Rolf Lassgård – „Ein Mann namens Ove“ (2015)

4.5
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Eine bemerkenswerte, ja wunderbare schwedische Tragikomödie, die auf dem gleichnamigen Bestsellerroman von Fredrik Backman basiert. Die Geschichte eines pedantischen, grantigen Rentners namens Ove, der seine Nachbarschaft mit strenger Hand kontrolliert und eigentlich genug vom Leben hat…



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Als jemand, der über drei Jahrzehnte regelmäßig und lange in Schweden gearbeitet hat, ist „Ein Mann namens Ove“ (2015) ein Film, den ich alleine deshalb schon besonders lieben kann, weil er authentisch von der schwedischen Gesellschaft und Mentalität erzählt, wie ich sie kenne. Wobei ich nicht behaupte, „die Schwed:innen“ etwa wirklich zu kennen. Das ist für einen Ausländer wie mich ohnehin sehr, sehr schwer. Aber ich kenne ein paar. Schon sehr, sehr lange. Und sehr gut. Ove könnte einer meiner besten Freunde sein. Ich hatte mein ganzes Leben noch keinen Volvo.

Ove ist ein typischer schwedischer Grantler, der sich an Regeln klammert und Veränderungen hasst, zugleich aber eine tiefe Verbundenheit zu seiner Gemeinschaft und ihren Werten zeigt. Die Eigenheimsiedlung in Trollhättan und das soziale Gefüge drumherum ist tatsächlich Realität vieler schwedischer Vorstädte. Das glaube ich dem Film absolut. Gerade die kulturellen Nuancen und das soziale Miteinander, das oft hinter der scheinbar kühlen nordischen Fassade verborgen bleibt, trifft er – für mich – „med stor precision“.

Die Besetzung ist ein Traum, denn Rolf Lassgård ist ein ultimativer Charakterbolide. Und in der Disziplin ist er ein Gigant! Bei uns vor allem bekannt als der erste „Kommissar Wallander“ (1994-2007), zeigt er hier eine völlig andere Facette seines Könnens: Er bringt Oves mürrische, oft ruppige Art ebenso überzeugend auf die Leinwand wie seine verletzliche, menschliche Seite. Seine Darstellung macht diesen Ove zu einem wirklich komplexen Charakter, den wir trotz seiner Fehler und seines grantigen Wesens einfach ins Herz schließen können.

Lassgårds grandiose Performance macht schon von ganz alleine, dass der Film weit mehr ist als eine einfache Tragikomödie – sondern die tiefgründige Charakterstudie eines Mannes, der sich mit der eigenen Vergangenheit, der Gegenwart und den Menschen versöhnt. Lassgård schafft es, den Zynismus und die Verletzlichkeit von Ove greifbar zu machen – kein großes dramatisches Gestikulieren, sondern innere Wucht, von der jeder Blick, jedes Zucken im Gesicht erzählt. Er trägt den Film mit einer Natürlichkeit, die nicht gespielt, sondern gelebt wirkt.

Der Film ist für mich kulturell vollkommen authentisch und die herausragenden Schauspieler:innen bestechen. Die feinen Nuancen des schwedischen Alltags und der Gesellschaft, die in der Sprache, den Ritualen und der Atmosphäre mitschwingen, sind präzise und auf den Punkt. Zudem hat der Film auch noch eine ehrliche und ungeschönte Sicht auf das Älterwerden, die Trauer und die einzigartige Kraft menschlicher Beziehungen, die in dieser Form echt selten ist. Ich habe darüber laut gelacht und auch fast ein bisschen leise geweint.

Ein Film, der mit unendlich viel Herz, Humor und reichlich Tiefgang die Geschichte eines scheinbar unnahbaren, abweisenden Mannes erzählt, der durch die Begegnungen mit seinen Mitmenschen wieder Lebensmut findet. Der Oscar wäre verdient gewesen!

Für alle, die Schweden und seine Menschen besser verstehen wollen, wäre dieser Film auch nach 10 Jahren wahrscheinlich gar kein so schlechter Anfang.

Ha en trevlig och vacker midsommar!

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 19.06.2025.


Inhaltswarnung: Der Film enthält explizite Darstellungen von Suizidversuchen sowie thematische Auseinandersetzungen mit Verlust, Trauer und Depression. Diese Inhalte können emotional belastend sein, insbesondere für Zuschauer:innen mit eigenen Erfahrungen in diesen Bereichen. Bitte achten Sie auf sich und entscheiden Sie bewusst, ob und wann Sie den Film sehen wollen. Unterstützung finden Sie bei Freund:innen, professionellen Beratungsstellen oder unter den bekannten Hilfetelefonnummern. Sie sind nicht allein!



Tragikomödie, Schweden, 2015, FSK: ab 12, Regie: Hannes Holm, Drehbuch: Hannes Holm, Produktion: Annica Bellander, Nicklas Wikström Nicastro, Musik: Gaute Storaas, Kamera: Göran Hallberg, Schnitt: Fredrik Morheden, Mit: Rolf Lassgård, Viktor Baagøe, Filip Berg, Bahar Pars, Zozan Akgün, Tobias Almborg, Ida Engvoll, Börje Lundberg, Fediverse: @filmeundserien, @3sat



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