Ich weiß ja nicht, wie Sie es so mit dem Fußball halten. In den letzten Wochen jedenfalls, ist es mir nicht schwergefallen, den Sport fast komplett zu ignorieren. Als Fan von Borussia Mönchengladbach tangiert mich der Donald-Trump-Gedächtnis-Cup in den USA derzeit nicht mal peripher. Die Junioren-WM der Männer habe ich wegen Rocco Reitz immerhin in Ausschnitten gesehen. Es scheint gerade so, als müssten es die Frauen wieder richten.

Es gab eine Zeit, in der Frauen in Deutschland nicht Fußball spielen durften. Männer glaubten, sie könnten Frauen von den Plätzen fernhalten und der Deutsche Fußball-Bund verbot ihnen, unter seinem Dach zu spielen, denn „Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand“ (DFB 1955).
Link: Ab 30.06.2024 – vorab in der ARD-Mediathek
Der Dokumentarfilm „Mädchen können kein Fußball spielen“ von Torsten Körner erzählt von den Pionierinnen des Frauenfußballs, die allen Widerständen trotzten und sich 1982 zum ersten offiziell anerkannten Länderspiel gegen die Schweiz spielten. Am 4. Juli um 23.15 Uhr ist er im Anschluss an das Auftaktspiel des deutschen Teams gegen Polen bei der Frauen-Europameisterschaft 2025 im Ersten zu sehen.
Link: Das Presseheft zum Film (PDF)
Ein Blick auf vergessene Geschichte und unbeirrbaren Mut
– ARD Pressemitteilung, 24.06.2025
Es klingt unglaublich, aber bis in den Herbst 1970 verbot der DFB Frauen auf seinen Plätzen das Fußballspielen. In der DDR gab es kein Verbot, doch auch hier sahen sich Fußballerinnen mit Vernachlässigung konfrontiert. Hier wie dort galt Frauenfußball nicht als gleichwertig und ebenbürtig. Der Dokumentarfilm gibt den Pionierinnen des Frauenfußballs erstmals eine eigene Bühne. Unbeeindruckt von den männlichen Strategien, mit Ehrgeiz und Humor fanden sie Wege, den Männerbünden des DFB die Stirn zu bieten, gründeten Mannschaften und spielten trotzdem. Und das erfolgreich. Auch in der DDR bewiesen Frauen mit Ausdauer, Hingabe und Liebe für ihren Sport, dass „Mädchen“ sehr wohl Fußball spielen können.
Regisseur Torsten Körner: „Die Leidenschaft, mit der die Protagonistinnen unseres Films vor der Kamera erzählten und in der Erinnerung mit den Chauvinisten rangen, zeigt deutlich, dass da Wunden geschlagen wurden, die immer noch brennen. An diese Kämpfe zu erinnern war mir wichtig, denn Zukunft braucht Herkunft. Wir erzählen von den spannungsvollen Herkünften des Frauenfußballs in Ost und West und wollen damit einen Beitrag leisten zur Dokumentation der Geschichte der Fußball-Pionierinnen.“
Die Erzählungen der Zeitzeuginnen Birgit Dahlke, Anne Trabant-Haarbach, Marion Isbert, Christa Kleinhans, Petra Landers, Doreen Meier, Hannelore Ratzeburg, Sabine Seidel, Heidi Vater und Bärbel Wohlleben sind mit vielsagenden Fundstücken aus dem Archiv verwoben. Die Montage des Films schafft einen lebendigen Dialog und macht dabei die zähe Entwicklung von Gleichberechtigung deutlich – nicht nur auf dem Platz.
Der jahrzehntelange und skurrile Kampf für ihren Sport war auch ein Kampf um die Anerkennung und Rechte der Frau. Diese kulturelle und gesellschaftliche Zeitreise mit den Pionierinnen des Frauenfußballs in Ost und West zeugt von bewundernswertem weiblichen Empowerment. Sie zeigt, wie stark patriarchales Verhalten das Leben von Frauen beeinflusst und ist auch heute noch von entlarvender Aktualität. Ohne den unbeirrbaren Mut der Pionierinnen von damals gäbe es den erfolgreichen Deutschen Frauenfußball nicht. Die Frauen, die damals trotz aller Hindernisse nie aufgehört haben, Fußball zu lieben, sind zu Vorbildern der Spielerinnen von heute geworden.
Torsten Körner ist u.a. für seine erfolgreichen Dokumentarfilme „Schwarze Adler“ (2021) über Schwarze Spieler:innen im deutschen Fußball und „Die Unbeugsamen“(2021) über Politikerinnen der Bonner Republik bekannt. „Mädchen können kein Fußball spielen“ ist eine Produktion von DOCDAYS Productions im Auftrag von rbb/MDR (gemeinsam federführend), hr, NDR und WDR.
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