#Autokorrektur? #Verkehrswende? #Not! Warum ich mir wohl niemals ein elektrisches Auto kaufen werde.
(Pretext: Der Autor dieser Zeilen hat als Kind vermutlich zu viel und zu lange am Auspuff des väterlichen Opel Rekord und des brüderlichen VW Käfers geschnüffelt.)
Überrascht war ich, dass das jüngste Fiasko der vielreisenden Außenministerin zur IAA in München nicht ebenso mit misogynen Kacküberschriften begleitet wurde, wie das Flugbereitschaftsdebakel ihrer dann abgesagten Reise nach Australien/Neuseeland vor wenigen Wochen. „Nichtmal Bahnfahren kriegt sie auf die Reihe…“ wäre doch eine passende Schlagzeile gewesen, oder etwa nicht?
Vielleicht war es auch nur die Gewöhnung an technische Pannen der wundersamen Bahn und das gewohnheitsmäßige Umsteigen der Ministerin auf’s Auto (stellen sie sich bloß mal das Medienecho vor, sie hätte statt dessen ein Flugzeug genommen!), die für die Schlagzeilenmaschinen einfach nicht genug Klicks hätte generieren wollen? Immerhin war das komplette östliche Ruhrgebiet durch einen vergleichbaren Schaden ebenso lahmgelegt, wie die temporäre Automobilitätshauptstadt München. Das juckt niemanden genug. Auto ist eben normal.
Mich juckt es auch kaum, wenn, wie von Roland Appel hier schon hinreichend und zutreffend beschrieben – ein dem Untergang geweihter Industriezweig zum letzten Tanz auf dem Vulkan auch die entsprechende Begleitmusik spielen lässt. Die Politik, die Politik, die Politik ist schuld, wenn die Welt in Zukunft nicht mehr am deutschen Autowesen genesen wird. Und der Sozialstaat muss auch abgeräumt werden, meint Blome. Immerhin kommen Bratwürste von Volkswagen nun wieder aus Wolfsburg, und nicht von einer Sojafarm am anderen Ende der neuen Seidenstrasse.
Mich lässt es kalt, wenn „Technik & Motor“ Journalisten in der FAZ hinter der Paywall schriftlich über die „Magie der Mobilität“ masturbieren, angesichts der „Trauben um die Neue Klasse von BMW, das CLA Concept von Mercedes oder den Mission X von Porsche“, denn… „Die Industrie bringt Beachtliches zustande. Seit mehr als hundert Jahren ist das Auto immer sicherer, komfortabler, sauberer geworden. Es gibt keinen Grund zu zweifeln, dass sich diese der Gesellschaft zugutekommende Erfolgsgeschichte aus technischer Sicht fortsetzen wird.“
Mit „Mobilität“ hat all das nichts zu tun.
Das Bedürfnis der Menschen einer freien Gesellschaft nach „Mobilität“ hat nichts, aber auch gar nichts mit der Leistungsschau der (allermeisten) Produkte in München gemein. Wenn das nicht so wäre, dann hätten sich die dort kongregierenden anders besonnen. Und zwar auf das, was Mercedes sich mit Nicolas Hayeks „Smart“ und Audi mit dem „A2“ vor mehr als 25 Jahren oder der Lokalmatador BMW mit dem „I3“ erst vor knapp 10 Jahren ausgedacht haben.
Woran es lag, dass aus diesen, zu ihrer Zeit, so fortschrittlichen Ideen zum Thema Automobilität nichts geworden ist? Das müssen ihnen wohl Menschen „vom Fach“ erklären. Denn ich verstehe es nicht. In meiner erweiterten Familie gab es alle diese Fahrzeuge – und, ja, unser A2 (BJ 2004) rollt noch immer. Doch – natürlich – lässt sich einfach aus der Tatsache dass keiner der deutschen Weltmarktführer mit seiner Version der damals neu-gedachten Autos jemals Geld verdient hat schließen, dass den Shareholder:innen und letztlich auch der eigenen Führung nicht zu vermitteln war, für die Weiterentwicklung solcher Konzepte etwa auf einen Bonus oder eine Dividende zu verzichten… während Abwrackprämie (2009), Schummeldiesel, SUV und hochmotorisierte Luxusfahrzeuge die Bilanzen vergoldet haben.
Geschichte wiederholt sich als Farce… denn was in München zu sehen war, hat mit der Zukunft etwa soviel zu tun, wie der (inzwischen zum Glück eingestellte) Hummer H1 mit der Befriedigung individueller Mobilitätsbedürfnisse. Nämlich exakt: nichts!
Der gesamtgesellschaftliche Nutzen eines Luxussportwagens mit hunderten Benzin-PS oder eines mehrere Tonnen schweren Elektro-SUV mit jeweils einem individuellen Preiszettel für den wir ganze Reihenhäuser energetisch sanieren könnten ist immer negativ! Da nützen auch die Arbeitsplätze in der Industrie nur noch etwa soviel wie im Steinkohlebergbau, da kenne ich mich aus und auch da wäre es damals vermutlich schon viel billiger gewesen, jeden „Kumpel“ einfach direkt zu subventionieren, statt die Kohlen dafür erst aus der Erde zu holen.
Ich habe allerdings von den konservativen Bergleuten und meinen Eltern auch gelernt, dass Barzahlung immer besser ist, als Bankfinanzierung (Leasing gab es damals noch nicht). Und so hat es mein Vater bei seinen und ich bei meinen Autos immer gehalten. Ich fahre deshalb mein Leben lang gebrauchte Autos. Und immer, bis es nicht mehr ging und etwa der TÜV intervenierte. Mein erster Kadett hat damals DM 1200.- gekostet und mein letztes Auto, ein Mercedes C-Klasse Kombi mit einem schadstoffarmen 1600 Kubik-Benzin-Kompressormotor unter EUR 11.000. Und dieser Kombi war und ist das „teuerste“ Auto meines Lebens. Natürlich weiß ich, was Inflation ist und mein Gehalt ist in den letzten 40 Jahren auch signifikant angestiegen. Doch ein vergleichbares hybrides Fahrzeug aus dem gleichen Haus liegt heute ungefähr bei dem fünf-bis-sechsfachen. Und kann nichts, worauf es ankommt, etwa 5x besser. Und da beziehe ich bei meiner Jahresfahrleistung von unter 10.000 Km (Homeoffice!) meine aktuelle und die auf die gesamte Laufzeit meiner Karre gerechnete Schadstoffbilanz ausdrücklich mit ein!
Nebenan, etwa bei Tesla oder VW, gibt es für das gleiche Geld auch was subventioniert-vollelektrisches. Doch ist es das wert? Nein! Das ist es nie! Denn es würde für mich glatt mehrere Jahrzehnte dauern, bis ich ökonomisch etwa dort ankomme, wo ich heute mit meinem gebrauchten Benz schon bin… und ökologisch, na ja. Man(n) kann sich alles schönrechnen. Doch bin ich der festen Überzeugung, dass ein nicht gebautes Auto immer eine bessere Bilanz hat, als jeder Neuwagen. Und mein gebrauchter tut es wohl noch mindestens zehn Jahre, dann bin ich längst in Rente… und liegt dann irgendwo dazwischen. Das gilt selbst wenn ich etwa den derzeit günstigsten elektrischen Kleinwagen eines Herstellers aus dem traditionsreichen Autoland Rumänien zum Vergleich heranziehen würde. Der wird übrigens, ganz nebensächlich, tatsächlich in China gebaut.
Kein Auto wäre die Alternative
Machen wir uns nichts vor: Den Verkehrsinfarkt auf unseren Straßen lösen wir weder durch Turboaufladung noch Elektrifizierung. Ob das Fahrzeug vor mir im Stau elektrisch oder fossil angetrieben wird, ändert an dem Stau überhaupt rein gar nichts – ausser das die Cabriofahrer:innen, Passant:innen, Radfahrer:innen und Anwohner:innen bei Elektrofahrzeugen nicht mehr an den Abgasen ersticken. Das wäre gewiss ein Fortschritt. Allerdings keiner, für den es sich für mich lohnen würde, mich auf eine Straße zu kleben. Aber mein Respekt für die, die es dennoch tun!
Die Autoindustrie wäre mal an der Reihe und in der Verantwortung, den Verkehrsinfarkt intelligent aufzulösen. Und das ist ganz gewiss kein Deutschland-Ding. Aber weil das die verkauften Einheiten der Industrie in Konsequenz zwingend reduzieren würde, können wir mit Gewissheit vorhersagen, dass daraus kaum etwas werden wird. Im Autoland zuletzt.
Denn wir brauchen nicht mehr Autos. Wir brauchen eine echte Verkehrswende. Und das ist nicht damit getan, Fahrradstreifen auf vorhandene Fahrbahnen zu malen und derweil überteuerte Automobile (Dienstwagen!) zu subventionieren in die wir dann vielleicht sogar mal E-Fuels kippen, die wir zuvor mit teurem Strom erzeugt haben. Wir brauchen Nah-Fern und On-Demand-Verkehrslösungen, die zB. mir persönlich erlauben würden, zwei von drei Autos im Haushalt abzulösen*. Idealerweise sind diese Lösungen natürlich elektrisch und aufeinander abgestimmt. Und idealerweise in Ballungsräumen genau so wie auf dem Land verfügbar. Das braucht Milliarden. Und Visionen. Wer hätte denn davon mal was im Angebot? Auf der IAA, gab es wohl wieder nix, liebe Frau Müller. Aber, ich weiß schon… dafür ist ja auch wieder „die Politik“ verantwortlich.
Stimmt!
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Disclaimer*: Ich hasse es zu fliegen und halte den DB-Regionalexpress im Ruhrgebiet für eine Menschenrechtsverletzung auf Schienen. Im Allgemeinen gehe ich am liebsten zu Fuß. Doch ich mag Autos seit meiner Kindheit sehr. Das „beste“ Auto meines Lebens war ein Mazda MX-5. Den habe ich allerdings nach 240.000 Km verkauft. Heute fährt er in den kurzen Sommern in Südschweden noch immer regelmäßig. In meiner Garage steht auch noch ein, durch einen Sechszylinder-Sauger-Benzin-Motor angetriebenes, Sportcoupe der Marke mit dem Stern. Das Fahrzeug hat zur Jahrtausendwende völlig perverse DM 98.000 gekostet. In den 24 Jahren seiner Existenz hat es etwa 2.700 Km pro Jahr zurückgelegt. Ich habe es vor wenigen Jahren für ein Monatsgehalt gekauft. Damit werde ich eines Tages gemütlich in den Sonnenuntergang reiten. Denn nur dazu ist es wirklich zu gebrauchen.
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