Die Kritik hat mit diesem Meisterwerk der Phantasie damals nicht viel anfangen können. Doch das hat niemanden von uns davon abgehalten, diesen Film lebenslänglich zu lieben. Und jede:r von uns hat eine andere Geschichte darüber. Für mich ist er vermutlich eines der größten Geschenke, das ARTE mir machen konnte. Und bei 12 Monaten (!) Verfügbarkeit in der Mediathek gibt es einfach keine Ausreden, die Abrufzahlen nicht so absurd hochzutreiben, wie der kleine, feine Kultsender sie noch nie zuvor gesehen hat! Dafür brauche ich aber ihre Hilfe!
Natürlich besitze ich den Film auf DVD. Sogar mehrfach. Einfach weil er mich immer getriggert hat, wenn er irgendwo in der Grabbelkiste lag. Diese DVDs zu verschenken war fast immer auch eine schöne Idee, die andere Menschen glücklich machen konnte… und wenn nicht, dann war das wenigstens ein Moment der Wahrheit…
Denn wenn sie ihn so sehr liebten, wie ich, dann war es fast immer der Beginn einer lebenslänglichen wunderbaren Freundschaft. Und wenn sie ihn noch gar nicht kannten, dann haben sie mich ebenfalls sehr glücklich gemacht, weil ich es sein durfte, der dieses Meisterwerk und meine Liebe weiter verbreiten konnte. Eine große, eine ehrenvolle Tat, wie ich finde.
Zu nachtschlafender Zeit fallen sechs wundersame Wesen durch ein Zeitloch direkt ins Schlafzimmer des elfjährigen Kevin. Der Junge beschließt, mit ihnen auf eine abenteuerliche Reise durch die Zeit zu gehen. – Der Abenteuerfilm (1981), aus der Feder der „Monty Python“-Mitbegründer Terry Gilliam und Michael Palin, nimmt mit in eine Fantasiewelt so schön wie ein Kindertraum.
ARTE Programmtext
Dass es sich bei Terry Gilliam und Michael Palin um Genies gehandelt hat, war nach Monty Python natürlich lange schon kein Geheimnis mehr. Dass sie aber nach „Das Leben des Brian“ (1979) mit einem so, geradezu absurd phantasievollen Film zurückkommen würden, der eigentlich rein gar nichts mit dem Stil der britischen Comedy-Truppe gemeinsam hatte, konnten wir eigentlich nicht ahnen.
Ich schreibe hier fortlaufend von „wir“, obwohl ich natürlich über mich selbst schreibe. Ich hoffe über den stilistischen Umweg nur auszudrücken, wie sehr ich von Gilliams Fantastik überrollt wurde, wie sehr ich die Geschichte mit Kevin und seinen Gefährten selbst erleben wollte, wie sehr sie mir das zuerst in das Hirn und dann in mein Herz gefahren ist (oder war es andersherum?). Und wie sehr ich hoffe, ich möge nicht der einzige sein, dem es so ergangen ist.
Ich war damals 16 Jahre alt. Der Film war freigegeben ab 6. Das kann ich einerseits nachvollziehen, andererseits ist es alles andere als ein Kinderfilm. Schon weil die Reise durch die Epochen der Weltgeschichte für Kinder ein einziger bunter Abenteuertrip gewesen wäre, sie aber die Figuren unmöglich erkennen würden. Bei einem 11-jährigen Jungen (oder Mädchen) wie Kevin allerdings, gab es damals noch Bücher im Regal des Kinderzimmers, voll mit tollen Geschichten über große Männer und Frauen der Welt- und Literaturgeschichte.
Daran merken wir, wie alt der Film schon ist. Denn wo gibt es heute noch Kinder, die solche Bücher lesen? Wo sind die Eltern, die sie ihnen vorlesen oder kaufen? Oder zusammen mit ihnen in die Stadtbibliothek gehen, um sie gemeinsam anzusehen und auszuleihen? Wenn Sie zu diesen gehören, dann haben Sie all meine Liebe und meinen Respekt!
Das klang jetzt vermutlich wie ein kulturpessimistischer Rant eines alten Mannes. Das war es durchaus. Doch gemeint ist es als Appell an Sie alle da draußen. Schenken Sie ihren Kindern, Enkel:innen, Nichten und Neffen die Zeit, das Lesen lieben zu lernen. Erschließen Sie ihnen das größte Geschenk, das in all diesen Büchern steckt. Verschenken Sie ihre Phantasie!
Und, wenn ihr Junge oder Mädchen ungefähr im richtigen Alter sind, dann lassen Sie die ruhig mal länger aufbleiben und schauen Sie sich gemeinsam mit ihnen diesen Film an.
Es ist das geilste überhaupt, sich Geschichten ausdenken zu können, wie Palin und Gilliam sie für uns verfilmt haben. Das bleibt bis ins (hohe) Alter!
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 01.05.2025.
Abenteuerfilm, UK, 1981, FSK: ab 6, Regie: Terry Gilliam, Produktion: Terry Gilliam, George Harrison, Denis O’Brien, Musik: Mike Moran, Kamera: Peter Biziou, Schnitt: Julian Doyle, Mit: Craig Warnock, David Rappaport, Jack Purvis, Kenny Baker, Malcolm Dixon, Mike Edmonds, Tiny Ross, David Warner, Ian Holm, John Cleese, Sean Connery, Shelley Duvall, Michael Palin, Peter Vaughan, Katherine Helmond, Ralph Richardson, David Daker, Sheila Fearn, Jim Broadbent, Fediverse: @filmeundserien
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