Wotan Wilke Möhring – Steig.Nicht.Aus! (2018)

Ich glaube, ein Thriller wie dieser ist in Deutschland so selten, wie Schnee im April. Wir wissen, das hat es schon mal gegeben, aber sich daran zu erinnern, fällt selbst den älteren unter uns schwer. Bestes Popcorn-Kino von Christian Alvart, mit dem neuen deutschen Vater-Tochter Traumpaar Wotan Wilke Möhring und Emily Kusche.

Hier wurde ein Video von Youtube, einer Plattform von Alphabet (Google) eingebunden. Der Inhalt wird nur geladen, wenn sie zuvor einer Übertragung ihrer persönlichen Daten (ua. ihrer IP-Adresse) an die Plattform zustimmen.

Klicken sie auf dieses Cover, um den Inhalt anzuzeigen.

Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Ich muss zugeben, dieser Thriller hat mich kalt erwischt. Ich kannte ihn bisher nicht, obwohl er schon 2018 erschienen ist. Ein Spielfilm-Highlight, wie im ZDF derzeit beworben, ist „Steig.Nicht.Aus!“ tatsächlich.

Und da war ich, zugegeben, voreingenommen. Weil es mir wirklich schwergefallen ist, dem Autor und Regisseur Alvart seine unsäglichen Till-Schweiger-Tatorte zu vergeben. Das wog für mich doppelt schwer, weil er zuvor bei Borowski in Kiel wirklich vorzügliche Arbeit geleistet hat. Gekränkte Liebe. Nix ist wohl schlimmer.

Seine Serie „Sløborn“, habe ich mir angesehen. Aus Neugierde. Denn wenn ARD oder ZDF in Serien einsteigen, die auch gezielt international vermarktet werden sollen, dann bedeutet das immer auch, dass die „Production-Values“ dort – in der Regel – höher sind, als in der Serienware aus eigener Fabrik. Und das war dem nordfriesisch/polnischem Drama durchaus anzusehen.

Wäre das Buch zur Serie nur etwas origineller gewesen, als dieser krude Mix aus „Contagion“, „Herr der Fliegen“, „The Walking Dead“ und jedem beliebigen und billigen Verschwörungsthriller, der ihnen und mir gerade nicht einfallen will, wäre das vielleicht ein Hit gewesen. Vielleicht wäre auch nur eine Staffel (die Erste) genug gewesen? Wir wissen es nicht.

Das kann Alvart aber: Kulissen, die teuer aussehen, auch so explodieren zu lassen.

Was mir aus „Sløborn“ in Erinnerung blieb, das war die junge Emily Kusche. In dem Alter schon eine ganze Serie tragen zu müssen, das ist eine große Aufgabe und eine große Chance für eine junge Schauspielerin. Und sie hat sich dieser Aufgabe in wirklich beeindruckender Weise gestellt! Ihr Serienvater Möhring allerdings… mehr als eine Randfigur blieb ihm dort nicht. Also eher eine Rolle zum Vergessen für den Tatort-Kommissar, der mir in „Hamburch“ so sehr ans Herz gewachsen ist.

Nachdem ich dann erst gestern „Steig.Nicht.Aus!“ gesehen habe, ist mir natürlich auch final klargeworden, aus welchem Hut Alvart die Besetzung Möhring (Vater) und Kusche (Tochter) für „Sløborn“ gezogen hat. Und das war für den Film, zwei Jahre vorher, schon ein wirklich sehr guter Griff.

Schauspielerisch war es der Schlüssel, das Rezept oder das Geheimnis, warum mich dieser Thriller so gefesselt hat. Denn diese beiden Protagonist*innen spielen das Drama auf absoluter Augenhöhe. Bei 35 Jahren Altersunterschied und einer entsprechend dramatisch unterschiedlichen Erfahrung im Beruf… Respekt!

Besonders originell fand ich das Buch von Alvart auch dieses Mal nicht. Das haben wir alles woanders schon oft gesehen. Mir ist da spontan etwa „Phone Booth“ von Joel Schumacher, 2002, eingefallen. Oder, natürlich, „Speed“ von Jan de Bont, 1994. Tatsächlich hat Alvart hier aber einen spanischen Film adaptiert. Von „El desconocido“ des Regisseurs Dani de la Torre habe ich allerdings zuvor auch noch nie etwas gehört oder gar gesehen.

Es ballert und explodiert in Berlin. Das kann mensch mögen. Ich mag das. Ich mag auch, wie ein SUV der Mercedes-Benz M-Klasse fachgerecht zerlegt wird, nachdem diese selbiges mit gefühlt der halben Stadt erledigt hat. (Gleichzeitig frage ich mich, wie viel der Autobauer wohl zum Filmbudget beigetragen haben mag – und ob etwa eine Einblendung „Dauerwerbesendung“ angemessen gewesen wäre.) Aber egal. Denn der „Schauwert“ dieser Produktion ist für deutsche Verhältnisse überragend.

Über den Cast habe ich schon geschrieben. Da muss ich beklagen dass wir von Christiane Paul und Fahri Yardım leider viel zu wenig zu sehen bekommen. Und das, wo ich beiden in der Regel so gerne bei der Ausübung ihres Berufes zusehe. Wenn ich mir, bei der Vergangenheit des Regisseurs naheliegend, aber vorstelle, statt Möhring und Kusche hätten etwa Schweiger und Schweiger hier Vater und Tochter gegeben… Das wäre ein ganz anderer Film geworden. Denn gerade das Understatement von Wotan Wilke Möhring rettet „Steig.Nicht.Aus!“ vor dem totalen Klischee.

Da hat Christian Alvart einfach mal wirklich alles richtig gemacht!

Popcornkino eben. Sie müssen das mögen.

Grandios!



Thriller, Deutschland, 2018, FSK: 12, Regie & Drehbuch: Christian Alvart, Produktion: Christian Alvart, Timm Oberwelland, Sigi Kamml, Musik: Christoph Schauer, Kamera: Christoph Krauss, Schnitt: Marc Hofmeister, Theo Strittmatter, Mit: Wotan Wilke Möhring, Hannah Herzsprung, Christiane Paul, Emily Kusche, Carlo Thoma, Fahri Yardım, Mavie Hörbiger, Aleksandar Jovanovic, Marc Hosemann, Klaus Zmorek, Nora Huetz, Paul Lux


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert