WordPress & das Fediverse (I.)

Warum, in aller Welt, baut sich ein Mensch vier verschiedene Blogs, weil er/sie eine eigene Instanz für das Fediverse betreibt? Weil er/sie es kann! Und weil es „Sinn macht“. Warum das so ist, und wie ich das mit der 20 Jahre alten Software „WordPress“ und einem, immer noch ziemlich neuen Plug-In zusammengeschraubt habe, versuche ich – unter anderem – in diesem Blog zu beschreiben.
Screenshot aus dem WordPress-Plugin Verzeichnis

Was Blogs sind, muss ich ihnen vermutlich nicht erklären. Und wenn Sie in den letzten 20 Jahren in irgendeiner Weise im Internet aktiv waren, dann kennen Sie auch die unterschiedlichen Ausprägungen (a)sozialer Netzwerke. Vermutlich haben Sie dort auch mal das eine oder andere Konto gepflegt… und hoffentlich haben sie inzwischen gemerkt, wie nutzlos, gefährlich und manipulativ diese „Netzwerke“ im Besitz weniger Großkonzerne im Laufe der Jahrzehnte geworden sind.

Ebenfalls seit etwa 20 Jahren hat sich, zunächst in kleinen Nischen des Internets, eine Gegenbewegung zu den geschlossenen kapitalistischen Datensilos formiert, die inzwischen ein eigenes Ökosystem an Plattformen geschaffen hat, welches tatsächlich eine reale Chance hätte, das (soziale) Internet wieder aus den Fängen der Konzerne zu befreien und es wieder zu dem demokratischen Medium zu machen, das es zu seinem Beginn fast einmal gewesen ist.

WordPress (Blogs)

Ich selbst habe ca. 1998 damit begonnen, Webseiten mit einer Publishing-Software zu erstellen. Einfach nur, weil ich es konnte. (Und wenn ich das konnte, dann konnte es jede:r!) Wer alt genug ist, sich an Microsoft-Frontpage zu erinnern, weiß bestimmt auch noch, dass diese Software direkt aus der Hölle kam – und jede:n Webmaster:in auch direkt zurück in die selbige geschickt hat, deren Arbeit zwar ernsthaft um das Publizieren von Inhalt bemüht war, aber nur wenig um den resultierenden Code – also das, was ein Browser benötigt, um jeden Inhalt darzustellen.

Was für eine Revolution dann die quelloffene, auf der (Programmier-) Skriptsprache PHP basierende Software „WordPress“ für Menschen wie mich gewesen ist, lässt sich heute kaum noch ermessen. Und „WordPress“ hat das Internet in den 20 Jahren seiner Existenz so nachhaltig verändert, wie es sich kein anderes Konkurrenzprodukt hätte erträumen können. Wikipedia liefert die Angabe von 63 % globalem Marktanteil bei für Webseiten eingesetzter CMS-Software.

Ein Grund, unter anderen, wird sein, dass es sich bei WordPress um Open-Source-Software handelt, die grundsätzlich kostenlos zur Verfügung steht und auf – vergleichsweise wenig anspruchsvollen – Webservern betrieben werden kann, die Sie für sehr kleines Geld bei jedem Webhoster mieten – oder auch selbst betreiben können.

Der Beueler-Extradienst

Ich habe seit meiner Flucht aus der proprietären Microsoft-Hölle im Jahr 2006 inzwischen mehr WordPress Projekte betrieben, als ich heute noch zählen kann. (Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich mich an viele längst nicht mehr erinnere.) Das älteste, noch existierende Blog aus meiner Hand, ist der Beueler-Extradienst, für welchen ich mehr als 10 Jahre Webmaster/Admin und gelegentlicher Autor war. Inzwischen hat der Blog einen neuen und kompetenten Administrator gefunden und wird, solange der Herausgeber durchhält, sicher noch viele gute Jahre vor sich haben.

Doch wie kommt ein Blog an die Leser:in, wenn es nicht auf Suchmaschinenoptimierung und/oder (a)soziale Netzwerke setzt? Für den Extradienst waren die Schlüssel eine ganze Anzahl eigener E-Mail-Newsletter und…

Das Fediverse

Die Kolleg:innen der Digital Courage in Bielefeld haben sehr schön zusammengefasst, worum es sich dabei handelt:

Sie fühlen sich unwohl, wenn Sie Facebook, Instagram oder Twitter nutzen? Fakenews, Hatespeech, Werbung und die ständige Selbstinszenierung machen Ihnen schlechte Laune? Sie wissen nicht, was mit Ihren Daten passiert? Ihr Gefühl täuscht Sie nicht. Das alles sind gute Gründe, die Social-Media-Großmächte zu meiden. Doch deswegen brauchen Sie online nicht auf soziale Netzwerke zu verzichten. Es gibt gute Alternativen, mit denen Sie Privatsphäre und Selbstbestimmung behalten. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, welche Alternativen das sind, warum sie sozialer sind als die kommerziellen Anbieter und dass sie wirklich vernetzen: im Fediverse.

„Fediverse, das wirklich soziale Medium“
AG Digitale Selbstverteidigung / Digital Courage

Der Beueler-Extradienst existiert schon seit März 2018 als eigener Kanal im Fediverse. Und das, von Beginn an, auf der Mastodon Instanz Bonn.social der tollen Kollegen Johannes und Sascha, ihrerseits Inhaber und Geschäftsführer von Bonn.digital.

Mastodon-Autopost

Nun ist diese Präsenz aber tatsächlich eine Einbahnstraße, denn der WordPress-Blog postet über das Plugin „Mastodon-Autopost“ zwar Links zu allen Beiträgen automatisiert auf das Mastodon-Profil und damit an alle ihm folgenden Konten, doch agiert er nicht wirklich als individueller Teilnehmer im Netzwerk, sondern eigentlich wie ein klassischer RSS-Feed: Leser:innen können Beiträge favorisieren, weiterleiten und kommentieren, doch im Blog kommt davon nichts an. (Tatsächlich sieht der Herausgeber nichts von alledem.)

Für den Extradienst und seine überhaupt wenig social-network-affinen Autor:innen, hat diese simple Erweiterung der Funktionalität, über die Jahre und rein organischen Wachstums, dennoch eine kleine und überaus treue Leser:innen-Community erschlossen, die ein – zumal dezidiert linkes politisches – Meinungsblog aus der Provinz ansonsten wohl nie hätte erreichen können.

Das war für diesen kleinen Blogger in jedem Fall eine Erfahrung und ein erster Schritt, der so vielversprechend genug war, um am Thema dranzubleiben… und der, letzten Endes, dazu geführt hat, mit NexxtPress.de einen neuen Blog mit einem, für mich, ganz neuen Konzept auszuprobieren.


Im zweiten Teil dieser Serie geht es darum, einen WordPress-Blog durch das Plugin „ActivityPub“ von Matthias Pfefferle (@pfefferle) als voll funktionsfähige Instanz – mit multiplen Kanälen im Fediverse – zu konfigurieren.


3 Antworten

  1. Ja ja, die gute alte FrontPage Zeit 😅

    1. Ruhrwellenreiter

      Wir haben es überlebt! Also war es lehrreich… aber schlimm war es doch. 🤣

  2. Frontpagte war fies. Ich bin damals an ne Kopie von Dreamweaver gekommen und hab während des Studiums viel mehr Zeit als vernünftig gewesen wäre da rein gesteckt.

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