-Film- & Fernseh-Haus-Göttin Katharina Thalbach hat mich diesen Film dann überhaupt ansehen lassen.

Sie hat mich nicht enttäuscht. Und alle anderen gerade genannten Beteiligten haben mich tatsächlich auf das überaus positivste überrascht!

Vor ein paar Tagen habe ich noch Dieter Hallervorden für seinen Versuch der Simulation plattdeutscher Sprache übel zerrissen. Hier kann ich dem schon mit einem Kurzfilm-Oscar (2007) gekrönten Regisseur & Autor Jochen Alexander Freydank nur gratulieren, es damit erst gar nicht versucht zu haben. Dietmar Bär hält eigentlich für 85% des Films gleich mal ganz die Fresse. Weil’s die Rolle verlangt – aber auch, weil er das einfach richtig gut kann!

Ihm, gerade in der Paarung mit Ochsenknecht, zuzusehen hat was von Matthau & Lemmon und ist ein großer Spaß. Und Axel Stein, bei dem ich mich für meine Vorurteile eigentlich entschuldigen müsste, ist tatsächlich zu einem respektablen Schauspieler herangewachsen. Kathi ist Kathi. Und dafür liebe ich sie lebenslänglich. Sowieso.

Selbst die Ostsee, obwohl weit weniger spektakulär als die Nordsee, kommt zu ihrem Recht. Die Szenen auf offener See sind schon fast wieder eine Hommage an Petersen, nicht nur für „Das Boot“, sondern auch für „The Perfect Storm„. Und damit hat sich der Kreis geschlossen. 😉

Schnaps für Schweden!

Das unterstütze ich!

„Große Fische, kleine Fische“ – in der ZDF-Mediathek verfügbar bis zum 21.05.2022


– Paris, Texas (1984) –

Einer der, zunächst, auch nicht reden mag ist Travis. Der Mann der durch die Wüste lief.

Es begab sich tatsächlich, dass 1984 Busse aus Deutschland voll mit Film- & Wenders-Fans bis nach Paris und Zürich gefahren sind, weil dieser Film in Deutschland erst 8 Monate später, nach Lösung eines langwierigen Konfliktes zwischen Wenders und dem FIlmverlag der Autoren über die Anzahl der Kopien für die Kinos vorgeführt werden durfte. Ich war zu der Zeit aus reinem Zufall in Paris und Augenzeuge. Meiner Erinnerung nach, lief der Film in mindestens drei Kinos an der Champs-Elysee – mit langen Schlangen vor den Türen. Nachdem ich ihn dann später selbst in der Lichtburg in Essen sehen durfte, verstand ich, warum.

Wenn ich nur einen Film von Wenders wählen könnte, für die einsame Insel, dann wäre es wohl dieser.

Der wahre Star in diesem Wüsten-Epos ist weder Nastassia Kinski (vermutlich in der Rolle ihres Lebens), noch der großartigste Nebendarsteller des modernen Hollywood, Harry-Dean Stanton. Wenn sie es können, schließen sie die Augen, dann sind sie ganz bei Ry Cooder und einem Soundtrack für die Ewigkeit.

„I’m not afraid of heights. I’m afraid of fallin‘.“ (Travis)

„Paris, Texas“ – in der ARD Mediathek verfügbar nur bis zum 16.09.2021

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