Dieser britische „Kriegsfilm“ erscheint formell als ultra-modernes aber konventionelles Kriegsdrama. Die vagen moralischen Linien und der unmenschliche Zynismus des politischen und militärischen Apparates existieren noch, aber hier sind alle Verantwortlichen Tausende von Kilometern vom Kreuzfeuer und seinen Opfern entfernt. Der Drohnenkrieg als Videospiel, geführt aus Konferenzräumen und einem Stahlcontainer irgendwo in Nevadas Wüste, tief im amerikanischen Hinterland.
Die schwierigen – eigentlich unmöglichen – moralischen Entscheidungen müssen jedoch nach wie vor getroffen werden. Die Botschaft des Films ist eindeutig: Auch dieser Krieg, egal wie High-Tech er daherkommen mag, untergräbt immer unsere Menschlichkeit. Die Abstraktion des Krieges ist unmöglich. Schon der Versuch der Abstraktion einer moralischen Verantwortung für die Opfer ist ein Kriegsverbrechen.
Dr. Peter Rudolf (Senior Fellow der Stiftung Wissenschaft und Politik – SWP, eines Think-Tanks von Bundesregierung und Bundestag), hat die Dimensionen des Dillemas schon 2014 in einem Beitrag beleuchtet, der ebenso als Beipackzettel zu diesem Film hätte erscheinen können. Er kommt zu dem Schluss:
[Es…] hat sich ein bürokratisierter Tötungsapparat entwickelt, dessen Entscheidungen weithin frei von politischer und unabhängiger rechtlicher Kontrolle sind. Die Ziellisten werden weder im Voraus noch im Nachhinein unabhängig überprüft; die Kriterien bleiben weitgehend geheim, die Entscheidungen fallen in einem Zirkel öffentlich nicht rechenschaftspflichtiger Entscheidungsträger, ohne dass zumindest im Nachhinein eine unabhängige Überprüfung erfolgt. Die USA sind zum Vorreiter einer Praxis geworden, die zu Recht weithin moralisches Unbehagen weckt.
„Töten durch Drohnen. Zur problematischen Praxis des amerikanischen Drohnenkriegs“ von Dr. Peter Rudolf (Ethik und Militär | Ausgabe 2014/1. 92. PDF)
Erstklassig besetzt ist das Stück von Gavin Hood (Regie), angeführt von Helen Mirren, die mit verstörender Freude die Süße der Macht als Anführerin der unmoralischen Operation genießt, sowie dem großen Alan Rickman, der – hier in der leider letzten Rolle seines Lebens – hinter seinem zurückhaltenden Spiel einen zweifelnden General zeigt, der sich von seiner eigenen Moral und elementaren Menschlichkeit distanzieren muss um unter diesen Bedingungen die militärische „Operation“ führen zu können. Aaron Paul und Phoebe Fox schließlich, sind die ausführenden „Pilot:innen“ der Drohnenoperation, gleichsam die „eigenen“ ethischen Opfer dieser Perversion moderner Kriegsführung.
Keine Held:innen. Nirgends. Kein Happy-End.
Anti-Kriegsfilm, UK. 2015, FSK: ab 16, Regie: Gavin Hood, Drehbuch: Guy Hibbert, Produktion: Ged Doherty, Colin Firth, David Lancaster, Musik: Paul Hepker, Mark Kilian, Kamera: Haris Zambarloukos, Schnitt: Megan Gill, Mit: Helen Mirren, Aaron Paul, Alan Rickman, Barkhad Abdi, Jeremy Northam, Iain Glen, Phoebe Fox, Armaan Haggio, Aisha Takow, Richard McCabe, Carl Beukes, Kim Engelbrecht, Gavin Hood
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