Es ist Sonntag. Ich habe einfach mal keine Lust darauf, hier einen Film zu besprechen. Für eine TV-Serie ist das Wetter einfach zu schön. (Ja, ich weiß, ökologisch und hydrologisch bekommen wir echte Probleme, wenn das noch länger so bleibt.) Da weise ich Sie freundlich auf mein zweit- oder drittliebstes Fernsehen hin. Das, wo ich nicht immer hinsehen muss, um etwas davon mitzunehmen. Die öffentlich-rechtliche Pop&Rock Musikbox ARTE!

Ich könnte wohl einen ganzen Monat oder länger damit verbringen, mich durch all diese Konzerte durchzusehen. Im Grunde ist es eine fein kuratierte Auswahl für die einsame Insel – vorausgesetzt es gibt WLAN oder 5G dort. (An dieser Stelle fügen Sie bitte die gutgemeinten Ratschläge ein, wie Sie das vorher einfach downloaden können.) Darüber wollte ich jedenfalls lange schon geschrieben haben.
Die ARTE Auswahl ist beständig so gut, und vor allem auch so vielfältig, dass es sich eigentlich lohnen würde, dafür einen eigenen Blog anzulegen, um das Angebot fortlaufend zu begleiten. So viel Musik und so wenig Zeit… Gibt es sowas vielleicht schon? Schreiben Sie mir, wenn Sie etwas wissen!
Bei den Aufzeichnungen handelt es sich um meistens kommerziell produzierte Mitschnitte, die wir auch kaufen können (sollen), deshalb sind sie in der Länge meistens deutlich kürzer als das, was es davon auf DVD oder BluRay gibt. Darin unterscheidet sich auch ARTE leider nicht von @3sat, das sich mit „Pop-Around-the-Clock“ ja regelmäßig den Status eines Feiertagskultsenders verschafft. Irgendwie schade ist es doch.
Doch was nützt das Lamentieren über die Vergangenheit, in welcher etwa der WDR-Rockpalast noch als Eurovisonssendung ganze Nächte aus der Grugahalle übertragen durfte? Heute gibt es auch dort nur noch Konserven von meistens kommerziell veranstalteten Konzerten und Festivals. Da bin ja schon ich froh und glücklich, den Künstler:innen überhaupt bei der Ausübung ihres Berufes zuschauen und zuhören zu können.
Wenn Sie nicht wissen, wo Sie zuerst hinschauen sollen, hier eine zufällige Auswahl nur der ersten Seite in der Rubrik…:
Leonard Cohen – Live in London (2008)
Ein unglaublich intensives Konzerterlebnis des damals 74 Jahre alten Kanadiers, mit einer hochkompetenten Band in der O2-Arena in London. Zu beklagen ist nur, dass es nicht die Royal-Albert-Hall gewesen ist, in der sie spielen durften. Wenn Sie am Ende der Show zu „Whither Thou Goest“ nicht vor Rührung weinen müssen oder wenigstens eine Gänsehaut bekommen, dann suchen Sie bitte zeitnah eine:n Ärzt:in ihres Vertrauens auf.
Bruce Springsteen and the E Street Band – Darkness on the Edge of Town (2009)
Bruce. Der Boss. Für mich der Künstler, der mich in meinem Leben so reich beschenkt hat, wie kein anderer. Eine lange Geschichte. Vielleicht schreibe ich sie mal auf. Dieses „Konzert“ ist anders, als die anderen, weil es ohne Publikum stattgefunden hat. Das Paramount Theatre, ein Kino in Asbury Park, NJ war nicht aus Zufall der Ort dafür. Es ist, seit Jahrzehnten, immer wieder der Proberaum für die Band, bevor sie auf Tour gingen. Und weil die Tour dem 30-jährigen Jubiläum des gleichnamigen Albums von 1978 gewidmet war, haben Springsteen und die Band es in der originalen Reihenfolge der Songs für eine offizielle Wiederveröffentlichung als DVD neu und live aufgenommen. Ob „Darkness“ jetzt das wohl beste Album Springsteens war, oder nicht, darüber sollen Leute streiten, die sich was daraus machen. In die Top 3 gehört es in jedem Fall. Dieses Konzert ist außerdem eine der letzten Aufnahmen mit dem großen Clarence Clemons. Alleine dafür, ist es Pflicht!
Neville Brothers – „Tell it like it is“ (1989)
Auch dieses Konzert habe ich längst als DVD. Tatsächlich entspricht diese exakt dem Mitschnitt in der ARTE Mediathek. Da kann der Sender (oder der Lizenzgeber) also gar nichts dafür, dass die Aufzeichnung weit weniger als die Hälfte der Show beinhaltet, die eigentlich ein Familienfest in Form einer Jam-Session mit Freunden gewesen ist. Mehr musikalisches Genie auf einer so kleinen Bühne werden Sie kaum finden. Und wenn Sie mehr wollen, dann kaufen Sie das Albun „Yellow Moon“ (1989). Für mich, eines der überhaupt besten der 80er Jahre.
The Stranglers – Ground Control, Paris (2021)
Dass es The Stranglers noch gibt, auch wenn nur noch ein Gründungsmitglied im Lineup dabei ist, lässt mich meiner Rente gelassen entgegensehen. Alte Männer machen laute Musik. So soll, so muss das sein! Ich habe die Kapelle nur ein einziges Mal live gesehen, da habe ich mir zu „Relentless“ ein Schleudertrauma getanzt. Habe das Ticket nicht mehr… war das ’86 oder ’89? Egal, Zeche Bochum, jawoll! Wir haben die 80er überlebt, dann schaffen wir den Rest auch noch!
Nick Cave and The Bad Seeds – Accor Arena, Paris (2024)
Auf dieses Konzert habe ich Sie vor ein paar Tagen bereits aufmerksam zu machen versucht. Das kann ich aber auch überhaupt nicht oft genug wiederholen. In voller Länge übrigens! Ein Hochamt für jeden Wochentag!
ARTE Piano Day (2025)
In diese Kollektion von zeitgenössischer Klaviermusik wollen Sie sich hineinlegen. Ob Sie dabei auf Wolken liegen, mit dem Wind segeln oder schwerelos im Raum schweben, überlasse ich ganz ihrer Präferenz. Von der Existenz Büşra Kayıkçıs hatte ich vorher mal gleich gar keine Ahnung. Was für ein Geschenk an die Menschheit diese Pianistin aus der Türkei ist, das müssen Sie sehen. Besser noch: erleben!
Und so geht es weiter. Immer weiter… wenn Sie einmal drin sind, dann wollen Sie gar nicht mehr raus, aus dieser musikalischen Schatzkiste.
Beginnen sollten Sie aber unbedingt hier: Mit dem besten ELVIS aller Zeiten! Denn diese Show verschwindet am 30. Mai schon wieder in den Archiven. Wenn Sie dieses legendäre Comeback noch nicht kennen, seien Sie davor gewarnt: Es kann Ihr Leben verändern! Und das ihrer Kinder und Kindeskinder.
Haben Sie bitte den bestmöglichen Sonntag!
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 11.05.2025.
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