Brad Pitt – Moneyball (2011)

Die ZDF „Blockbuster“ finden sie hier ja eher selten. Das ist kein Snobismus meinerseits, denn die meisten dieser Filme sehe ich selbst durchaus sehr gerne. Nur denke ich mir immer, dass ich für Filme die „von allen“ gesehen werde, nicht noch werben muss. Weil sie ihr Publikum auch ohne mich finden. Dieser „Blockbuster“ ist deshalb eine Ausnahme. Weil es ein großartiger Sportfilm ist…

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Gute viereinhalb Stunden meines Lebens habe ich investiert um dem Mythos von „America’s favorite Pastime“ auf den Grund zu gehen. Und meine Recherche war ganz sicher keine theoretische oder etwa über einen TV Bildschirm vermittelt, sondern fand am 07. Juli 2008 im PNC Park in Pittsburgh, PE, USA, statt, dem Baseball-Stadion der Pirates. Das Spiel gegen die Huston Astros gewannen die Pirates mit 10:7.

Ganz ehrlich: Verstanden habe ich das Spiel nicht wirklich. Und über die Spielzeit von über 4 Stunden war mir mehr als einmal so langweilig, dass ich die Gänge zum Bier und Hotdog-Stand als willkommene Abwechslung zum Geschehen auf dem Rasen wahrgenommen habe.

Regelrecht aufregend dagegen dieser Film, der tatsächlich schafft mich 2 1/2 Stunden vor dem Bildschirm zu fesseln. Und das, wo er besonders die Art und Weise beschreibt, die ich am (bei weitem, nicht nur dem amerikanischen) Profisport zutiefst verachte. Die Kultur und die Mechanismen des Profisports bringen es mit sich, das in ihm die Sportler:innen nicht mehr als eine Handelsware sind. Und gerade dieser Aspekt wird in diesem Film kein bisschen verleugnet. Da wird gekauft und verkauft, ohne jede Regulierung. Vor der Saison, während der Saison, quasi, so gar während der Spiele. Hire & Fire. Sport als kapitalistisches Börsenspiel.

Naheliegend ist es, deshalb den Manager eines Klubs (Brad Pitt) zur Konstante und zum Helden im Zentrum der Geschichte zu machen. Was ja auch der „wahren Geschichte“ entspricht, auf welcher dieser Film basiert.

Schon in den ersten Szenen wird die grandiose Erzählleistung dieses Films deutlich, der durch Detailtiefe fasziniert, aber dennoch bei seinem Publikum keinerlei Vorkenntnis voraussetzt: Selbst Zuschauer, die noch nie in ihrem Leben mit Baseball in Berührung gekommen sind, werden dank des virtuosen Skripts sofort die dramatische Dimension begreifen, die Beanes Abkehr vom Althergebrachten hat.

(David Kleingers, „Ganz großer Wurf, Brad Pitt!“, Spiegel-Online, 01.02.2012)

Die Obsession der amerikanischen Ligen über die Statistiken ihres Spiels ist beileibe keine neuzeitliche. Und keine Sportart hat dieses wohl tiefer verinnerlicht, als Baseball. Wenn dann 100 Jahre alte Tradition auf die Wunder der Informationstechnologie trifft, dann wirft das tiefe Konflikte auf. Und das, am Ende des Films, überlegene (nicht aber unbedingt siegreiche) Team ist das, welches sich der modernen Technik („Sabermetrics“) bedient, statt an Instinkten, Gefühlen und überlieferten Vorurteilen festzuhalten. Irgendwie kein Zufall, dass dieser Film von den selben Autoren (u.a. Aaron Sorkin) und Produzenten stammt, die schon Zuckerbergs Semi-Biographie in dem Film „The Social Network“ verfilmt haben.

Bis zu „Moneyball“ war Kevin Costners epischer Traum „The Field of Dreams“ (Regie: Phil Alden Robinson) der ultimative Baseball-Film für mich. Denn dort ging es um Romantik, Träume, Gefühle, Sehnsüchte und Helden einer untergegangenen Ära. Tatsächlich hat „Moneyball“ diese Romantik zertrümmert und das Sportfilm-Sujet 2012 endgültig in die Gegenwart transformiert. Sie können es, wie ich, bedauern. Doch letztlich funktioniert eben dieses System inzwischen nicht nur in diesem (amerikanischen) Sport, sondern in ganz ähnlicher Weise durch alle professionellen und kommerziell betriebenen Sportarten weltweit.

Das besondere an dieser „wahren Geschichte“ ist aber, dass ihr Protagonist Billy Beane, tatsächlich viel besser bezahlte Angebote viel finanzstärkerer und deshalb erfolgreicherer Clubs konsequent zurückgewiesen hat. Er arbeitet noch immer für seinen „Heimatverein“ die Oakland Athletics. Und damit ist er vielleicht tatsächlich der letzte „romantische“ Held in diesem durch und durch kapitalistischen System.

Ein großartiger Film!


„Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ – in der ZDF Mediathek bis 20.01.2024

Sport-Drama, USA, 2011
FSK: ab 6
Regie: Bennett Miller
Drehbuch: Steven Zaillian, Aaron Sorkin, Stan Chervin
Produktion: Michael De Luca, Rachael Horovitz, Brad Pitt
Musik: Mychael Danna
Kamera: Wally Pfister
Schnitt: Christopher Tellefsen
Mit: Brad Pitt, Jonah Hill, Philip Seymour Hoffman, Ken Medlock, Robin Wright, Chris Pratt, Stephen Bishop, Casey Bond, Jack McGee, Vyto Ruginis, Brent Jennings, Kerris Dorsey, Nick Porrazzo


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