„Dit is Berlin, wa?“ – „Späti“ (2025)

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In der ZDF-Serie „Späti“ entdeckt ein junger Mann plötzlich sein Pflichtgefühl, als er einen Job im Späti anfängt. Kann die Serie mehr als nur Berlin-Klischees? Ein Beitrag von Robert Hoffmann / fluter.de.

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Worum geht’s? 

Fred (Wilson Gonzalez) ist ein Schluffi in seinen Dreißigern, der nichts auf die Reihe kriegt. Seine Freundin Maya (Zeynep Bozbay) trennt sich von ihm, als er seinen Job verliert, weil sie keine Lust mehr auf solche Typen hat. Als dann der Besitzer seines Stamm-Spätis kurzfristig in die Türkei reisen muss, übernimmt Fred dessen Laden, weil er ja ohnehin nichts mehr hat, was er auf die Reihe kriegen müsste. Und entwickelt plötzlich Verantwortungsbewusstsein.

Worum geht’s eigentlich?

Der wirkliche Protagonist von „Späti“ ist Berlin. In den acht Folgen verstaut die Serie alle Motive, die man im Kopf hat, wenn man an die Stadt denkt. Die meisten Figuren berlinern aggressiv, und der Intro-Song ist von der Chansonsängerin und Berliner Ikone Hildegard Knef. Außerdem gibt es da die „Multikultigesellschaft“, die teuren Mieten, die Gentrifizierung und die LGBTIQ-Community. Fetischpartys, Dating, Drogen und, na klar, der Späti. Vor allem geht es aber um das Klischee vom verlorenen jungen Mann, der nicht erwachsen werden muss, weil die Stadt es selbst nicht zu wollen scheint.

Ist Späti also eine Berlin-Serie?

Manchmal schafft es ein Kunstwerk, die Seele einer Stadt einzufangen. Dann überträgt sich die Atmosphäre beim Schauen auf das Publikum. „Späti“ schafft das nicht. Zwar erkennt man an den Figuren, den Gebäuden und den Motiven, wo die Serie spielt. Aber diese Motive sind vor allem Klischees: der Typ, der sich im Lack-Outfit wie ein Hund behandeln lässt. Die fiese Hauseigentümerin, die Yoga mag. Die Drogen, die Fred schluckt, um zu beweisen, dass er gut drauf ist. Die Serie fängt nicht den Vibe Berlins ein, sie bildet das ab, was jemand seinen Freund:innen in der Provinz erzählt, wenn er von einem Junggesellenabschied zurückkommt.

Kann man denn trotzdem etwas lernen?

Die Themen, die „Späti“ anspricht, sind alle aktuell und relevant. Von der Wohnungsnot und dem damit einhergehenden Mietenwahnsinn, der Gentrifizierung, über die wirtschaftlichen Probleme großer Teile der Gesellschaft bis hin zu Alkoholismus. Diese Serie spielt eindeutig im Jahr 2025 und fängt den Zeitgeist ein. Leider schafft sie es nicht, diese Themen erfahrbar und nachvollziehbar zu machen. Hier sollen keine Zusammenhänge aufgezeigt, kein Problembewusstsein geschaffen werden. Der Zerfall der Gesellschaft in sehr reich und sehr arm bleibt in simplen Pointen und einer Story versteckt, die nahelegt, dass man nur einer von den Guten sein muss, damit einem Gutes widerfährt. Die wahren Missstände, Ängste und Sorgen bleiben darunter verborgen.

Lohnt sich das?

„Späti“ sieht gut aus, die Schauspielleistungen sind oft glaubhaft, und die Serie ist wunderbar leicht erzählt. Man kann sie problemlos weggucken. Das ist aber auch Teil des Problems. Denn nichts, was hier passiert, schafft eine emotionale Bindung. Am Ende ist es egal, ob Fred und Maya wieder zusammenkommen, ob der Späti abbrennt oder der missmutige Nachbar von oben sich endlich öffnet. Das liegt auch daran, dass das alles so holzschnittartig geschrieben ist. Vieles wirkt, als hätte man es schon einmal gesehen. Die Witze bleiben flach, und die Serie bleibt mittelmäßig. Das ist schade, denn die Prämisse einer Workplace-Comedy in einem Berliner Späti hat so viel Potenzial. 

Was ist das Highlight der Serie?

An jeder Ecke wartet in „Späti“ der Gastauftritt eines Promis, der meist sehr selbstironisch inszeniert ist. Ob es Bill Kaulitz ist oder Alli Neumann, Sophie Passmann oder Ski Aggu, die Serie ist so vollgestopft mit tollen Schauspieler:innen, Musiker:innen und Influencer:innen, dass man sie verpassen kann, wenn man zwischendurch kurz aufs Handy guckt.

„Späti“ läuft ab 28. März in der ZDF-Mediathek und ab 8. April auf ZDFneo.

Dieser Text von Robert Hoffmann wurde auf fluter.de, dem Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung, veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Das Printmagazin erscheint viermal im Jahr. Das Abonnement von fluter ist kostenlos.



TV-Serie, Deutschland, 2025, FSK: ab 6, Idee: Wilson Gonzalez, Martin Waldmann, Drehbuch: Patrick Stenzel (Headautor), Marleen Valien, Mathis van den Berg, Max Rauer, Biko Erki, Kilian Lieb, Max Rainer, Sebastian Huber, Regie: Marleen Valien, Max Rainer, Kamera: Max Rauer, Joseph Strauch, Schnitt: Vreni Sarnes, Jeannine Compère, Natalie Bartel, Gleb Boev, Musik: Jonas Vogler, Mit: Wilson Gonzalez, Gülseren Erkut, Alexander Finkenwirth, Falilou Seck, Eva Weißenborn, Torsten Michaelis, Gunnar Helm, Zeynep Bozbay, Isabell Polak, Maja Bons, Sahin Eryilmaz, Bill Kaulitz, Nikeata Thompson, Sophie Passmann, Julia Knörnschild, Conny from the Block, Casa Carlo, Marc Hosemann, Frank Künster, Timur Gabriel, Martin Schüler, Vanessa Loibl, Kiara Hollatko, Alli Neumann, Maximilian Mundt, Fred Rabe, Lisa Vicari, Jasna Fritzi Bauer, Ines Anioli, Leila Lowfire, Niklas und David, Ski Aggu


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  1. @mediathekperlen danke für die Content Warning 🙂

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    1. Mediathekperlen

      Da nich‘ für! Eine „Klischeewarnung“ wäre vielleicht angemessener gewesen… 🤣

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    3. Mediathekperlen

      Jan Freitag (DWDL) hat die ganze Serie offensichtlich auch schon gesehen. Kein Mitleid dafür (er macht das beruflich!), aber trotzdem „Respekt“… er hat eine so gute Schreibe, da les‘ ich (fast alles) freiwillig.

      Schubkarrenweise Influencer in Ochsenknechts ZDF-„Späti“

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    4. @mediathekperlen
      "Das billige Bashing klischeehafter Knalltüten [..]
      Das aber machen leisere Zwischentöne einer resilienten Nachbarschaft wett.
      [..]
      Wäre da nicht …"

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