Dieser Film hat mich wirklich geärgert. Nicht, weil ich nicht offen für Filme über Selbstfindung bin – ganz im Gegenteil. Aber Ryan Murphys Adaption von Elizabeth Gilberts Bestseller ist ein Paradebeispiel dafür, wie neoliberaler Feminismus, westlicher Eskapismus und koloniale Fantasien zwar eine postkartenreife, aber politisch problematische Melange ergeben.
Julia Roberts spielt Elizabeth Gilbert, eine erfolgreiche weiße amerikanische Autorin, die nach einer Scheidung auf Weltreise geht, um sich selbst zu finden – durch Essen in Italien, Beten in Indien und Lieben auf Bali. Das klingt erst mal harmlos. Aber der Film reproduziert dabei eine ganze Reihe an problematischen Erzählmustern, die ich eigentlich längst überwunden geglaubt hatte. Das @ZDF mag sich etwas dabei gedacht haben, gleich zwei problematische Filme mit Roberts in ein Double-Feature zu packen – was sie sich gedacht haben, bleibt mir allerdings ein Rätsel.
Die Prämisse „Essen, Beten, Lieben“ klingt bekannt? Genau. Der Film reiht sich ein in eine lange Tradition westlicher Erzählungen, in denen der globale Süden nur Kulisse ist – ein exotischer Spielplatz für spirituelle Transformation. Die Menschen in Indien und Bali werden zu Karikaturen degradiert: weise Gurus, mystische Heiler, freundliche Einheimische, die selbstverständlich ihre Zeit und Energie darauf verwenden, die weiße Protagonistin auf ihrem Weg zu sich selbst zu begleiten. Ihre Geschichten? Kaum der Rede wert. Ihre Lebensrealität? Unsichtbar.
Dass ausgerechnet Ryan Murphy („Glee“ (2009-2015), „American Horror Story“ (2010-2022) hier Regie führt, ist interessant – bekannt als queerer, weißer Mann mit Hang zu oberflächlichem Glanz und ironischer Distanz, versucht er hier das Gegenteil: Ernsthaftigkeit. Doch er verheddert sich total in der Ästhetik. Statt einer kritischen Auseinandersetzung mit Elizabeths Suche nach Sinn erleben wir einen Hochglanz-Trip, der wie teure Werbung für ebenso teure Yoga-Retreats und TV-Kochreisen wirkt. Murphy verliert sich im Oberflächlichen und zeigt weder kritisches Bewusstsein für postkoloniale Strukturen noch für die feministische Ambivalenz der Erzählung.
„Eat Pray Love“ inszeniert einen Feminismus, der ganz auf das Individuum zugeschnitten ist – Selbstverwirklichung durch Konsum, Reisen und Detox. Der Film verkauft uns das neoliberale Mantra: Wenn du nur genug an dir arbeitest (und das nötige Geld hast), wirst du glücklich. Dabei bleiben strukturelle Probleme wie patriarchale Machtverhältnisse, Rassismus oder wirtschaftliche Ungleichheiten vollständig außen vor.
Roberts spielt gewohnt charismatisch, aber auch seltsam distanziert. Ich glaube ihr nie ganz, dass sie leidet – zu oft wirkt sie mehr wie eine Touristin, die sich in Selfcare-Rituale hüllt. Der männliche Cast – darunter James Franco als belangloser Schriftsteller-Freund und Javier Bardem als Love Interest auf Bali – bleibt weitgehend blass. Gerade Bardems Figur ist problematisch: Er dient als Abschluss für Elizabeths Reise, als „sexuelle Belohnung“ fürs Durchhalten. Ausgerechnet ein Mann ist es, der sie rettet – wie feministisch ist das?
Als Mann lässt mich dieser Film völlig ratlos zurück. Nicht, weil ich nicht verstehe, was er versucht – sondern weil ich sehe, wie er es verfehlt. Die Idee, sich selbst zu finden, ist nicht falsch. Für jede:n von uns ist das eine andere Reise. Doch wie diese Geschichte erzählt wird, ist entscheidend. „Eat Pray Love“ erzählt es aus einer Position der Macht, ohne diese Macht je zu reflektieren.
Was bleibt, ist ein schöner, aber vollkommen leerer Film, der Spiritualität zur Ware macht und kulturelle Komplexität zur Staffage. Vielleicht ist das wahre Problem an „Eat Pray Love“, dass er sich selbst zu ernst nimmt – und dabei vergisst, dass echte Transformation nicht auf Kosten anderer Kulturen stattfinden sollte.
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 12.06.2025.
Drama, USA, 2010, FSK: 0, Regie: Ryan Murphy, Drehbuch: Ryan Murphy, Jennifer Salt, Produktion: Dede Gardner, Musik: Dario Marianelli, Kamera: Robert Richardson, Schnitt: Bradley Buecker, Mit: Julia Roberts, James Franco, Richard Jenkins, Viola Davis, Billy Crudup, Javier Bardem, Tuva Novotny, Fediverse: @filmeundserien, @ZDF
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