Ich bin sicher, dieser „Erotik-Thriller“ wird noch in hundert Jahren an Film- und Kunsthochschulen behandelt und interpretiert werden. Als Prototyp eines durch den „Male-Gaze“ dominierten, kalkulierten Skandals, und Schlüssel zum Hollywood (nicht nur) der 90er Jahre. Als Meilenstein des Kinos, und elementarst mögliche Verletzung der Intimsphäre einer Darstellerin – gegen ihren Willen – und, vor allem deshalb: Blockbustermaterial.
Ganz ehrlich: Der Film ist eher schlecht. Nicht, weil er etwa schlecht gealtert ist, sondern weil er 1992 schon schlecht war. Denn nehmen wir Sharon Stone (die für ihre Rolle eine Gage von 500 Tausend US-Dollar erhielt) und die Sex-Komponente aus dem Film, bleibt kaum eine nennenswerte Geschichte übrig – und ein erbarmungswürdig mittelmäßiger Michael Douglas (für die Gage von 14 Mio. US-Dollar).
Abgesehen von der Tatsache, dass hier eine Frau die gewohnten Machtverhältnisse in einem Hollywoodfilm einmal umkehrt, ist es wahrlich kein feministischer Film – insbesondere vor der krassen ökonomischen Unfairness der Bezahlung seiner Hauptdarsteller:in – denn am Ende war diese Frau nur eine Marionette an den Fäden eines misogynen Regisseurs. Und jeder Skandal war kalkuliert.
Softpornohorrorthriller „Basic Instinct“: Feuchter Schlamm & Abwehrspritze
Durch und durch ein Männerfilm: Michael Douglas ist die einzige Identifikationsfigur, und ihm gegenüber steht keine lebendige und widersprüchliche Frau. Ihm gegenüber lauert die nackte Gefahr. Sharon Stone verkörpert das perfekte Klischee typischer Männerängste: ein mysteriöses Nebeneinander von Berechnung und Begehren, aus dessen Magnetismus es kein Entrinnen gibt. Da können die Filmmänner noch so viele Machosprüche reißen, vom ersten Augenblick des Zusammentreffens von Douglas und Stone, von Polizist und mutmaßlicher Mörderin ist klar, wer Macht über wen hat. Es ist dieses Spiel von Gewalt, das dem Film seinen Thrill gibt. Wer einen Porno sehen will, der sollte in die Videothek gehen. Wer Gewaltorgien will, der ist mit Kettensägenmassaker Teil 4 besser bedient. Psycho ist der bessere Thriller. ‚Basic Instinct‘ wird vorschnell verurteilt.
Deshalb müssen wir „Basic Instinct“ differenzieren, von dem, was Sharon Stone im Anschluss an den Film aus dieser Rolle gemacht hat. Denn mit dem kalkulierten Skandal und dem überragenden Kassenerfolg, das ist unzweifelhaft, bekam sie ein mächtiges Werkzeug ihrer Selbstermächtigung als Frau und Darstellerin in Hollywood in die Hand. Und sie hat dieses Werkzeug für sich und ihre Kolleginnen im Filmgeschäft zu benutzen gewusst (Instyle.com), wie nur wenige andere.
Lesen und sehen Sie deshalb auch: Sharon Stone – „Überlebensinstinkt im Showbiz“, eine Dokumentation über die Schauspielerin von Nathalie Labarthe, ARTE, Frankreich, 2024.
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 12.01.2025.
Erotik-Thriller, USA, 1992, FSK: ab 16, Regie: Paul Verhoeven, Buch: Joe Eszterhas, Produktion: Alan Marshall, Musik: Jerry Goldsmith, Kamera: Jan de Bont, Schnitt: Frank J. Urioste, Mit: Michael Douglas, Sharon Stone, George Dzundza, Jeanne Tripplehorn, Denis Arndt, Leilani Sarelle, Bruce A. Young, Chelcie Ross, Dorothy Malone, Wayne Knight, Daniel von Bargen, Stephen Tobolowsky, Benjamin Mouton, Jack McGee, Bill Cable, Mitch Pileggi, William Duff-Griffin, James Rebhorn, Anne Lockhart
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