Haben sie schon genug vom Fußball? Oder haben Sie noch Aufnahmekapazität für eine weitere Sportart? Wie wäre es denn mit Synchronschwimmen der Männer? Als Ergänzung, zur Abwechslung oder als echte Alternative zum TV-Programm drängt sich diese wunderbare französisch-belgische Tragikomödie über wahrhaftig erbarmungswürdige Männer momentan geradezu auf.
Im Grunde ist es ein Film über Männer wie mich. Die Sorte, die spontan und jederzeit dazu bereit wären, sich für Virginie Efira etwa vom Zehnmeterbrett zu stürzen. Wie viele von uns allerdings übrig bleiben würden, für sie ein Wasserballett aufzuführen, kann ich nur vermuten.
Tatsächlich ist es ein Film über Männer wie uns. Die Sorte, zwischen 40 und 60, lange nicht mehr fabrikneu, beschädigt an fast allen Bauteilen. Mehr oder weniger vom Leben gezeichnet. Ganz sicher keine Athleten. Wir stürzen uns eigentlich nirgendwo mehr herunter. Jeder von uns schleppt sein ganz eigenes Drama. Und seinen ganz und gar nicht austrainierten Körper. Doch die Luft anhalten können wir noch. Davon erzählt dieser Film.
Nehmen Sie mich ruhig beim Wort: „Le grand bain“ ist ein grandioser Sportfilm! Vorbildlich erzählt er entlang all der klassischen Narrative die ewige Geschichte von den Losern, die am Ende, gegen alle Erwartungen ihres Umfelds, doch zu Gewinnern werden. Das kennen Sie schon. Und wenn Sie nicht gerade besonders darauf stehen, dann müssen hier vielleicht gar nicht einschalten. Das Genre wird hier ja auch nicht neu erfunden.
Schade wäre es aber. Weil sie diese kleinen Geschichten dieser Verlierer und ihrer nicht weniger verwundeten Trainerinnen verpassen würden, einzig, weil sie ans Herz gehen. Denn am Ende ist es, weit jenseits der exotischen Sportart – aber weil es eben eine Mannschaftssportart ist, auch eine Geschichte der Solidarität und eines Erfolgs, der eben nur im Kollektiv möglich ist.
Ich mag diese französische Variante der Geschichte so viel lieber als ihre fast zeitgleich erschienene britische Version „Swimming with Men„ (ebenfalls 2018) oder ihr schwedisches Vorbild „Männer im Wasser“ (2008), obschon sie sich so sehr ähneln, dass sie aus allen Filmen jederzeit ein Best-Of zusammenschneiden könnten. Doch der absolut fantastische Cast aus Frankreich/Belgien gewinnt für mich diese Europameisterschaft.
Mathieu Amalric, Guillaume Canet, den großartigen Benoît Poelvoorde, auch die dominant/charmant überzeugende Leïla Bekhti sehen wir im deutschen Fernsehen einfach so selten – und gemeinsam eigentlich schon gar nicht. Für mich wäre Jean-Hugues Anglade hier wohl der eine, mit dem ich mich selbst am ehesten identifizieren wollte. Auch weil ich ihn, seit dem er 1986 mit Betty in Gruissan die Bungalows gestrichen hat, schon fast mein ganzes Kinoleben lang verehre.
Für Kylian Mbappé bleibt uns sicher noch Zeit genug.
(Gute Besserung! / Bonne santé!)
Komödie, Frankreich, 2018, FSK: ab 6, Regie: Gilles Lellouche, Drehbuch: Ahmed Hamidi, Julien Lambroschini, Gilles Lellouche, Produktion: Alain Attal, Hugo Sélignac, Musik: Jon Brion, Kamera: Laurent Tangy, Schnitt: Simon Jacquet, Mit: Mathieu Amalric, Guillaume Canet, Benoît Poelvoorde, Jean-Hugues Anglade, Virginie Efira, Leïla Bekhti, Marina Foïs, Philippe Katerine, Félix Moati, Alban Ivanov, Balasingham Thamilchelvan, Jonathan Zaccaï, Mélanie Doutey
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