„Stagnation im digitalen Abomarkt?“ schreibt die Unternehmensberatung gleich in die Überschrift der Pressemitteilung zu ihrer Studie des deutschen Marktes für TV-Streaminganbieter. Der Markt scheint also gesättigt. Die Leute haben genug. Was wir sehen, ist ein Verteilungs- und Überlebenskampf. Warum wir deshalb um die ÖRR-Anstalten kämpfen werden müssen…

Im Mittelpunkt stehen sechs Kategorien: Video-on-Demand (SVOD), Musik, Gaming, Online-Presse, Pay-TV sowie Social-Media-Abonnements. Die Ergebnisse zeigen: Der deutsche Markt ist im europäischen Vergleich deutlich aktiver – mit hoher Nutzung und Zufriedenheit, jedoch sehr begrenztem Wachstumspotenzial.
Quelle: BearingPoint – Submix Studie 2025: Digitale Abonnements im Wandel
Thomas Heiß, Partner bei BearingPoint und Telco-Experte, kommentiert: „Der Markt für digitale Abonnements ist reif, aber zunehmend gesättigt. Die zentrale Herausforderung für Anbieter liegt nicht im Wachstum durch neue Kundinnen und Kunden, sondern in der langfristigen Bindung der bestehenden. (…)“
Ich bin selbst kein Kunde eines der konkurrierenden Streaminganbieter (mehr). Die einzigen Erfahrungen meinerseits basieren also nur auf der Vergangenheit und eines Amazon-prime Abos, das #AusGründen nicht mehr existiert, die Sie sich gerne aussuchen dürfen. Das hat allerdings auch jede Menge damit zu tun, was Sie in diesem Blog sonst so lesen können.
Denn auch mein Tag hat nur 24 Stunden. Und ganz ehrlich, wenn Sie sich in meiner Regelmäßigkeit in den ÖRR-Mediatheken umsehen, dann merken Sie schnell, dass Sie diese Stunden tatsächlich allein mit dem dort verfügbaren Material mehrfach füllen können.
Natürlich gibt es Unterschiede. Nicht alles, was die Privaten im Angebot haben, finden wir auch öffentlich-rechtlich. Für mich ist das allerdings eher ein Qualitätsmerkmal, diesen kulturellen Snobismus kann ich mir leisten – er betrifft auch die kommerziellen Plattformen kaum. Denn ich bin schließlich aus der relevanten Zielgruppe längst herausgealtert.
Natürlich ist mir ist das Geld, was ich nicht habe, auch viel zu kostbar für anderen Genuss, als es etwa in ein Streamingabo zu werfen, das ich kaum nutze. Dafür leiste ich mir gleich mehrere Presse-Abos, on- und offline. Das Budget, plus/inklusive Glasfaser, Mobilfunk und ÖRR-Haushaltsabgabe ist damit verplant. Ich glaube, das geht vielen so. Und die BearingPoint-Studie scheint diesen Glauben zu bestätigen.
Für den Markt heißt „sehr begrenztes Wachstumspotential“ also: „Sättigung“. Denn er scheint nicht mehr zu wachsen und stagniert auf vergleichbarem Niveau auch in anderen Ländern (in der Studie ist es Frankreich). Im gegenwärtigen Markt sind laut der Studie nur noch zwischen 3% und 7% noch nicht erschlossen.
Der Verteilungskampf um Anteile in diesem Markt wird also zu einer knallharten Überlebensfrage der existierenden Anbieter. Und die Vorhersage, dass der eine oder die andere Plattform, die wir heute noch kennen, demnächst verschwinden, oder in einer anderen aufgehen wird, ist keine Wahrsagerei, sondern ökonomische Konsequenz.
Das sehen wir schon seit Jahrzehnten in der deutschen Presselandschaft, durch das Internet läuft dieser Prozess nun aber in einem Zeitraffer, von dem ich annehme, dass er durchaus noch an Geschwindigkeit zunehmen wird. Und ganz genau wie die Konzentrierung des Holzpresse- und Digital-Nachrichtenmarktes zu einem erhöhten Druck auf die nicht-kommerzielle (öffentlich-rechtliche) Konkurrenz geführt hat, wird er auch von den linearen und digitalen Bewegtbildveranstaltern weiter drastisch zunehmen.
Die Lobbys der „privaten“ sind mächtig. Amerikanische Anbieter haben einen direkten Draht ins Weiße Haus (mal mehr, mal weniger) und das amerikanische Wirtschaftsministerium. Das ist allerdings bei den deutschen Medienveranstalter:innen ganz und gar nicht anders. Sowohl die größeren Marktteilnehmer:innen, als auch ihre Lobbyorganisationen, z.B. VAUNET und VDZ (nur beispielhaft) haben Direktleitungen in das Kanzler:innenamt wie in die Staatskanzleien der Länder.
Sie wollen nur eins: Unser Geld!
Denn immer, wenn Medienpolitker:innen mit Intendant:innen um Fragen in Rundfunk- und Medien-Staatsverträgen die Zukunft verhandeln, immer wenn um 85 €-Cent Gebühren gefeilscht werden, dann sitzen diese Interessen mit am Tisch (oder eben in der Lobby).
Und wenn wir diese (uns gehörenden) ÖRR-Anstalten – mögen sie auch oft ganz furchtbare (Programm-)Entscheidungen treffen – nicht schützen, dann werden die kommerziellen, ganz gleich, ob national oder international, ob Print, linear oder digital, ganz gleich, ob Journalismus oder Unterhaltung, sich nicht nur mit 85 Cent zufriedengeben. Denn diese brauchen ein viel größeres Stück vom inzwischen anscheinend ausgereizten Budget ihrer existierenden Kund:innen.
Deshalb ist die BearingPoint Branchen-Studie gerade aktuell eine spannende Momentaufnahme. Lesen, nachdenken und sich dann ihren Reim darauf machen, sollten wir aber selbst. Das nimmt uns diese Studie aus der Privatwirtschaft auch nicht ab.
Für ihre Herausgeber:innen ist sie nichts anderes als sehr gelungene Eigenwerbung.
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