Etwas, das dem amerikanischen Kino einfach eigen ist, ist seine Fähigkeit den Journalismus zu feiern. Robert Redford hat bereits 1976 einen Prototypen des Genres dargestellt: Den investigativen Journalisten der quasi im Alleingang einen amtierenden Präsidenten zu Fall gebracht hat. Damals war Dustin Hoffman sein Partner. Fast 40 Jahre später, hat er für diesen Film die Rolle quasi wieder aufgenommen.
Bob Woodward und Dan Rather sind Legenden ihrer Profession. Beiden gemeinsam ist es, dass ihre Karrieren durch die Watergate-Affaire nahezu überlebensgroß wurden. Für den einen als Journalist der Washington Post und Bestsellerautor, für den anderen, damals Korrespondent im Weißen Haus, als später am längsten amtierender Anchorman der CBS Evening News, der traditionsreichsten Nachrichtensendung im US-Fernsehen. Idole mit einer gemeinsamen Geschichte.
„Der Moment der Wahrheit“ (2015) ist, wie auch „Die Unbestechlichen“ (1976) von Alan J. Pakula, ein Film nach einer wahren Geschichte. Doch dort wo Richard Nixon nach den Recherchen von Woodward & Bernstein zurücktreten musste, geriet die Recherche von Mary Mapes (Kate Blanchett) und Dan Rather (Robert Redford) zum veritablen Fake-News Skandal. Und einem hat der Skandal gewiss genutzt: George W. Bush wurde zum zweiten Male zum Präsidenten der USA gewählt.
Vielleicht war das auch ein Grund dafür, dass der Film von James Vanderbilt zur Box-Office-Bombe wurde. Für mich hatte er das nicht verdient. Doch die Geschichte wird eben von den Gewinnern (meistens Männer) geschrieben. Und das dem Film zu Grunde liegende Buch der Mary Mapes – der tatsächlichen Protagonistin dieses Films – wurde am Ende zu einer Randgeschichte von Bushs zweiter Präsidentschaft – und so zu einem Triumph seines Stabschefs „From Hell“ Karl Rove – welcher an der Beerdigung der Fakten elementar beteiligt gewesen sein soll.
„Will man das im Kino sehen? Lieber nicht. Es sei denn, der Präsident, um den es geht, hieße George W. Bush, und der Fall trüge sich mitten im amerikanischen Wahlkampf von 2004 zu, gerade in dem Augenblick, in dem der Amtsinhaber und sein demokratischer Herausforderer, der Vietnam-Kriegs-Veteran John Kerry, in den Meinungsumfragen Kopf an Kopf lagen. Es sei denn, es ginge dabei um mehr als um ein paar Fax-Ausdrucke von Akten, die vielleicht gefälscht und vielleicht echt sind, und einen Präsidenten, der womöglich ein Drückeberger und Feigling war oder auch einfach nur faul und von den richtigen Leuten protegiert. Es sei denn, die Heldin der Geschichte, die Redakteurin der CBS-Sendung „60 Minutes“, würde von Cate Blanchett gespielt.“
(Andreas Kilb, FAZ, 01.06.2016)
Der Kritiker der FAZ trifft es auf den Punkt. Denn es ist Blanchett, die nicht nur die Geschichte, sondern den ganzen Film trägt. In einem Cast, der neben Redford auch Topher Grace, Dennis Quaid, Elisabeth Moss und Stacy Keach aufbietet, ist sie der Star. Grace überrascht mit einem wirklich überragenden Solo, alleine Quaid leidet etwas unter seiner (mir) ungewohnten deutschen Synchronstimme.
Dafür, diesen Könner*innen ihres Faches zusehen zu dürfen, allemal, lohnt sich der Film sehr. Schließlich liebe ich das Genre.
Nachdenkenswert ist hier aber auch, dass der Verlauf der (wahren) Geschichte einmal mehr auch ein Spiegel der seit Watergate dramatisch veränderten Zeiten ist. Wo damals der Journalismus noch als Sieger über das (korrupt-kriminelle) System nach Hause ging – um für seine Protagonisten ewigen Ruhm zu ernten, da werden hier selbst die verdientesten Journalist:innen von ihrem Konzern wie räudige Hunde vom Hof gejagt.
Über diese 4.Gewalt weiter reden zu wollen wäre an diesem Beispiel nicht mehr wirklich ermutigend… ein Grund zum Feiern der Zunft ist der Film nicht wirklich. Eher ernüchternd.
Courage.
Spielfilm, USA, 2015
FSK: 0
Regie: James Vanderbilt
Drehbuch: James Vanderbilt
Produktion: James Vanderbilt, Bradley J. Fischer, Doug Mankoff, Brett Ratner, William Sherak, Andrew Spaulding
Musik: Brian Tyler
Kamera: Mandy Walker
Schnitt: Richard Francis-Bruce
Mit: Cate Blanchett, Robert Redford, Topher Grace, Dennis Quaid, Elisabeth Moss, Bruce Greenwood, Stacy Keach, John Benjamin Hickey, David Lyons, Dermot Mulroney, Rachael Blake, Andrew McFarlane
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