Frau Berger, Herr Wenders

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– Töchter und Söhne des deutschen Kinos –

Während die vergangene Woche für mich eher dünn war, was sehenswerten „Stoff“ in den Mediatheken betrifft, hat die letzte Nacht einiges wieder gut gemacht – und das mit dem vielleicht größten Sohn des deutschen Kinos, Wim Wenders und einer der unzweifelhaft größten Töchter, dem legitimen Weltstar Senta Berger. Für die sich, in ihren lange Karrieren leider noch nie eine Gelegenheit zur Zusammenarbeit ergeben hat.

– Frau Böhm sagt nein (2009) –

Schon 12 Jahre hat der Film von Connie Walther (Buch: Dorothee Schön) auf der Uhr. Und doch bleibt diese TV Produktion ein Leuchtturm für großartiges Fernsehen. Ein Wirtschaftskrimi, der ganz vom Buch und vorzüglichen Schauspielerinnen (Lavina Wilson, Johanna Gastdorf, Anna Grisebach) getragen wird. Keine Action, schneller Schnitt, spektakuläre Kamera, keine die Spannung stimulierende Filmmusik.

Hier geht’s nur um den Kapitalismus, um Moral und das Gesetz. Statt der nachgezeichneten Geschichte der Übernahme von Mannesmann (Hewaro AG) durch Vodafone (Redwater), würde das Buch nur wenige Änderungen benötigen, um auch zu den Geschichten um Wirecard, VW, Opel oder Thyssen/Krupp kompatibel zu sein.

Es braucht oft nur eine:n die Omerta der Anzugträger zu brechen. Mut, Charakter und Moral. Das kann Frau Berger hier sprichwörtlich „darstellen“, wie kaum eine andere.

Und selbst wenn sie den Film schon gesehen haben: unbedingt auf Wiedervorlage legen!

„Frau Böhm sagt nein“ – verfügbar in der ARD Mediathek bis zum 25.12.2021


– Wim Wenders – Desperado (2020) –

Der Filmemacher aus Düsseldorf, Oberhausen, New York, Los Angeles und Berlin ist vermutlich der größte lebende deutsche Bildkünstler. Ein Glücksfall, dass er die Kamera dem Malen auf der Leinwand vorgezogen hat. Oder ein biographischer Zufall.

In jedem Fall sehenswert ist deshalb der Dokumentarfilm „Wim Wenders, Desperado“ von Eric Friedler („Das Schweigen der Quandts“, „It Must Schwing! – The Blue Note Story“) und Andreas Frege (Die Toten Hosen) aus dem Jahr 2020, in dem das Leben und Werk Wenders von Zeitgenoss:innen und Kollaborateur:innen sowie unter ehrheblicher Mitarbeit des Meisters selbst sortiert und nachvollzogen wird. Einzig die Reihenfolge scheint dem Film durcheinandergeraten. War doch der Konflikt Wenders mit Francis Ford Coppola nicht das Ende, sondern eine dramatische Zäsur noch zu Beginn der langen Entwicklung die der Regisseur seitdem durchschritten hat.

Selbst wenn sie von Wenders in den letzten 40 Jahren nur wenig berührt wurden, geben sie diesem autobiographischen Dokumentarfilm eine Chance. Auch weil er als Werk in seinem ganz eigenen Recht einfach wirklich sehr, sehr gut ist!

Mit: Francis Ford Coppola, Werner Herzog, Willem Dafoe, Patti Smith, Andie MacDowell, Patrick Bauchau, Ed Lachman, Tom Farrell, Judy Shrewsbury, Jean-Paul Mugel, Agnès Godard, Rüdiger Vogler, Hanns Zischler, Ry Cooder, Amanda Plummer, Dagmar Forelle, Erika Pluhar, Andreas Frege, Donata Wenders, Hark Bohm und Bruno Ganz.

„Desperado“ – in der ARD Mediathek verfügbar nur bis zum 25.09.2021

Eine wirklich Katastrophe ist es, den anderen, derzeit verfügbaren Filmen von Wim Wenders in der ARD Mediathek auf die Spur zu kommen. Und das belegt leider auch die ganze funktionale Unfähigkeit der ARD. Weil die Filme weder verschlagwortet (ein großes Problem auch im Beueler-Extradienst), noch mit wenigstens elementaren filmographischen Angaben versehen sind, ist die Suchfunktion der Mediathek vollkommen unbrauchbar. Jeder Sender scheint – wenn überhaupt – seinen eigenen Prinzipien zu folgen. Und das ergibt in der Summe seiner Teile leider weder für das Werk noch das Publikum akzeptable Ergebnisse. Deshalb sind die folgenden Links auch ohne Gewähr auf Vollständigkeit:

Der erste „Langfilm“ Wenders und sein Abschlussfilm an der Hochschule für Film & Fernsehen München. „Dedicated to The Kinks“. Selten zu sehen!

„Summer in the City“ – in der ARD Mediathek verfügbar bis zum 19.10.2021

Unter gar keinen Umständen verpassen sollten sie auch diese kongeniale Zusammenarbeit von Wim Wenders & Ry Cooder! Wenn sie vor 20 Jahren irgendwo auf einer Party oder auch nur in irgend einer alternativen Kneipe waren, dann kennen sie den Soundtrack bereits in- und auswendig. Und nun sagen sie mir: Wieviele andere „Dokumentarfilme“ kennen sie, die das geschafft haben? Ein Denkmal für Ibrahim Ferrer und die große musikalische Kultur Kubas.

„Buena Vista Social Club“ – in der ARD Mediathek verfügbar bis zum 25.09.2021

Und wenn sie noch nie in Lissabon waren, dann wollen sie spätestens nach diesem Film unbedingt dort hin. Natürlich auch wieder ein Film über das Filmemachen. (Meine ewige Lieblingsszene ist die an Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte“ oder Spielbergs „Jäger des verlorenen Schatzes“ erinnernde Verfolgungsjagt einer Straßenbahn in den engen Gassen der Altstadt…) Unglaublich schön!

„Lisbon Story“ – in der ARD Mediathek verfügbar bis zum 21.09.2021


Und…: – Kundschafter des Friedens (2016) –

Angesichts der jüngsten Ereignisse in Afghanistan mag dieser Film von Robert Thalheim im TV Programm etwas deplaziert erscheinen. Angesichts der überragenden Leistungen aller Beteiligten sollte er dagegen längst einen Stammplatz in den Mediatheken bekommen! Martin hat dazu vor rund einem Jahr schon alles geschrieben

Davon muß er wirklich nichts zurücknehmen!

Mit Henry Hübchen, Antje Traue, Michael Gwisdek, Jürgen Prochnow, Thomas Thieme und Winfried Glatzeder.

„Kundschafter des Friedens“ – in der Mediathek bei 3Sat wieder verfügbar bis zum 26.09.2021


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5 Antworten

  1. Herr Bert

    Irgendwie ist das doch Kino für alte Menschen. Stirbt bald aus. Genau wie das öff-rechtliche System. Oder Blogs.

    1. Na, wenn sie so sehr zu den Pessimisten gehören, dann hab ich hier auch etwas für sie: https://extradienst.net/2021/09/04/mediathekperlen-mein-begraebnis-lothar/ 😉

  2. Frau Ke 🙂

    Solange ich noch Freude am Leben habe, freue ich mich über die intelligenten Mediathek Beiträge in diesem Blog. Den AutorInnen sei dafür herzlich gedankt!

    1. Liebe Frau Ke, für solches Feedback haben wir zu danken! Wobei das mit der „Intelligenz“ wohl eher was mit Glück zu tun hat, dann und wann mal ihren Geschmack zu treffen. Oder? 😉

      Jedenfalls freue ich mich über jedes Feedback. Und ihres ist so schön, das freue ich mich noch viel mehr! Dafür mach‘ ich das!

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