Viggo Mortensen, Mahershala Ali – „Green Book“ (2019)

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Ob ein Film einen Oscar gewonnen hat, und wenn ja, wie viele, interessiert mich in der Regel höchstens am Rande. Bei diesem Roadmovie interessierten die hervorragenden Schauspieler. Und für die lohnt sich dieser Trip durch den rassistischen Süden der USA wirklich.

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Filmtrailer zu „Green Book“ / KinoCheck / YouTube

Weil ich an „Dumm & Dümmer“ (1994), den – überaus erfolgreichen ersten Film seines Regisseurs, ebenfalls ein Roadmovie, dachte, bekam ich allerdings Zweifel. Und damit habe ich Peter Farrelly Unrecht getan.

Denn zwischen seinem Erstling und „Green Book“ lagen fast 30 Jahre. Eine lange Zeit für einen Künstler, sich neu zu erfinden. Nur weil er mal mit „Comedy“ überaus erfolgreich war, bedeutet das ja nicht, dass er „Drama“ nicht kann.

„Die Geschichte, die „Green Book“ erzählt, trägt in der Werbung den Zusatz „feel good“, wobei man sich fragen darf, was an der Reise des schwarzen Künstlers Don Shirley in den rassistischen Süden der Vereinigten Staaten zu Zeiten von Segregation und Jim-Crow-Gesetzen streng genommen „feel good“ sein könnte.“

Verena Lueken, FAZ, 30.01.2019

Vorwerfen können wir Farrelly, dass „Green Book“ schon von seiner Prämisse her darauf angelegt war, die Oscar-Jurys zu beeindrucken. Der Film sieht einfach nur hervorragend gut aus. Er fühlt sich zudem ja tatsächlich auch wirklich gut an. Denn die Reise, die der aristokratisch anmutende schwarze Pianist (Mahershala Ali) und sein proletarisch gutherziger italoamerikanisch weißer Chauffeur (Viggo Mortensen) erleben, liegt 60 Jahre in der Vergangenheit.

Eine Zeit, die ein wesentlicher Teil des Publikums dieses Films heute vermutlich für „überwunden“ hält, jedenfalls weit genug weg, um heute nicht mehr persönlich betroffen oder verantwortlich für den brutalen Rassismus zu sein, welcher hier den Hintergrund der (wahren) Geschichte bestimmt. „Feel-Good“ ist in diesem Zusammenhang tatsächlich eine ziemlich gewagte Provokation. Oder ein zynischer Kommentar.

„Ohne große Gedankensprünge machen zu müssen, darf man hier durchaus auch an heutige selbsternannte Liberale in Amerika, aber natürlich auch in Deutschland denken, die sich für aufgeklärt halten, fremde Kulturen schätzen und bereisen, deren Weltoffenheit dann aber oft schnell vorbei ist, wenn die Tochter einen schwarzen Freund mit nach Hause bringt oder nebenan ein Araber einzieht.“

Michael Meyns, taz, 30.01.2019

Das ist das Problem, denn wenn wir das Kino wieder verlassen haben, mussten wir uns wieder in einer Realität zurückfinden, in welcher Donald Trump Präsident der USA ist, in welcher auf den Straßen jeden Tag schwarze Menschen misshandelt und getötet werden und wo uns Demonstrationen unter dem Hashtag #BlackLivesMatter weltweit einen Diskurs und auch eine persönliche Position abverlangt haben.

Das hat dieser Film, trotz dreifacher Oscars als „Bester Film“, „Bestes Drehbuch“ und „Bester Nebendarsteller“ für Mahershala Ali, tatsächlich für 131 Minuten nahezu auszublenden vermocht. Doch als Kommentar, sowohl unter seiner historischen, als auch seiner Gegenwartsperspektive auf den noch immer latenten, immanenten und immer wieder eskalierenden Rassismus der Gesellschaft konnte er seine Botschaft, für mich nicht wirklich durchbringen. Lag es vielleicht daran, dass hier ausschließlich weiße Männer das Drehbuch geschrieben haben?

Nichtsdestotrotz lohnen sich die zwei Stunden vor dem Bildschirm / der Leinwand. Die Transformation des dänischen Ex-Königs von Gondor und Arnor, Viggo Mortensen, zu einem übergewichtigen Italo-Amerikaner ist eindrucksvoll, die Reise aus New York City in den tiefen Süden der USA und zurück ist reich an schönen Bildern, der Soundtrack mitreißend…

Und das Ende (an Heiligabend) qualifiziert ihn sogar noch als „Weihnachtsfilm“.

Dieser Beitrag erschien zuerst am 20.12.2023.



Drama, USA, 2019, FSK: ab 6, Regie: Peter Farrelly, Drehbuch: Nick Vallelonga, Brian Hayes Currie, Peter Farrelly, Produktion: Jim Burke, Brian Hayes Currie, Peter Farrelly, Nick Vallelonga, Charles B. Wessler, Musik: Kris Bowers, Kamera: Sean Porter, Schnitt: Patrick J. Don Vito, Mit: Viggo Mortensen, Mahershala Ali, Linda Cardellini, Brian Stepanek, Dimiter D. Marinov, Mike Hatton, Sebastian Maniscalco, Don Stark, Iqbal Theba, Von Lewis


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  1. @mediathekperlen Leider schafft es der ARD nicht, Filme auch in Originalsprache zur Verfügung zu stellen, was das Ganze für mich völlig uninteressant macht – leider.
    Das ist weder zeitgemäß noch wettbewerbsfahig. Da suche ich doch lieber andere Quellen. Aber ich bin immer dankbar für solche Filmtipps.
    #ard

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    1. Mediathekperlen

      Puh, @Tuffchicken, damit machst du gleich mehrere Punkte auf meiner Liste. Tatsächlich gibt es inzwischen auch bei der ARD immer mehr Filme in mehrsprachigen Versionen, doch in der Vergangenheit gab es dafür scheinbar kein besonderes Interesse in deren Einkaufstrategie. Die Konkurrenz der Streamingplattformen hat das Feature erst zu einem Faktor im Wettbewerb gemacht. Aber das ist natürlich etwas, dass sich die internationalen Rechteinhaber:innen (die oft auch genau diese Plattformen betreiben) auch extra bezahlen lassen. Und da kommen wir dann ganz schnell wieder auf das glatte Eis der Diskussion darüber, was eigentlich der „ÖRR-Sendeauftrag“ ist – und wofür das Geld im ÖRR ausgegeben werden soll…

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  2. @mediathekperlen
    Mortensen nahm ich den etwas hemdsärmeligen Chauffeur nicht so ganz ab. Außerdem denke ich bei Chauffeur-Filme immer gleich an "Driving Miss Daisy". Trotzdem ist der Film sehenswert!

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  3. @mediathekperlen
    Den habe ich damals im Sneak-Preview gesehen. Sehr gut erzählter Film mit sehr überzeugenden schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller :mastolove:

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