Tom Tykwer – „The International“ (2009)

3.5
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Ist das jetzt noch deutsches Kino oder schon Hollywood? Mir egal. Am Ende bleibt es ein Tom Tykwer Film, gedreht in Babelsberg und New York, mit einer deutschen Crew und deutschem Geld (unter anderem vom viel geschmähten Deutschen Filmförderfonds der Bundesregierung, also unseren Steuergeldern).

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Ich bin um das gute Geld nicht böse. Auch, weil es hier gut investiert wurde. Und im Grunde geht es auch in diesem Thriller um nichts anderes, als das, was den meisten Kriminellen im Kino die hinreichende Motivation zu ihren Taten gibt: eben Geld. Und das Waschen desselben. Denn schmutziges Geld ist (fast) nichts wert.

Tykwers Thriller „The International“ (2009) greift gleich eine ganze Reihe historischer Ereignisse aus dem internationalen Bankwesen auf: die Krise der Bank of Credit and Commerce International im Jahr 1991, die Ermordung von Roberto Calvi, einem mutmaßlichen Bankier der sizilianischen Mafia, in London im Jahr 1982 und die Ermordung von Georgi Markov durch Gift im Jahr 1978 in London.

Autor Eric Warren Singer hat sich aber nicht nur an der Geschichte bedient, sondern gleichermaßen eine Parabel zur globalen Finanzkrise geschrieben, die in 2008 Bankhäuser wie Lehman Brothers implodieren ließ und von der sich auch deutsche Institute bis heute noch nicht völlig erholt haben. Schauen Sie sich nur die historischen Aktienkurse der Deutsche Bank oder etwa der Commerzbank an.

Es ist aber deshalb kein Film „nach einer wahren Geschichte“, sondern ein erstaunlich routinierter Thriller, den ich Tykwer seiner Zeit, nach seinen doch eher poetischen Filmen wie „Lola rennt“ (1998), „Der Krieger und die Kaiserin“ (2000) gar nicht zugetraut hätte. „Heaven“ (2002) war zwar schon ein Ausbruch aus dem Schrebergarten der deutschen Filmförderungszwänge – und eine internationale Produktion des Harvey Weinstein. Bis zu #MeToo sollte dieser noch gut anderthalb Jahrzehnte lang sein entsetzliches Unwesen treiben.

„The International“ hat etwas Entschlacktes. Das gilt auch für Tykwers Inszenierung, die sich in seinen früheren Filmen gelegentlich zu verselbständigen drohte. Sein manchmal sehr angestrengter Gestaltungswille ließ etwa das Finale seiner Patrick-Süsskind-Adaption „Das Parfum“ fasst ins Lächerliche umkippen. „The International“ dagegen ist ein Film ohne Firlefanz.

Lars-Olav Beier, Spiegel.de, 05.02.2009

Für mich war der Film zu seiner Zeit nicht wirklich ein Erweckungserlebnis für den deutschen Film an sich. Aber doch einer, der erstaunlich gut in die Zeit gepasst hat. Und der für Tykwer wohl tatsächlich auch sein ganz persönlicher Beweis dafür war, dass auch deutsche Regisseure, zumal ein Künstler wie er, durchaus routiniertes internationales Thriller-Kino können – und nicht zwangsläufig dazu verurteilt sind, ihre Rente beim „Tatort“ zu bestreiten.

Wobei… ein wenig „Tatort“ steckt ja auch hier drin. Denn wenn Axel Milberg als Beamter des LKA Berlin, sein Gesicht in die Kamera hält, war es damals schon schwer, dabei nicht an Klaus Borowski zu denken – allerdings weit hochwertiger gekleidet, frisch rasiert und in Nadelstreifen. Doch der Kieler war immer schlau genug, sich auch außerhalb dieses TV-Mikrokosmos zu präsentieren, um nicht darauf festgelegt zu werden. Armin Mueller-Stahl dagegen, hier einmal mehr als prototypischer Ex-Stasi General, hatte dieses Problem wohl nie. Kaum ein anderer deutscher Schauspieler hat es geschafft, so souverän und beständig zwischen den Welten des internationalen und des deutschen Kinos zu wandeln, wie er.

Ich mag den Film. Es ist intelligentes Kino, welches die Menschen nicht für allzu dumm verkauft und – bei aller Verschwörungstheorie – dabei nahe genug an der Wirklichkeit ist, und um uns – neben aller Spannung, brillanter Inszenierung, Action und guter Unterhaltung – die eine oder andere Erkenntnis mitzugeben. Und sei es nur die, dass auch in Hollywood nur mit Wasser gekocht wird.

Lohnt sich!

Dieser Beitrag erschien zum ersten Mal am 26.11.2023



Thriller, Deutschland, USA, 2009, FSK: ab 16, Regie: Tom Tykwer, Drehbuch: Eric Warren Singer, Kamera: Frank Griebe, Mit: Clive Owen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl, Brían F. O’Byrne, Axel Milberg


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2 Antworten

  1. Avatar

    @mediathekperlen Auch zu erwähnen: Am Ende bleibt es ein mäßiger Film.

  2. Avatar

    @mediathekperlen BTW, es gibt im Film ein spannendes Detail: Das coole Gebäude, im Film am Lago d’Iseo, ist in Wirklichkeit das Phæno in Wolfsburg.