Wie Kai Pflaume gestern durch Horst Schimanski sabotiert wurde – 75 Jahre „Scheiße“ (2025)

Keine Regel ohne Ausnahme. Das Kommentieren des aktuellen Fernsehprogramms, insbesondere das von Talk- und anderen Shows, überlässt dieser Autor gerne jenen, die dafür bezahlt werden, sich das anzusehen. Lesen muss das dann ja keine:r. Doch, weil er ein empathischer und solidarischer Mensch ist, kann er heute nicht schweigen.

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Ganz und gar nicht HD-restauriert: Götz George im ersten Kino-Tatort / Filmtrailer 1988 / TrailerTracker / YouTube

Jetzt mal ehrlich: Beim WDR haben sie Eier. Die reichen für gleich mehrere Osterfeste. Denn sich zu trauen, die unlustige und überlange Gedenkandacht gestern im „Das Erste“ durch die Wiederholung von gleich zwei HD-restaurierten Tatorten mit Götz George und Eberhard Feik zu sabotieren, dafür muss ein:e WDR-Programmplaner:in sicher am Montag bei Frau Strobl antreten.

Ob sie es in Köln geahnt haben, wie furchtbar die Jubiläumsshow im „Das Erste“ werden würde? Die uninspirierte Aneinanderreihung von Überlebenden, Studiogästen (Patrick Duffy! Lothar Matthäus!) und Videoclips aus dem Archiv, wegmoderiert von Kai Pflaume (Sat1)…

Nur gut, dass George und Feik es nicht mehr erleben mussten. Unvorstellbar, wie sie auf das Szenario reagiert hätten. Denn dass ausgerechnet die Quotenstars unter den Tatort-Kommissar:innen an einem Tisch sitzend Platz nehmen mussten, während der ungefähr zwei Meter große Moderator sie (hinter ihnen) stehend interviewt, war ganz speziell unwürdig, versinnbildlichte aber die Idee der Show. Es war eine Zirkusnummer und die Gäste wurden wie Ausstellungsstücke im Kuriositätenkabinett vorgeführt. Eine:r nach dem/der anderen. Mit echtem Interesse, oder der Würdigung ihres Beitrags zu 75 Jahren ARD, hatte es eigentlich rein gar nichts zu tun.

Hans Joachim Kuhlenkampf würde im Grabe rotieren, wenn er wüsste, was aus der Idee der großen NDR-Samstagabendshow in der ARD geworden ist… Seine Redaktion wäre am nächsten Tag gefeuert worden, hätte sie so eine Produktion abgeliefert.

„Scheiße!“

Filmzitat: Götz George als Horst Schimanski, „Der Fall Schimanski“, WDR, 1991

Nur gut, dass sie es bei WDR mit der eigenen Geschichte, seit einigen Jahren schon, etwas ernster nehmen. Denn die Schätze aus dem eigenen Programm-Archiv elektronisch für das HD-Fernsehen zu restaurieren, bewahrt diese Programmperlen nicht nur, sondern macht sie auch für ein Publikum verfügbar, welches zu ihrer Erstausstrahlung noch gar nicht geboren war.

Auch wenn in 25 Jahren das Jubiläum von „100 Jahre ARD“ hinter uns liegen wird (nach gestern habe ich meine Zweifel, das noch zu erleben – und das nicht, weil ich etwa vorher das Zeitliche gesegnet haben werde), werden gerade „Schimmi & Thanner“ noch Auskunft darüber geben können, was für ein Land dieses Deutschland mal gewesen ist. Und was für ein innovativer Sender „Das Erste“ mal war.

Die Revanche des ARD-Mutterschiffs auf die Samstagabendshowsabotage aus den eigenen Reihen erfolgte anscheinend umgehend. Weil ausgerechnet zwei der spektakulärsten Tatort-Folgen ever, gestern ab 20:15 Uhr im III. auf Schimanskis Haussender, dem WDR aus Köln gelaufen sind, sehen wir heute in der ARD-Mediathek, wenn wir in der Tatort-Rubrik auf „Schimanski und Thanner“ klicken, genau das:

Screenshot der ARD-Mediathek am 06.04.2025 um 09:11 Uhr / NexxtPress

Sie sehen: Nichts!

Als erfahrende Nutzer:innen dieses Streamingportals wissen Sie natürlich, dass es gerade bei der ARD immer mehrere Wege an ein Ziel zu kommen gibt. Und dafür müssen Sie nicht mal auf externe Software zugreifen. Wenn Sie diesen Link benutzen, erreichen Sie die Schatzkammer auf direktem Weg:

Und zur Beweisführung, die Aufzeichnung der ARD-Jubiläumsshow vom 05.04.2025. Sie sehen das auf eigenen Wunsch und auf eigene Gefahr dabei 3 Stunden und 20 Minuten ihrer Lebenszeit zu verlieren. Eine Rückerstattung derselben ist ausgeschlossen:

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 06.04.2025. Permalink: https://nexxtpress.de/b/cYc


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  1. Avatar von Christian Pietsch

    @mediathekperlen Ich hatte gleich weggeschaltet, als ich die Pflaume sah. Geriet in den WDR und war dann sehr beeindruckt, sage und schreibe sieben restaurierte Schimanskis (in je drei Fassungen) in der Mediathek zu finden: https://mediathekviewweb.de/#query=schimanski%20restauriert

    Wie du weißt, bin ich kein Tatort-Fan, aber in diesen Schimmi-Filmen steckt so viel Herzblut, Lokal- und Zeitkolorit, dass ich sie doch sehr sehenswert finde. Vielleicht auch, weil z.B. die patzige Stimme von Anja Jaenicke in Das Mädchen auf der Treppe (1982) eine Kindheitserinnerung ist.

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    1. Avatar von Mediathekperlen

      Oh, Christian, ich glaube, ich verstehe sehr gut, dass du kein Tatort_Fan bist. Ich schaue da auch nur sehr selektiv. Schimmi war einer, der mich immer interessiert hat. Auch weil es eben eine ziemlich authentische Ruhrgebietsnummer war, die der WDR sich da ausgedacht hat. Anders als sein Vorgänger Haferkamp, für den (ausgerechnet) Hajo Gies sogar eine Folge an meiner Schule in Essen gedreht hat. Der Vorgänger von Haferkamp beim WDR, „Zolloberinspektor Kressin“ wiederum war auch eine richtig coole Figur. Über Faber in Dortmund müssen wir nicht reden… den liebe ich ganz wie Schimmi. Aber die Clowns in Münster waren wirklich auch schon lustiger – ich schalte aber trotzdem immer wieder ein. Und der WDR müsste mit dem Klammerbeutel gepudert werden, wollte er diese Quotengiganten absetzten. Eigentlich sind sie aber reif für die Rente.

      Für mich ist das alles, soweit es vom WDR kommt, in erster Linie #Heimatfernsehen und dann erst Krimi. Es wird eigentlich höchste Zeit, für den nächsten Innovationssprung in der Reihe. Sonst läuft sich das einfach tot und keine:n stört es mehr…

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    2. Avatar von Christian Pietsch

      Was ich noch sagen wollte: Im Juni werden die Schimmis depubliziert, also denkt daran, eine #Privatkopie zu ziehen! Wahrscheinlich kommen sie mal wieder in die Mediathek, aber sicher ist das nicht. Die BBC hat mal ihr Archiv in einem Feuer verloren. In den USA werden ganze Ministerien ausgeknipst, und die Daten werden gelöscht. Am Ende bleibt manchmal nur, was Privatleute wie @SafeguardingResearch und @ArchiveTeam gerettet haben. Und die BBC hat ihr Archiv aus privaten Mitschnitten teilweise rekonstruiert.

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    3. Avatar von Mediathekperlen

      Sehr berechtigter Hinweis. Ich habe mir dafür allerdings ein Limit gesetzt: 10 Terabyte sind wirklich genug! #Mediathekmessie 🤣

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    4. Avatar von Wikinaut

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    5. Avatar von Mediathekperlen

      Transparenzhinweis: Ich hab’s korrigiert. 😅 👍

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    6. Avatar von Aki Moranaga

      @mediathekperlen He! Erdbisse sind eine völlig zu Unrecht diskriminierte Maßeinheit! ☝️

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  2. Avatar von qwertzalotl

    @mediathekperlen

    Haha, ja, das trifft es ganz gut. Diese Jubelnummer war echt nicht zum Aushalten. Ganz kurzweilig hingegen war die kleine Show, in der Bastian Pastewka, Annette Frier, Thorsten Sträter und Carolin Kebekus Sendungsschnipsel ( da waren ein paar Raritäten dabei) zeitlich richtig einordnen mussten. Das kam natürlich (wie immer im Ersten erst nach dem Wort zum Sonntag). Fazit: Die müssen ihre Zuschauer hassen, anders kann ich mir das nicht erklären!

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    1. Avatar von rhrwllnrtr :mastodon:

      @qwertzalotl @mediathekperlen Puh… "Hass" ist ein schlimmes Wort. Ich glaube, denen ist ihr Publikum einfach komplett egal.

      Wenn wir eine mittelintelligente #KI mit dem kompletten ARD-Archiv gefüttert hätten, wäre die Show, die dabei herausgekommen wäre, vermutlich besser geworden.

      Ich radikalisiere mich bei sowas immer schnell. Vielleicht wäre die Lösung doch, die #ARD einfach abzuschaffen und ihre Sender einfach ihr eigenes Ding machen zu lassen?

      #75JahreARD #Mediathek

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    2. Avatar von qwertzalotl

      @rhrwllnrtr @mediathekperlen

      Ich überspitze ganz gerne 😈 Hinzu kommt, dass ich 16 Jahre in so einer öffentlichen Anstalt (das war nicht wirklich die schönste Zeit meines Lebens) zugebracht und mir den Niedergang auf lokaler Ebene quasi live mitansehen durfte. Muss ich mal ein bisschen drauf rumdenken, auf dem Lösungsansatz…

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    3. Avatar von rhrwllnrtr :mastodon:

      @qwertzalotl @mediathekperlen Die Überspitzung ist nicht unangebracht! Ich hatte in den 80ern mal ein Vorstellungsgespräch im Studio Essen und kannte in Köln auch eine Handvoll richtig guter Leute. Die versuchen sich jetzt alle irgendwie bis zur Rente zu retten, wenn sie überhaupt noch dort (WDR) sind.

      Denk das mal rum. Und dann schreibst du einen Besinnungsaufsatz, mindestens 1000 Worte. Den würde ich sehr gerne lesen! 😎

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    4. Avatar von qwertzalotl

      @rhrwllnrtr @mediathekperlen

      Aye aye,Sir! Ich kannte mal jemand vom Grimme Institut, der war auch extrem desillusioniert. Ich war in Dortmund. Da sind so viele gute Leute vergrault worden, unvorstellbar…

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