Charly Hübner – „Anderst Schön“ (2015)

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Der Mann aus Neustrelitz ist einer, der einfach alles spielen kann und es auch will und es deshalb einfach macht. Das ist wohl der wichtigste Grund, warum er den Polizeidienst quittiert hat. Für den Polizeiruf 110 ist das ein großer Verlust – waren die Rostocker:innen Bukow & König doch über 12 Jahre und 24 Folgen das bei weitem stärkste Team im deutschen TV-Krimi. Dass ausgerechnet seine Frau (Lina Beckmann) seinen Job fortführen möchte, ist allerdings eine wirklich spannende Familiengeschichte.

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Ausgebrochen, im allerbesten Sinne, ist Hübner aus der Polizistenrolle, wann immer er konnte. Festgelegt hat er sich nie. Und damit hat er sich in über 30 Jahren Karriere wiederum einen ganz besonderen Ruf und ein einzigartiges Profil erarbeitet.

Ein besonders schönes Stück „Ausbruch“ kam heute Nacht wieder in der Mediathek an. „Anderst schön“, ist eigentlich ein Film von einer furchtbaren Sorte – aus der Produktionsfabrik der Degeto Film GmbH, die ich zu vermeiden versuche, wann immer ich kann. Am Ende „kriegen sie sich“ und der Freitagabend endet in Harmonie und Marshmallow-Sauce. Und mir is‘ schlecht.

Hier ist wirklich fast alles „Anderst“! Denn der Film spielt nicht auf grünen Wiesen und der wilden Küste Irlands, in hippen, verkehrsberuhigten Großstadt-Kiezen oder oberbayerischen Almwiesen, sondern in einem abrisswürdigen Schweriner Plattenbau. Hier erobern keine sexuell frustrierten Hausmänner ihre Karrierefrauen zurück, und keine junge Brauerei-Erbin verliebt sich in den Sohn des bösen Brausefabrikanten. Hier sind die Verhältnisse so prekär, wie die Probleme des Alltags, so authentisch, so wie es einem ARD Freitagabendpublikum vermutlich gerade noch zumutbar war.

Oliver Jungen nannte den Film in der FAZ (Paywall) eine „Ostalgie-Kitschkomödie“. Damit hat er sicher nicht ganz unrecht. Aber genau das macht Charlie Hübner hier zum Gewinner. Heimspiel, sozusagen.

„Was immer Charly Hübner in den letzten Jahren gespielt hat, es hatte seine eigene Klasse: der harte „Polizeiruf“-Ermittler, der ausgefuchste Gerichtsmediziner, der einknickende Stasi-Mitarbeiter, der eigenmächtige Grenzöffner, der verstrahlte Automechaniker, selbst der Werbespruchklopfer der Dresdner Bank. Er kann alles. Und doch ist geradezu erschreckend, wie verdammt gut ihm die Rolle des liebenswerten Simpels steht, des ganz kleinen Mannes mit ganz großer Seele.“ (Oliver Jungen, FAZ, 12.06.2015)

Der Plattenbau existiert heute schon längst nicht mehr, die DDR wurde privatisiert und zurückgebaut. Insoweit handelt es sich bei diesem kleinen Film auch um ein zeithistorisches Dokument. Ich will das gar nicht überbewerten. Doch ich glaube, es ist wichtig, dass es sowas auch im Fernsehen gibt. Auf Sendeplätzen, auf denen es „sichtbar“ ist.


„Anderst schön“ ist es auch, dass dieser Film so häufig wiederholt wird, dass er quasi nie aus der Mediathek verschwindet. Doch ist das dann auch wieder ein Problem, dem die föderale ARD nicht wirklich gewachsen ist. Denn sie finden den Film inzwischen tatsächlich mehrfach auf der Plattform. Einmal unter „HR“ dann unter „One“ und ein weiteres Mal unter „WDR“. Die Kopien unterscheiden sich jeweils in der URL und dem Verfügbarkeitsdatum – was darauf schließen lässt, dass auch die verlinke Filmdatei mehrfach vorhanden ist. Typischer kann „Optimierungspotential“ in diesem öffentlich-rechtlichen Senderverbund eigentlich wirklich nicht beschrieben werden… weil das wohl nur ein Beispiel dafür ist, was dort sonst so doppelt und dreifach verwaltet wird.



Fernsehfilm, Deutschland, 2015, Regie: Bartosz Werner, Buch: Wolfgang Stauch, Mit: Charly Hübner, Christina Große, Renate Krößner, Emilie Neumeister, Hermann Beyer, Kida Khodr Ramadan


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