Humor haben sie ja beim SWR. Stellen sie doch schon Mitte März einen Film in ihre Mediathek, der nicht nur ein ultimatives Roadmovie ist, sondern auch ein ultimativer Sommerfilm – und ein überaus würdiger Nachfolger von Fatih Akins „Tschick“. Welcher wiederum eines der schönsten Roadmovies und Sommerfilme aller Zeiten für mich ist. Aufmerksame Leser:innen wissen, wie sehr ich den Film verehre.
Ich schreibe das den Frühlingsgefühlen zu, die in den letzten Wochen ja durchaus auch mal die Natur durcheinander gebracht haben. Vielleicht sind die Kolleg:innen in der Spielfilmredaktion auch nur ehrliche Optimist:innen und freuen sich auf den Sommer. Ich gehe da mit! Denn an dieser Stelle über die Klimakatastrophe nachzudenken, würde mir die Freude an diesem wunderbaren Film verderben. Da bin ich einfach mal für das bisschen TV-Eskapismus dankbar.
Mensch darf ja im Kino auch einfach mal bekloppten Spaß haben: An einer verrückten (Liebes-) Geschichte, an großartigen (jungen) Darsteller:innen und an einem der ultimativ unwahrscheinlichsten Fluchtfahrzeuge der Filmgeschichte. Kein alter Lada, kein 25 km/h Mofa, sondern eine 11 PS APE. Ein Fahrzeug, das bis heute einen signifikanten Anteil der lokalen Logistik italienischer Altstädte auf seinen schmalen Rädern schultert – und das nur zu fahren eigentlich schon selbst ein großes Abenteuer ist.
„Für mich war von Anfang an klar, dass sich Flake, Kim und Daniel in so einer Komödie wie unserer nicht in einem Ford Mustang auf den Weg machen können. Unser Film ist zwar ein Roadmovie, aber er spielt zwischen Stuttgart und Bregenz. Da gibt es gar nicht diese endlosen Strecken, die in einem klassischen Hollywood-Roadmovie zurückgelegt werden, und das muss sich meiner Meinung nach auch in dem Gefährt widerspiegeln. Davon abgesehen finde ich es aus dramaturgischer Sicht spannend, dass dieses langsame, dreirädrige Auto bereits ein Hindernis an sich darstellt.“
Ich weiß nicht, was für Autor Marc Schlegel am Anfang der Geschichte stand, als er sie sich ausgedacht hat. Ob es die Teenager-Liebesgeschichte, die Drogenmafiastory, der Kaninchenzüchter-Nazi-Prepper, oder die unwahrscheinliche APE war, kann ich nur vermuten. Ich tendiere zu der Annahme, dass es das „Auto“ war. Wichtig ist das aber nicht. Denn wichtig für ein Roadmovie ist allein die Reise, nicht das Gefährt.
Die drei Kids, die hier ins Leben unterwegs sind, stehen für uns alle. Wir alle waren mal 18 und hatten keinen Plan. Jedenfalls keinen, der bis zum Ende durchdacht und in seinen Konsequenzen abgewogen war. Das alles haben wir erst gelernt, als wir es versucht haben. Ein Sommer, der nächste Sommer, das war noch ein ganzes Leben.
„Manchmal braucht es erst eine Reise mit einem italienischen Mopedauto durch die Provinz, kaninchenzüchtende Neonazis und einen Rucksack voller Koks, bis man kapiert, dass die Dinge mit der Zeit besser werden. Dass man nicht ewig Jungfrau bleibt. Und dass man kein Außenseiter mehr ist, wenn man sich mit anderen Außenseitern verbündet.“
Flake, Filmzitat
Und obwohl sie hier jetzt „Kids“ gelesen haben, ist das hier absolut ein Film, der so sehr für Erwachsene, wie für Teenager gemacht wurde. Wichtig ist nur, dass wir uns noch vorstellen können, „einfach loszufahren“.
Ich wünsche es uns sehr!
Dieser Beitrag erschien zuerst am 28.01.2024. Permalink: https://nexxtpress.de/b/RJq
Roadmovie, Deutschland, 2022, FSK: 0, Regie: Marc Schlegel, Drehbuch: Marc Schlegel, Roland Hablesreiter, Produktion: Gerrit Klein, Adrian Goiginger, Musik: Alexander Wolf David, Andreas Pfeiffer, Kamera: Mortimer Hochberg, Schnitt: Sebastian Schreiner, Barbara Seidler, Mit: Jakob Schmidt, Emma Floßmann, Daniel Rodic, Simon Böer, Johanna Hens, Annika Ernst, Alexander Schubert, Timur Bartels, Wilson Gonzales Ochsenknecht, Fritz Karl, Marlene Morreis, Fediverse: @filmeundserien@a.gup.pe
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