Kida Khodr Ramadan – „In Berlin wächst kein Orangenbaum“ (2020)

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Für über 100 TV- und Kinoproduktionen hat Kida Khodr Ramadan in den letzten 20 Jahren gearbeitet – und ist damit wohl einer der fleißigsten Schauspieler in Deutschland. Sehr kleine Nebenrollen als Gangster/Türke/Araber/Immigrant vom Dienst wuchsen im Laufe der Jahre zu abendfüllenden Charakterstudien, in denen er, selbst bei untergenialen Drehbüchern, immer den maximalen Eindruck bei seinem Publikum (mir!) hinterlassen hat.

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Filmtrailer zu „In Berlin wächst kein Orangenbaum“ / KinoCheck / YouTube

Wenn so jemand, nach 20 Jahren im Beruf, zum ersten Mal auch die volle Kontrolle für die andere Seite der Kamera, die Regie, Produktion und das Drehbuch für seinen Film übernimmt, dann geht er damit volles Risiko. Nicht immer geht das gut. Hier hat er alles gewonnen! Lieblingsfilm!

Es vergehen tatsächlich erst einmal handgestoppte 17 Minuten (& 26 Sekunden) bevor Ramadan überhaupt das erste Wort spricht. Aus der Geschichte, die sein Film bis dahin schon erzählt hat, machen andere glatt eine ganze Staffel einer TV-Serie.

Und gerade hier zeigt sich die Stärke des Films und das tiefe Verständnis des Autors/Regisseurs für das Medium. Denn Kino ist die Macht der Bilder über das Wort. Geschichten, die allein die Gesichter erzählen können, übertreffen in ihrer Kraft die der Handlung. Und natürlich machen die Gesichter dieses Filmes seine besondere Stärke aus.

Eigentlich ist es ein unglaublicher Cast, den der Regisseur hier versammelt. Jede:r von ihnen hätte das Potenzial, einen Film ganz allein zu tragen. Hier stellen sie sich ganz in den Dienst der Geschichte. Vermutlich ist das hier auch deshalb so gelungen, weil Ramadan ein echter Schauspieler-Regisseur ist. Er versteht es, jeder Rolle den Freiraum zu geben, den seine Crew benötigt, um im Spiel ganz bei sich zu sein.

Am allermeisten gilt es wohl für ihn selbst.

Neben der noch sehr jungen (und nicht minder großartigen) Emma Drogunova – die hoffentlich noch eine ganz große Karriere vor sich hat, wenn sie diese denn will – hat Ramadan bei der weiteren Besetzung in seine private Kontaktliste gegriffen: Anna Schudt (Tatort-Dortmund) als abgerissene und alkoholkranke Ex, Stipe Erceg in der klassischen Rolle des Verräters, der obligatorische Frederick Lau (natürlich wieder im ebenso obligatorischen BVB Trikot) und der von mir ebenso geliebte Thorsten Merten als Verbündete, Karim Günes, Burak Yiğit und Tom Schilling glänzen in weiteren Nebenrollen.

Die wirklich schönste Rolle von allen gehört allerdings dem großen Raymond Tarabay, der in nur ganz wenigen Minuten Screentime in der Lage ist, 45 Jahre libanesischer Migrationsgeschichte in Deutschland in nur einem Satz zusammenzufassen:

Wir haben mit allem gerechnet, aber nicht, dass wir in diesem Land auch sterben werden.“

Dieser Beitrag erschien zuerst am 04.02.2024.



Spielfilm, Deutschland, 2020, FSK: ab 0, Regie: Kida Khodr Ramadan, Drehbuch: Kida Khodr Ramadan, Juri Sternburg, Produktion: Marcus Welke, Thomas Rusch, Kida Khodr Ramadan, Musik: Michael Beckmann, Tom Stöwer, Kamera: Ngo The Chau, Schnitt: Felix Schekauski, Mit: Kida Khodr Ramadan, Emma Drogunova, Anna Schudt, Stipe Erceg, Raymond Tarabay, Thorsten Merten, Adrian Saidi, Karim Günes, Frederick Lau, Burak Yiğit, Tom Schilling


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