Franziska Hartmann – „Monster in Kopf“ (2023)

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Hartmann und Ebelt, das war schon einmal mal eine gute Kombination. Vier Jahre später haben beide sich wieder für einen Film zusammengetan. Und wieder steht eine Frau im Mittelpunkt einer Geschichte, die wir nicht oft im Fernsehen zu sehen bekommen.

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Filmtrailer 2023 / Kinofilme / YouTube

Die Hartmann ist eine der besten, die wir haben. Bei ihr versuche ich alles zu sehen. Da genügt der Name, und ich weiß, dass ich eine Frauenfigur bekomme, die ganz für sich alleine steht. Als Serien-Kommissarin, als traumatisierte Soldatin oder als Kindergärtnerin, nehme ich ihr jede Rolle einfach ab. Dafür, dass diese Frauenrollen kaum in Klischees passen, dass ihre Charaktere fast immer ambivalent sind und nicht zwingend gemocht werden wollen, bewundere ich sie. Das spielt sich nicht mal eben nebenbei.

„Ich habe schon öfter gehört, dass die Leute Angst vor mir haben, wenn sie mich in einem Film gesehen haben.“

Franziska Hartmann – Die Zeit, 12.11.2023

In „Monster im Kopf“ spiel sie eine Frau mit einem erheblichen Aggressionsproblem. Und das ist wahrscheinlich untertrieben ausgedrückt. Ich kann das fühlen, ich steck’ da völlig drin, wenn sie sich danach fühlt, ihre Wut herauszuschreien und es lange einfach unterdrückt, bis dass sie dann doch explodiert. So etwas kenne ich schon mein ganzes Leben. Doch in vergleichbare Schwierigkeiten bin ich zum Glück nie geraten.

Die Geschichte macht es uns nicht einfach. In mehreren Zeitebenen erzählt, zwingt sie uns dazu, unser Urteil über Sandra (Hartmann) aufzuschieben. Ein vollständiges Bild von dieser Frau, soweit denn überhaupt möglich, ergibt sich eigentlich wirklich erst am Ende des Films. Das werden aber wenige Zuschauerinnen noch erlebt haben.

Inhaltswarnung: Gewalt wird in diesem Film nicht glorifiziert. Sie wird in einer strengen Nüchternheit dargestellt, ist aber für Sie möglicherweise schockierend. Dem müssen Sie sich aussetzen wollen, das müssen Sie aushalten können. Und wenn Sie daran Zweifel haben, dann sehen Sie sich den Film bitte nicht an!

Denn der Film ist sperrig. Er unterhält nicht. Er bettelt ganz und gar nicht um unsere Sympathie. Die Bilder sind nüchtern. Selbst die Szenen, in denen es etwas nach Action aussehen könnte, die etwa auf einer Autorennstrecke spielen, lassen uns nur die Rolle der Zusehenden. Er will uns nicht durch künstliche Spannung und schnelle Schnitte festhalten. Das einzige, was er will, ist, dass wir uns für die Sandra wirklich interessieren.

Stress, eine pflegebedürftige (Über)Mutter, mit komplizierter Schwangerschaft im Knast, das alles bei einer kurzen Zündschnur. Eigentlich würde kein Mensch dieser Frau in die Quere kommen wollen. Und doch verstehe ich sie gut, manchmal beneide ich sie sogar, um ihre Stärke, Dinge einfach auszusprechen und Arschlöcher auch einfach so zu nennen. Ein Vorbild für (junge) Frauen oder Männer will das aber ganz und gar nicht sein.

Denn diese Person zerstört damit zuallererst sich selbst. Daran gibt es nicht die Spur eines Zweifels. Wir wollen diesen Zweifel. Aber die Geschichte will es nicht.

Psychische Deformationen sind oft erlernt, oder vererbt, nicht genetisch, sondern über das Erleben, über die Umgebung, zuerst: die Familie. Hier: die Mutter. Wenn wir das wissen, können wir es erkennen. Nicht immer sind wir aber in der Lage, diese Erkenntnis auch umzusetzen, bestenfalls, um unser Handeln zu kontrollieren.

Das ist richtig harter Stoff. Keine Frage. Doch wie Franziska Hartmann das bewältigt, wie Christina Ebelt, Regisseurin und Autorin dieses Films, das aufschlüsselt und zeigt, das hinterlässt eine tiefe und bleibende Erinnerung an den Film. Für ihre Darstellung erhielt Franziska Hartmann 2024 den Deutschen Schauspielpreis.

Sandra wird ihr eigenes Opfer. Keine Erlösung.

Am Ende, Hoffnung.

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 28.01.2025.
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Sobald in einer entsprechenden Situation unmittelbare Selbst- oder Fremdgefährdung (insbesondere Suizidgefährdung) besteht, sollte man nicht zögern, sofort einen psychiatrischen Notdienst, den Rettungsdienst (112) oder die Polizei zu verständigen.

Sollten Sie sich aktuell in einer psychischen Krise befinden, können Sie:

  • zu Ihrem Arzt gehen oder ihn anrufen,
  • Kontakt mit einer Klinik mit psychiatrischer Abteilung aufnehmen,
  • Kontakt mit dem ärztlichen (psychiatrischen) Bereitschaftsdienst
    (bundesweite Tel.: 116 117) aufnehmen,
  • oder sich an ein Hilfs- bzw. Beratungsangebot für akute Krisensituationen wenden (siehe nachfolgend stehende Adressen):
    • Telefonseelsorge
      anonyme, kostenlose Beratung zu jeder Tages- und Nachtzeit unter den bundesweiten Telefonnummern 0800-111 0 111 oder 0800-111 0 222
      bzw. www.telefonseelsorge.de
    • Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“
      kostenlose Beratung von Mo bis Fr 15.00 bis 19.00 Uhr unter der bundesweiten Telefonnummer: 0800-111 0 333
      bzw. www.nummergegenkummer.de
    • in jeder deutschen Stadt gibt es Psychologische Beratungsstellen, Beratungsstellen für Ehe-, Familien- und Lebensfragen, Psychosoziale Beratungsstellen, Sozialpsychiatrische Dienste. Diese Einrichtungen stehen jedoch nicht rund um die Uhr zur Verfügung und es müssen ggf. Beratungstermine vereinbart werden – sie sind bei akuten Krisen nur bedingt hilfreich.

Quelle: https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/krise-notfall/akute-psychische-krise



Drama, Deutschland, 2023, FSK: ?, Regie & Drehbuch: Christina Ebelt, Produktion: Harry Flöter, Jörg Siepmann, Regina Jorissen, Musik: Jannik Giger, Tobias Koch, Kamera: Bernhard Keller, Schnitt: Florian Riegel, Mit: Franziska Hartmann, Slavko Popadić, Martina Eitner-Acheampong, Christian Erdmann, Michael Kamp, Antje Lewald


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  1. @mediathekperlen Krasser Film! Sowas habe ich bisher nur von Ken Loach gesehen.

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    1. Mediathekperlen

      Danke für den Kommentar, Christian. Ich glaube, der Vergleich ist wirklich angemessen. Loach wäre wahrscheinlich noch härter daran gegangen, schmutziger… aber, ja!

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