Im Grunde stimme ich mit den Forderungen, mit denen Philipp Türmer (Jusos) sich offensichtlich konfrontiert sieht, vollkommen überein. Denn „Wenn=Dann“ Szenarien für die möglichen Ergebnisse der Bundestagswahl gibt es nicht so viele, als dass eine Partei sich nicht heute konkret positionieren könnte. Die einen Wähler:innen werden das begrüßen, die anderen ablehnen. Lesen wir darum doch mal wieder das Grundgesetz!
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Am Ende geht es darum, der CDU nach der Bundestagswahl einen Weg zu weisen, wie sie ihrem Instinkt als ‚Machtpartei‘ folgen kann, so sie dafür ihren Kanzlerkandidaten preisgibt – oder dass sie entweder eine Koalition mit der #fD, eine Minderheitsregierung führen oder Neuwahlen mit unbekanntem Ausgang in Kauf nehmen müsste. Ein Szenario ohne eine:n Kanzler:in aus der CDU halte ich persönlich leider für nahezu ausgeschlossen.
„Ich bekomme jeden Tag Dutzende Nachrichten von Jusos und aus anderen Teilen der Partei, die mir sagen, dass eine Koalition mit der Union unter Merz ausgeschlossen sein muss.“
Wer für die CDU dann mit dieser „Macht“ hantieren wird, ist eine andere Frage. Und auch, ob ‚ausgerechnet‘ die SPD Basis sich mehrheitlich gegen Merz auf die Barrikaden stellen würde… Und die (alten)Grünen, nicht zu vergessen, die Jugend hat es dort schon kapiert!
„Solange Merz an der Spitze der Union steht, dürfen die Grünen keine Koalition mit CDU und CSU eingehen. (…) Konservative, die Steigbügelhalter für Nazis sind, können keine Koalitionspartner werden.“
Jakob Blasel, Co-Chef der Grünen Jugend, Spiegel, 29.01.2025
Natürlich werden die Bedenkenträger:innen sich melden. Einen Präzedenzfall gibt es ja in Deutschland noch nicht. Doch bevor wir ihr Lamento über den Untergang der Demokratie zur Kenntnis nehmen, ist ein Blick in das Grundgesetz immer eine gute Idee:
(1) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt.
(2) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen.
(3) Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgange mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.
(4) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muß der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.
So wird also ein:e Kanzler:in vom Bundestag gewählt und gar nicht von den Wähler:innen. Dann haben wir auch das verdammte Recht uns zu fragen, wen die Parteien, die wir wählen sollen, eigentlich als Kanzler:in – auch für eine eventuelle Minderheitsregierung braucht es dafür eine Mehrheit – wählen wollen…, gesetzt den gar nicht unwahrscheinlichen Fall, dass es nicht der/die eigene Kandidat:in sein wird.
Lesen Sie den letzten Absatz gerne noch einmal, so kompliziert ist das ganze nämlich gar nicht! Und dann fragen wir uns, warum die vielen Väter und wenigen Mütter des Grundgesetzes das damals wohl so eingerichtet haben…
„The Kids are alright!“ (Pete Townshend, 1965)
Lesen Sie auch:
„Der CDU-Backlash fing ja nicht erst gestern an“, Ruhrwellenreiter, 20.01.2025
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