Dokumentarfilm – „Als der Krieg in die Redaktion kam“ (2024)

3
(1)
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Ich habe mir mein Leben lang eigentlich kaum vorstellen können, einmal die Partei von Journalist:innen zu ergreifen, die für einen, einst von einem US-Geheimdienst gegründeten, Regierungssender arbeiten. Um dort „US-Regierungspropaganda“ zu verbreiten, wäre wohl mein freundlichst formulierter Vorwurf gewesen.

Dabei hätte ich in dem Gefühl meiner moralischen Überlegenheit glatt übersehen, dass auch unsere, von mir immer noch geschätzten, öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tatsächlich nicht existieren würden, wenn nicht als Erb:innen der alliierten Militärsender nach dem II. Weltkrieg.

Denn viele der, nach der Niederwerfung des Faschismus, in Deutschland höchstgeschätzen Journalist:innen haben eben bei diesen Militärsendern Arbeit gefunden und waren später instrumental beim Aufbau der „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ (ARD).

Dieser Rückgriff in die Rundfunkgeschichte ist an dieser Stelle nicht wirklich notwendig, doch vielleicht nützlich, um diese Meldung der ARD Tagesschau einzuordnen:

↬ard.social/@tagesschau/114204318366374199

Und es trifft sich, dass die ARD (BR) und ARTE erst im letzten Sommer diese noch immer „brandaktuelle“ Dokumentation über die Redaktion von Radio-Free-Europe in der Ukraine im Programm hatten.

Der Film (in der Mediathek in 3 Teilen) von Dominik Wessely ist eine Chronik über den Beginn des Angriffs und der Besetzung großer Teile der Ukraine durch Russland. Sie ist aber vor allem ein Profil der Journalist:innen, deren Arbeit durch den Krieg eine neue und noch einmal weitaus größere Bedeutung bekommen hat.

Die Frage nach der „Unparteiischen Berichterstattung“ stellt sich für Menschen, über deren Köpfen Raketen fliegen, mit denen Familienmitglieder, Freund:innen, Nachbar:innen und Landsleute getötet werden, plötzlich in ganz anderer Weise. Der Film ist da eindeutig. Und, so nüchtern er davon erzählt, ist er, selbstverständlich, Partei.

Dass US-Präsident Trump den Sender, für den die im Film begleiteten Journalist:innen arbeiten, ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zum Schweigen bringen will, in welchem er in angebliche Friedensverhandlungen – ohne die Ukraine einzubeziehen – mit Wladimir Putin führt, spricht ganz für sich.

Ganz sicher spricht der Film über den Krieg, die Menschen, die Bedeutung und die besondere Aufgabe der mutigen Journalis:innen, die dort ihre Arbeit machen.

„Es ist sehr schwierig, in dieser Welt die Wahrheit zu verbergen.“



Dokumentarfilm, Deutschland, Ukraine, 2024, FSK: 0, Buch & Regie: Dominik Wessely, Montage & Storytelling: Marcel Ozan Riedel, Sprecher:innen: Michael Baral, Celine Borko, Romanus Fuhrmann, Marie Hinze, Mai Horlemann, Matthias Klages, Oscar Räuker, Cornelia Waibel, Rafael A. Weissengruber, Valentin Wessely, Produktion: ARTE, BR


Ihre Bewertung:

Wie bewerten Sie diesen Film / diese Serie?

Dieser Film / diese Serie wurde 1x im Durchschnitt mit 3 bewertet.

Bisher keine Bewertungen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie können diesen Beitrag auch über das Fediverse (zum Beispiel mit einem Konto auf einem Mastodon-Server) kommentieren.