Sharon Stone hat sich gut dafür bezahlen lassen, dass Michael Caton-Jones 2005 noch einmal versuchen durfte, was Paul Verhoeven 1992 gelang – ein misogyner erotischer Blockbuster, der zugleich Parodie und Machtdemonstration war. Doch der 2. Versuch wurde ein selbstverliebter Rohrkrepierer und eine gescheiterte Fantasie männlicher Kontrolllust. Es bleibt ein Film über einen Mann, der kontrollieren wollte, was ihn überfordert hat: weibliche Autonomie.
Ganz ehrlich? Dieser Film ist tatsächlich noch mal viel schlechter als sein Blockbuster-Vorbild aus den 90ern. Klar, dass es hier um den Hype ging. Und um das Geld das damit nocheinmal verdient werden sollte. Dieses Mal hat es Catherine Tramell (Sharon Stone) mit Dr. Michael Glass (David Morrissey), einem Psychiater, zu tun. Die Konfrontationslinie ist deutlich: Eine Frau steht unter Mordverdacht, ein Mann soll sie beurteilen. Das ist, als Konstellation, schon zu offensichtlich, um noch als Ironie durchzugehen.
Schön ironisch bleibt allerdings, dass Frau Stone für diesen epischen Flop immerhin dieselbe Gage bekommen haben soll (14 Mio US$, Wired), die im ersten Film, 20 Jahre früher, nur ihr Co-Star bekam, während sie damals noch mit einem „Taschengeld“ (500 T US$) abgespeist wurde. Gute Verhandlungen, offensichtlich. Wenn auch nicht konfliktfrei.
Die Konstruktion des Skriptes, ein klassischer Macht-Frame: Der Mediziner im Dienste der Staatsmacht trifft auf die Femme fatale, die nichts aufklären, aber alles destabilisieren will. Catherine ist smarter, kühler, gefährlicher als alle Männer dieses Filmes zusammen. Nur wirkt das hier nicht wie eine Machtverschiebung, sondern wie die fast exakte Wiederholung des alten Drehbuchs – und zwar, schon wieder, mit aller Erzählmacht bei den Männern.
Und natürlich ist Stones Körper erneut das Spekulationsobjekt im Zentrum der männlichen Paranoia. Doch wo der erste Teil eine fast schon kluge Doppelcodierung schuf – Lust als Kontrolle, Begehren als Bedrohung –, ist der zweite Teil nur noch prätentiös. London statt San Francisco, Therapiesitzungen statt Verhörraum, aber wieder dieselben Spannungsversprechen: Sex, Gewalt, das Spiel mit Wahrheit und Wahnsinn. Nur hat der Film keine Ahnung, wie er das erzählen soll, ohne sich selbst dabei zu blamieren.
Was in „Basic Instinct“ (1992) noch fast als postmoderne Medienkritik durchging, wirkt hier wie eine fahle Wiederholung in noch schlechterem Licht. Der Film feiert sich für seine Amoral, doch alles an ihm schreit nach Rechtfertigung. Jede Szene mit Tramell bettelt um Ambivalenz, aber ist so steif inszeniert, dass jede Geste ins Leere läuft. Morrissey bleibt blass, seine Figur eine leere, psychologische Puppe. Die Gespräche zwischen ihm und Stone sollten wohl psychosexuelle Schlachtfelder sein, doch der Film verwechselt Selbstüberhöhung mit Tiefe. Catherine spielt mit dem Mann, aber das Drehbuch spielt nicht mit. Alles wird erklärt, jede Andeutung nachgeliefert, jede Zweideutigkeit entschärft.
Das Problem ist nicht Sharon Stone. Sie ist präzise, eiskalt, souverän. Ja, ich bin fast verleitet sie „gut“ zu nennen, wenn das denn ginge, in einem so schlechten Film. Jedenfalls tat sie, was sie konnte. Das Problem ist der Film, der sich mit seinem Blick auf weibliche Sexualität selbst in den frühen 2000ern noch an diesen abgeschmackten Noir-Klischees abarbeiten musste. Statt Ambivalenz gab es Pathologisierung. Statt Subversion bloß Staffage. Die sexuelle Macht der Hauptfigur wird nicht ausgestellt, sondern beschworen wie ein Dämon. Die psychologische Sprache dient der Disziplinierung, nicht der Analyse. Und wie nebenbei wird suggeriert, dass jede Frau mit Autonomie eine tickende Zeitbombe sei – in einem Blindgänger von Film.
So wurde „Basic Instinct 2“ zu einer Art hysterischem Denkmal längst vergangener Männlichkeitsfantasien. Der Film ist nicht gefährlich, sondern bestenfalls hilflos. Er will provozieren, aber niemand fühlt sich mehr gemeint. Er will aufregen, aber weiß nicht mehr, wen eigentlich.
Der Film ist tatsächlich so schlecht wie sein Trailer. Wenn Sie den gesehen haben, dann schauen Sie sich den Film garantiert nicht mehr an. Kein Mitleid. Nur Bedauern, wenn doch.
Sorry, @ZDF.
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 10.06.2025.
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Der Film arbeitet mit sexualisierten Gewaltfantasien, medizinisch-psychiatrischer Pathologisierung von Frauen und sexualisierter Objektivierung. Mehrere Szenen enthalten explizite Darstellungen sexueller Übergriffigkeit und patriarchaler Kontrollphantasien. Der Film reproduziert stereotype Darstellungen weiblicher „Gefährlichkeit“ und inszeniert psychische Erkrankungen als Bedrohung.
Psycho-Thriller, Großbritannien, USA, Deutschland, Spanien, 2006, FSK: ab 16, Regie: Michael Caton-Jones, Drehbuch: Leora Barish, Henry Bean, Produktion: Mario Kassar, Andrew G. Vajna, Musik: John Murphy, Kamera: Gyula Pados, Schnitt: Alex Mackie, Mit: Sharon Stone, David Morrissey, Charlotte Rampling, David Thewlis, Hugh Dancy, Anne Caillon, Iain Robertson, Stan Collymore, Kata Dobó, Fediverse: @filmeundserien, @ZDF
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