Wir haben alle unsere Methoden, mit dem Geschehen in der Welt und des Lebens umzugehen. Für einige sind es Drogen verschiedenster Art und Sorte, für andere ist es Sport. Meditation soll auch helfen, mehr Sex oder eine Social-Media-Diät, um die Wirklichkeit für eine Weile auszublenden. Ich nenne das „präventiven Eskapismus“. Mir helfen mein Blog und Filme wie dieser.
Denn Geschichten wie diese hier, sind viel eigentlich zu schön und irgendwie auch verstörend zugleich, um wirklich wahr zu sein. Und doch, steht das „Palais idéal“ schon seit über hundert Jahren in Hauterives, einer kleinen Gemeinde mit nur 1.895 Einwohner:innen, auf halbem Weg zwischen Lyon und Grenoble, am Rande der französischen Alpen.
Steht man im südfranzösischen Örtchen Hauterives vor Chevals Palais idéal, wird klar: Es muss ein enormer Traum gewesen sein. Wie enorm, ist sogar ziemlich genau zu beziffern: 3500 Säcke Kalkstaub schwer. 1000 Kubikmeter Gestein groß. Und 33 Baujahre lang.
„Der Palast des Postboten“, Danny Kringiel, Der Spiegel, 16.03.2017
Die Geschichte des wahrhaftig fantastischen Gebäudes, welches auch die Geschichte von Ferdinand Cheval, seines Erbauers, eines Postboten und dessen Lebens ist, hat sich Nils Tavernier also nicht ausgedacht, sondern als kulturelles Erbe vorgefunden. Doch selbst wenn sie nicht wahr gewesen wäre, und wenn er sie komplett herbeifantasiert hätte, wäre sein Film noch immer die gleiche fantastische Erzählung, die ich unbedingt hätte glauben wollen. Weil sie so schön ist.
Für mich war der Film inspirierend und bewegend. Eine temporäre Fluchtmöglichkeit, aus dem Leben, wie es nur das Kino sein kann, das direkt mit meinem Herzen spricht. Ich musste ihn, sofort und auf der Stelle, lebenslänglich lieben.
Für mich war er, wie vorher vielleicht nur „Cinema Paradiso“ (1988) von Giuseppe Tornatore, dreißig Jahre zuvor, ein Film, den ich dafür zutiefst bewundere. Denn derartig emotional lasse ich Kino nur wirklich selten an mich heran. Doch weil ich heute darüber schreiben kann, kann ich das tatsächlich (fast) erneut erleben. Was für ein Geschenk ein solcher Film doch sein kann!
Es sind nur etwas mehr als eineinhalb Stunden, die wir zu investieren haben, um unser Leben um so viel besser (auch erträglicher) zu machen. Wenigstens für eine Weile. Und dann haben wir das Geschenk der Erinnerung. Das stärkt die Abwehrkräfte. Kino ist auch Selfcare… denn es funktioniert tatsächlich.
Unsere seelische Gesundheit wird es uns danken!
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 21.01.2025.
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Biografisches Drama, Frankreich, 2018, FSK: ab 0, Regie: Nils Tavernier, Drehbuch: Laurent Bertoni, Fanny Desmares, Nils Tavernier, Produktion: Alexandra Fechner, Musik: Baptiste Colleu, Pierre Colleu, Kamera: Vincent Gallot, Mit: Jacques Gamblin, Laetitia Casta, Bernard Le Coq, Natacha Lindinger, Florence Thomassin
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