Ein Landrat gegen den Atomstaat – Wackersdorf (2018)

3.5
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Ein Spielfilm über die Bürger:innenbewegung, die in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts den Bau einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage in der bayerischen Oberpfalz verhindert hat. Ebenso ein Film über einen sozialdemokratischen Landrat, der nicht nur willens war, dazuzulernen, sondern auch Franz-Josef Strauß und der eigenen Partei die Stirn zu bieten.

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Ich bin noch jung genug, um mich an die Kämpfe um den Bauzaun zu erinnern. Die Fernsehnachrichten haben den Widerstand der Menschen in jedes Wohnzimmer getragen. Unmöglich, keine Position zu beziehen. Allerdings waren die Fronten zwischen Atomlobby, Politik und Bewegung wohl auch nie wieder so hart und unüberwindbar. Für mich war dieser buchstäbliche Kampf elementar in meiner Politisierung. Auch deshalb war er so wichtig.

„Oberpfalz, 1980er Jahre: Die Arbeitslosenzahlen steigen und der Landrat Hans Schuierer (Johannes Zeiler) steht unter Druck, Perspektiven für die Bevölkerung zu schaffen. Da erscheinen ihm die Pläne der Bayerischen Staatsregierung wie ein Geschenk: In der beschaulichen Gemeinde Wackersdorf soll eine atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) gebaut werden, die wirtschaftlichen Aufschwung für die ganze Region verspricht. Doch als der Freistaat ohne rechtliche Grundlage mit Gewalt gegen Proteste einer Bürgerinitiative vorgeht, die sich für den Erhalt der Natur in ihrer Heimat einsetzt, steigen in Schuierer Zweifel auf. Vielleicht ist die Anlage doch nicht so harmlos, wie behauptet. Er beginnt nachzuforschen und legt sich mit der mächtigen Strauß-Regierung an…“

(Alamode Filmverleih)

In der Rückschau ist klar, dass die Atomfabrik gebaut worden wäre, wenn nicht zuvor in Tschernobyl, Ukraine ein Reaktor explodiert und ein ochsensturer bayerischer Landrat (SPD) nicht über den eigenen Schatten (und den seiner eigenen Partei!) hätte springen können und sich gegen die goldenen Zukunftsversprechungen der Lobby, den Druck der Partei und der CSU-Landesregierung und für das eigene Gewissen zu entscheiden.

Bei aller Anti-Atom-Bewegungsfolklore, bei aller bayerischer Heimatfilm-Atmosphäre, die „Wackersdorf“ der Film von Oliver Haffner natürlich der Region, dem Thema und seiner Geschichte schuldig war, ist er auch ein filmisches Denkmal für Hans Schuierer – und gerade das, macht ihn so wertvoll.

„Vor allem meinen Wählern und meinem Gewissen gegenüber verpflichtet.“

Und immer, wenn in der Gegenwart etwa über die vorhandene oder nicht-vorhandene „Macht“ von Landräten philosophiert wird, immer wenn etwa der politische Einfluss von Kommunalbeamten kleingeredet wird, dann fällt dieser Mann mir ein. Und alleine dafür ist der Film von 2018 quasi auch tagespolitisch noch immer auf der Höhe der Zeit und deshalb absolut sehenswert!

Eine Geschichtsstunde ist er außerdem.



Spielfilm, Deutschland, 2018, FSK: ab 6, Regie: Oliver Haffner, Drehbuch: Gernot Krää, Oliver Haffner, Produktion: Ingo Fliess, Kamera: Kaspar Kaven, Schnitt: Anja Pohl, Mit: Johannes Zeiler, Anna Maria Sturm, Peter Jordan, Fabian Hinrichs, Sigi Zimmerschied, Johannes Herrschmann, Frederic Linkemann, Monika Manz, Marlene Morreis, August Zirner, Thomas Limpinsel, Florian Brückner, Katharina Hauter, Andreas Nickl, Axel Röhrle, Ines Honsel, Veronika Wittmann, Timothy Battaglia, Harry Täschner, Tobias John von Freyend, Andreas Bittl


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