M*A*S*H (1972-1983)

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Vor 51 Jahren begann eine TV-Serie, die nicht nur weltweit die Bildschirme eroberte, sondern auch eine Sicht auf Krieg und Gesellschaft geformt hat. In diesem Rückblick tauche ich ein in die Welt von „M*A*S*H“ und frage mich, warum sie auch nach einem halben Jahrhundert noch täglich ausgestrahlt wird und ich immer noch einschalte. (In Deutschland zur Zeit bei RTLnitro)

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Auf dem Schlachtfeld der Zeit

Vor einem halben Jahrhundert war „M*A*S*H“ eine Revolution. Zwar war der Koreakrieg hier die Kulisse, doch die Ära war geprägt vom langen Schatten Vietnams. Die Parallelen zwischen „M*A*S*H“ und dem, bis 1975, noch immer nicht beendeten Krieg waren nicht zu leugnen. Das galt für den Film von Robert Altman (nach einem Roman MASH von H. Richard Hornberger), der Vorbild für die Serie war, wie für ihre TV-Adaption.

Und so wurde aus der kleinen Sit-Com über ein Army-Feldlazarett in Korea, ein Sprachrohr für eine Anti-Kriegs-Generation, wie es noch keine andere TV-Produktion zuvor vermocht hat. Die Serie sollte 12 Jahre lang, über 256 Episoden, bis 1983 laufen und wird bis heute weltweit, auch bei uns, in Endlosschleifen wiederholt. (Wenn sie RTLnitro auf ihrer Fernbedienung finden können.) Nun haben wir heute theoretisch unlimitiert viel Kanäle über die wir „TV“ konsumieren – Lineares TV und Streaming in allen seine Formen – und „M*A*S*H“ ist immer noch da – überall.

Dieses Relikt aus der Ära des Antennenfernsehens (zu ihrer Zeit gab es auch in den USA nur 3 Fernsehkanäle Kanäle: ABC, CBS, und NBC), ist ohne Frage gealtert. In vielerlei Hinsicht passt sie dennoch gut in die Zeit – weil ihre Botschaft zeitlos und universell ist.

Hawkeye

Die zentrale Figur, ja, die Essenz von „M*A*S*H“, ist Captain Benjamin Franklin „Hawkeye“ Pierce, gespielt von Alan Alda. Zu Beginn der Serie war sein „Hawkeye“ noch ein humorvoller Spaßmacher, der durch seine lockere, antiautoritäre und promiskuitive Haltung und jeder Menge pointierter Sprüche – auch oft und gerne auf Kosten der Frauen, denen er nachgestellt hat – auffiel. Doch im Laufe der Zeit entwickelte sich dieser Typ zu mehr als nur einem Vehikel für komödiantische Einlagen. Er wurde der Fokuspunkt im Chaos und ein moralischer Leitfaden der Serie.

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Alan Alda, hat in der Serie nicht nur den „Hawkeye“ verkörpert, sondern war auch als Drehbuchautor und Regisseur tätig, so trug er maßgeblich zu ihrer Entwicklung bei. Sein „Hawkeye“ veränderte nicht nur seine Einstellung zu Frauen, sondern wurde zu einer Stimme sozialer Kritik, er nutzte die Plattform der wöchentlichen Serie, um seine persönlichen Themen wie Krieg, psychische Gesundheit und tiefe moralische wie ethische Dilemmas zu beleuchten. In einer Fernsehserie, die vom Sender einst noch mit einem „Laugh-Track“ unterlegt wurde…

The Times They Are a-Changin

Das Ausscheiden von Major Frank Burns (gespielt von Larry Linville) und das Erscheinen von Charles Emerson Winchester III (gespielt von David Ogden Stiers) markierte einen Wendepunkt. Während der nicht sonderlich talentierte Chirurg Burns für chaotische Komik und alle Symptome männlicher Neurosen stand, die sie sich nur irgendwie vorstellen können, repräsentierte der hochqualifizierte Winchester einen hochintelligenten, aber oft isolierten, geradezu einsamen Charakter. Das brachte nicht nur einen Wechsel im Ton, sondern auch in der Dynamik der Serie mit sich. Winchester war zwar ebenso exzentrisch wie sein Vorgänger, aber seine Tiefe und seine nachdenklichen und reflektierenden Momente zeichneten ihn als großen Humanisten.

Ein weiterer, wenn auch sehr später Schritt in Richtung Vielfalt war auch das Coming-out von Ogden Stiers als schwuler Mann im Jahr 2009. Obwohl zu dieser Zeit das öffentliche Bekenntnis zur eigenen sexuellen Orientierung bei weitem nicht mehr so selten war, wie 30 Jahre zuvor, trug Stiers nicht nur dazu bei, die Sichtbarkeit von LGBTQ+-Personen zu erhöhen, sondern auch die Komplexität und das Verständnis seiner zurückliegenden Rolle in „M*A*S*H“ noch einmal um eine sehr persönliche Facette zu erweitern…

Hot Lips, Nurse Kellye: Women Are The Revolution

„M*A*S*H“ war eine Revolution in einer Ära, in der Frauen im Fernsehen noch auf stereotype Rollen und Hintergrunddekoration ihrer männlichen Helden beschränkt waren. „Hot Lips Houlihan“, gespielt von Loretta Swit, anfangs eine strenge Militärkrankenschwester mit ebensolcher Karriere, entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer sehr komplexen Frauenfigur mit einem eigenen, tiefen Charakter.

Auch eine meiner Lieblingsfiguren, viel „kleiner“ angelegt als Houlihan, gewann eine eigene Geschichte: „Nurse Kellye“, gespielt von Kellye Nakahara. Als insbesondere asiatische Darstellerinnen noch selten und um so mehr auf rassistische Stereotypen beschränkt waren, war Nurse Kellye ein Gegenentwurf. Sie war eine respektierte Krankenschwester, die in der Organisation des Feldlazaretts eine elementare Rolle spielte. Ihre Präsenz half, die Vielfalt und den Beitrag von Frauen verschiedener Ethnien in den Fokus zu rücken, gerade die Wahrnehmung von asiatischen Frauen in den Medien zu verändern und ihre – bis heute – bedeutende Rolle im Gesundheitswesen zu repräsentieren. Den Mangel an Repräsentation von POC in der Serie konnte sie allerdings alleine auch nicht aufwiegen.

Sgt. Klinger: Breaking the Mold

Und dann, natürlich: „Corporal Max Klinger“, gespielt von Jamie Farr. Er durchlief wohl die progressivste und weitreichendste Charakterentwicklung in „M*A*S*H“. Klinger, der verzweifelt versucht, als verrückt eingestuft zu werden, um so aus dem Militärdienst entlassen zu werden, brach mit allen traditionellen Geschlechtsnormen. Das Tragen von Frauenkleidung und seine Bemühungen, so als untauglich für den Dienst angesehen zu werden, machten ihn zu einer frühen queeren Identifikationsfigur, die gegen alle stereotypen Vorstellungen von Männlichkeit kämpfte. Und das zu einer Zeit, da konnten wir LGBTQ noch nicht einmal buchstabieren.

Klinger wurde zu einer Ikone des Widerstands. Sein unkonventionelles Verhalten repräsentierte nicht nur seinen individuellen Versuch, dem System zu entkommen, sondern vermittelte auch eine kraftvolle Botschaft für Akzeptanz und Vielfalt unter den Menschen. In der Zeit, in der gesellschaftliche Normen noch streng definiert waren, durchbrach er die Mauern und manifestierte, dass Menschen in jedem Umfeld, selbst beim Militär, ein Recht auf Individualität und Authentizität besitzen.

Die Botschaft von Humor und Menschlichkeit

Die Relevanz von „M*A*S*H“ endete aber nicht mit den 70ern. Denn die Serie konnte, trotz ihrer Herkunft von den Hinterhöfen Hollywoods, kulturelle Grenzen überwinden und ein riesiges internationales Publikum erreichen. Sie hat es gewagt, etablierte Normen und Hierarchien herauszufordern. Ihre Kritiker, darunter auch Vertreter der US-Regierung, sahen sehr wohl ihre satirische und subversive Kritik an militärischen Strukturen und ihre Antikriegsbotschaft… Damit hat sie einen offenen Nerv getroffen. M*A*S*H wollte nicht gefallen; es wollte bewegen, erschüttern und unterhalten. Und das Studio wollte selbstverständlich Werbespots verkaufen, denn die Serie erwirtschaftete allein bis zu 25% des Jahresumsatzes ihres Senders CBS.

Schlussgedanken:

„M*A*S*H“ ist nicht nur ein Zeitdokument aus den 70ern. Nach 50 Jahren ist die Serie uns immer noch eine tägliche Erinnerung, dass Humor und Menschlichkeit zeitlos sind. Die Welt hat sich verändert, doch die Botschaft von „M*A*S*H“ bleibt gültig:

Wir können, sollen und müssen gemeinsam lachen, weinen und unsere Menschlichkeit feiern, auch wenn die Welt um uns herum explodiert.

Nur so können wir den Wahnsinn überleben!


TV-Serie, USA, 1972-1983 – 256 Folgen (à 25min)
Produktion: 20th Century Fox
Idee: Larry Gelbart
Produktion: Burt Metcalfe
Mit: Alan Alda, Wayne Rogers, McLean Stevenson, Larry Linville, Loretta Swit, Gary Burghoff,  Jamie Farr, William Christopher,  Harry Morgan, Mike Farrell, David Ogden Stiers, und viele andere.


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