Auf diesen Film habe ich lange warten müssen. Präsentiert zur Berlinale 2024, als Beitrag zum Kulturprogramm der Fußball-EM der Männer im Sommer, lief er nur in wenigen Kinos. Und vermutlich erreicht fast jedes Bundesligaspiel an diesem Wochenende ein größeres Publikum als die ARD-Mediathek, in welcher er seit ein paar Tagen nun endlich auch verfügbar ist.
Ich habe jetzt auch keine Idee, was es bräuchte, damit „Elf Mal Morgen“ ein viraler Hit werden könnte. Vielleicht ist ja schon das Stigma „Kurzfilm“ abschreckend? Wer hat denn für sowas heute überhaupt noch Zeit? Zwei Tage Championsliga, Europaliga, Pokal, erste, zweite, dritte Liga… alles im Fernsehen wegzugucken schafft ja schon kein Mensch. Und wenn Bundestrainer Nagelsmann seine nächste Rede zur Lage der Nation hält, dann braucht es ja auch noch Sondersendungen, Stammtische und neckische Kneipenspiele mit betrunkenen Gästen.
Erstaunlich, eigentlich, dass es überhaupt noch immer Millionen Mädchen und Jungen, Frauen und Männer gibt, die eigentlich jeden Tag auf irgendeinem Bolzplatz, einer Bezirkssportanlage, einem Garagenhof oder gleich vorm Haus auf der Straße oder gar im Keller irgendwie gegen einen Ball kicken – und das bei jedem Wetter und jeder Jahreszeit.
„Wenn ich früher an Fußball dachte, dann dachte ich an brüllende Männer im Stadion, ein bisschen dachte ich auch an Frauenfußball, aber nicht soviel. Fußball wird von allen gespielt und vor allem von Jugendlichen. Junge Menschen, die gerade mit der schwierigen Aufgabe beschäftigt sind, Erwachsene zu werden.“
Filmzitat
Früher soll das eigentlich überall so gewesen, wird erzählt. Ich habe es selber noch so erlebt. Und dann wurden wir Weltmeister und als es damit vorbei war, war nichts mehr so wie vorher. Da kam Nintendo. Dafür war ich aber wohl schon zu alt. Und dann hatten die Trainer irgendwann alle einen Laptop und Jürgen Klopp wurde König von England.
Doch der ist dort ja jüngst erst zurückgetreten und zählt jetzt Dosenpfand in Leipzig. Wird vermutlich auch besser bezahlt und ist ja irgendwie auch eine Rückkehr zu den Wurzeln des Fußballs. Gerade Dosen waren uns früher immer mehr als Recht, wenn gerade kein richtiger Ball zur Verfügung stand. Und trotzdem lieben die Kinder das Spiel auch heute noch. Ganz so, als wäre nichts gewesen.
Eine ganz wunderbare Sammlung von Geschichten, warum das so ist, wem das zu verdanken ist und wie viel das für die jungen Menschen ausmacht, ist eben dieser Film. Eine „Kompilation“ von 11 Kurzfilmen, die, jeder für sich, kürzer sind, als eine Halbzeitpause. Doch hier liegt die besondere Kraft tatsächlich in der Kombination.
Für das Projekt wurden elf dokumentarische Kurzfilme über elf sehr unterschiedliche Jugendmannschaften in Auftrag gegeben, die von Studierenden der Hochschule für Fernsehen und Film München gemeinsam mit den Teams und unter der Leitung von Benedetta Films realisiert wurden. Beteiligt sind Mannschaften aus den Vereinen FC Internationale Berlin 1980 e.V. (Regie: Eva Gemmer), FC Español München e.V. (Regie: Hannah Jandl), FC Ingolstadt 04 (Regie: Kilian Armando Friedrich), Athletic Sonnenberg e.V. (Regie: Sophie Mühe), FFC Wacker München 99 e.V. (Regie: Anna-Maria Dutoit), SG Crostwitz 1981 e.V. (Regie: Justina Jürgensen), ISC AlHilal Bonn (Regie: Hilarija Ločmele), TSV Maccabi München e.V. (Regie: Daniela Magnani Hüller), Türkiyemspor Berlin 1978 e.V. (Regie: Marie Zrenner), K.S. Polonia Hamburg e. V. 1988 (Regie: Maximilian Bungarten) und SV 67 Weinberg e.V. (Regie: Indira Geisel).
Wenn Sie den Fußball lieben und am Wochenende nicht selbst auf oder neben dem Platz stehen, nicht mit den Kindern im Garten oder auf der Konsole kicken, dann ist das vielleicht Ihr Programm? Anders als „Sportstudio“, „Sportschau“ oder „Doppelpass“, sind das mal 11 Filme/Spiele, von dem Sie sich an das eine oder andere danach vielleicht sogar gerne und länger erinnern werden.
Toller Film, tolle Mädchen, Jungen, Frauen, Männer, Menschen! Alle!
Dieser Beitrag erschien zuerst am 26.10.2024.
Dokumentarfilm / 11 Kurzfilme, Deutschland 2024, Regie: Maximilian Bungarten, Anna-Maria Dutoit, Kilian Armando Friedrich, Indira Geisel, Eva Gemmer, Felix Herrmann, Hannah Jandl, Justina Jürgensen, Hilarija Ločmele, Co-Regie: Daniela Magnani-Hüller, Sophie Mühe, Camille Tricaud, Marie Zrenner, Originalfassung: Deutsch, Obersorbisch, Russisch, Ukrainisch
Schreiben Sie einen Kommentar