Eine Zeitreise, 50 Jahre zurück in der Geschichte des Kinos. Als Filme noch Handwerk von echten Menschen waren. Sydney Pollack war einer der großen Handwerker des 70er Jahre Kinos und Robert Redford war sein Star. Dieser Film steht exemplarisch für ihre grandiose Zusammenarbeit und eine andere Zeit.
Die Filme von Sydney Pollack waren wohl der Grund dafür, dass ich zum Fan von Robert Redford wurde. Seinen Charakteren, so unwahrscheinlich sie auch waren, wollte ich glauben. Seine Geschichten gingen ihrer Zeit meistens voraus. Seine Kunst fand immer vor aller Augen statt. Und er hatte eine Hand dafür, seine Rollen so auszuwählen, dass er sich selbst nie wiederholen musste.
Wenn Sie die Zeit für eine lange Filmnacht hätten, dann sehen Sie sich zuerst „Die drei Tage des Condor“ (1975) an, gehen danach kurz an den Kühlschrank, und setzen den Abend dann fort mit „Der Staatsfeind No. 1“ (1998). Danach sind sie ungefähr vier Stunden älter, haben 23 Jahre Kinogeschichte übersprungen, und exemplarisch nachvollzogen, wie sehr die Technologie die Filme, die wir sehen, verändert hat. Gesehen haben Sie aber eigentlich zweimal dieselbe Geschichte.
Denn im Grunde war das Action-Spektakel von Tony Scott mit Will Smith und Gene Hackman in der Rolle der von einem übermächtigen Staatsapparat Verfolgten, die im Laufe des Films die Mächte des Bösen mit ihren eigenen Mitteln schlagen, nur eine Neuauflage der Geschichte von Pollack, Redford und Faye Dunaway. Doch aus dem Szenario, in welchem allein die analytische Fähigkeit des Protagonisten seine mächtigste Waffe ist, wurde eines, in dem der Zugang zur Technologie und die Sabotage derselben die Handlung entscheidet.
Technologie hat uns im Kino inzwischen fest in der Hand. Vermutlich haben wir uns schon so sehr daran gewöhnt, dass auch unsere Erwartungshaltung an einen Film es gar nicht mehr zulassen, dass Filme wie „Die drei Tage des Condor“ heute noch ein größeres Publikum finden würden. Ich bedaure das sehr, auch weil sich ja nicht nur die Geschichten und die Art wie sie erzählt werden verändern, sondern weil es wohl auch große Darsteller:innen wie Redford und Dunaway wohl nie wieder geben wird.
Ich finde es so unendlich viel spannender, mich auf eine gut ausgedachte und überzeugend gespielte Geschichte zu konzentrieren, gerne auch eine überzeugende Verschwörungstheorie, als auf übermächtige Computer, sich überschlagende CGI-Autos und Explosionen in einer Bildfrequenz, die meine Aufnahmefähigkeit einfach überfordert.
Nennen Sie mich ruhig „alt“, ich nehme das als Kompliment, denn Altwerden ist bekanntlich nichts für Feiglinge – doch Filme in denen noch auf Schreibmaschinen geschrieben wird, Telefone noch an Kabeln hängen, Autos noch von Menschen gesteuert werden, in denen noch mit analogen Kugeln aus der Hüfte geschossen wird statt mit lasergesteuerten Raketen, das ist und bleibt doch meine Lieblingssorte Kino!
Ob ich mich allerdings heute noch auf die „New York Times“ – oder andere große Nachrichtenkonzerne verlassen würde, um Verbrechen der eigenen Regierung aufzudecken…?
Wären Sie sicher, dass sie es bringen?
Thriller, USA, 1975, FSK: ab 16, Regie: Sydney Pollack, Drehbuch: Lorenzo Semple Jr., David Rayfiel, Produktion: Stanley Schneider, Musik: Dave Grusin, Kamera: Owen Roizman, Schnitt: Don Guidice, Fredric Steinkamp, Mit: Robert Redford, Faye Dunaway, Cliff Robertson, Max von Sydow, John Houseman, Addison Powell, Walter McGinn, Tina Chen, Michael Kane, Don McHenry, Michael Miller, Jess Osuna, Carlin Glynn, Hank Garrett
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