„Der wunderbare Udo Kier“ – „Swan Song“ (2021 / 2024)

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Dieser Mann, in Deutschland noch immer einzigartig, und selbst in den großen und diversen USA inzwischen unverwechselbar, hätte zu seinem 80. Geburtstag und nach hunderten Filmen mindestens eine TV-Gala, oder gar ein Festival zu seinen Ehren verdient. In diesem Geiste ist dieses Geschenk von ARTE und dem WDR zwar überaus angemessen, doch eigentlich ja viel zu wenig.

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Unmöglich, dass Sie Kier nicht kennen. Der Mann hat angefangen, Filme zu machen, da war ich gerade auf der Welt. Und während ich mich schon mit dem Konzept der Altersteilzeit auseinandergesetzt habe, haut er noch einen Film raus, für den wir, wenn wir schon nicht vor ihm auf die Knie fallen, ihm wenigstens alle Filmpreise um den Hals hätten hängen sollten, die er gerade noch alleine tragen kann. Haben wir aber nicht.

Und wie irrelevant die OscarsTM tatsächlich sind, erkennen Sie daran, dass Udo Kier und „Swan Song“ (2021) dafür nicht einmal nominiert waren.

Doch das ist Herrn Kier vermutlich ziemlich egal. So schätze ich ihn wenigstens ein. Das macht ja auch die Lebenserfahrung eines Künstlers, der sich die längste Zeit seines Lebens mit prekärer Kunst durchschlagen musste – und das zu einer Zeit, in welcher offen schwule Darsteller einem Mainstream-Publikum noch kaum zu vermitteln waren.

Und als er bereits 50 Jahre alt war, wurde Deutschland doch zu klein, für den schönen Mann aus Köln. Sein Engagement für „My Private Idaho“ (1997) einen Film von Gus Van Sant mag dafür Anlass und Grund genug gewesen sein. Gerade vor einem Monat lief mit „Don’t Worry, weglaufen geht nicht“ (2018) noch ihr letztes gemeinsames Werk auch durch diesen Blog.

„Ich glaube, dass 100 meiner Filme schlecht sind, 50 lassen sich mit ein paar Gläsern Rotwein ertragen, aber 50 Filme sind gut.“

Udo Kier

Ich bewundere den Mann. Vor allem dafür, dass er sich immer treu geblieben ist. Er hat tatsächlich mehr schlechte Filme gemacht, als wirklich gute. Er hat mit den größten und manchmal den berüchtigtsten Regisseuren des Planeten gearbeitet. Und doch immer blieb er bei sich selbst, eben Udo Kier. Allen seinen Rollen gab er etwas von sich. Und er war deshalb auch in allen von ihnen immer wiederzuerkennen. Und sei es, für seinen Akzent, den er niemals abgelegt hat.

Er ist nicht der größte deutsche Schauspieler, nicht der erfolgreichste – wenn Erfolg denn in verkauften Tickets an der Kinokasse oder Einschaltquoten gemessen wird. Doch ist Kier einer von denen, die sich über Jahrzehnte buchstäblich so weit in unser kollektives Gedächtnis gearbeitet haben, dass er Respekt und Beifall für über 280 Filme und alleine dafür verdient, weil er noch da ist.

Swan Song (2021)

Für „Swan Song“ allerdings müssen wir ihn wahrhaftig lieben. Weil er in dem wundervollen Film von Todd Stephens – über den echten Pat Pitsenbarger, einen homosexuellen Friseur aus Sandusky, Ohio, USA – auch Udo Kier spielt, den Mann aus Köln-Mülheim, der nur zufällig nicht Friseur und stattdessen zum Weltstar wurde.

Meine (nachträglich) herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstag und Dank für ein ganzes Leben!

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 17.10.2024.



Drama, USA, 2021, FSK: ab 12, Regie: Todd Stephens, Drehbuch: Todd Stephens, Produktion: Tim Kaltenecker, Todd Stephens, Eric Eisenbrey, Musik: Chris Stephens, Kamera: Jackson Warner Lewis, Schnitt: Spencer Schilly, Santiago Figueira, Mit: Udo Kier, Jennifer Coolidge, Linda Evans, Michael Urie, Roshon Thomas, Ira Hawkins, Annie Kitral, Tom Bloom, Eric Eisenbrey


Der wunderbare Udo Kier (Dokumentation, 2024)

Jobst Knigge hatte für ARTE das Privileg, Udo Kier in Köln und in seinem Haus in Palm Springs, Kalifornien zu treffen. Aus Filmszenen und vor allem Interviews mit Kier und Kolleg:innen zeichnet er das unerhörte Leben des Schauspielers nach und erzählt dabei auch eine Geschichte der deutschen und internationalen Film- und Kunstszene – für die Kier, sein ganzes Leben ein Zeitzeuge und mein ganzes Leben lang einer ihrer aufregendsten (deutschen) Protagonisten gewesen ist.



Dokumentarfilm, Deutschland, 2024, Regie: Jobst Knigge, Produktion: WDR


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