David Fincher – „The Social Network“ (2010)

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Ein Film von David Fincher, nach einem Buch von Aaron Sorkin, über eine der umstrittensten Personen der Gegenwart. Eigentlich ein „No-Brainer“, dass es sich dabei um ein Werk auf der Höhe seiner Zeit handelt. Doch vielleicht kam er einfach ein Jahrzehnt zu früh? Nichtsdestotrotz: Hoch sehenswert!

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Filmtrailer 2010 / Movieport / YouTube

Ganz ehrlich, ich hatte 2010 wirklich wenig Interesse, mir einen Film über Mark Zuckerberg und die Entstehungsgeschichte von Facebook anzusehen. Das war damals schon eine Abwehrreaktion gegen die Sorte Menschen, die wir heute die „Tech-Bros“ (taz) nennen.

Inzwischen sind wir alle eineinhalb Jahrzehnte älter geworden, auch der Film ist signifikant gealtert und diese „Bros“ sind, ein paar Datenschutzskandale (Heise), manipulierte Wahlkämpfe (Zeit), Revolutionen (BpB) und Völkermorde (Amnesty International) später, im Begriff, nicht mehr nur das Silicon-Valley zu übernehmen, sondern die gesamten USA. So reich sind sie inzwischen geworden, dass sie mit ihrem Geld längst auch in die Politik eingedrungen sind und ihnen sogar der nächste Präsident (taz) wohl hörig sein wird.

Nun kam diese Entwicklung ja nicht aus blauem Himmel, und weder Mark Zuckerberg, noch Elon Musk wären vorstellbar, ohne den Deutschen Peter Thiel und das Unternehmen PayPal, dessen Verkauf letztere unermesslich reich gemacht hat, und ersterem damit zu seinem Startkapital verholfen hat.

Sie merken: Alles hängt mit allem zusammen. Da kann es nicht schaden, zu den Anfängen zurückzugehen, und noch einmal zu rekonstruieren, wie der Aufstieg der zweiten Generation der Tech-Oligarchen begann. (Die erste Generation, Jobs, Gates, Wozniak, et.al., ist bereits vor dem Platzen der Dotcom-Blase in 2000 unermesslich reich geworden – und es danach auch geblieben.)

Natürlich war der Film von David Fincher in 2010 höchst umstritten. Über reale und lebende Personen, zumal die mit viel Geld und den besten Anwält:innen, Geschichten zu erzählen und ins Bild zu setzen, ist immer ein Ritt auf Messers Schneide, oder der Freiheit der Kunst.

„This isn’t a documentary. Art isn’t about what happened.“

Aaron Sorkin (Amy Lee: ‘The Social Network’: Fact Or Fiction? 2010)

Und die Kunst des Filmes ist, die Dynamik einer Entwicklung – und den dahinter ablaufenden Wirtschaftskrimi, anhand nur einer Handvoll Personen nachzuvollziehen. Ob Zuckerberg eher autistische Persönlichkeitsmerkmale hat, oder nicht, spielt dabei höchstens künstlerisch eine Rolle. An dem Ablauf der Geschichte ändert es rein gar nichts.

Leider endet der Film schon im Jahr 2005. Nur zwei Jahre später war Facebook das größte „Soziale-Netzwerk“ des Planeten und Mark Zuckerberg wurde zum jüngsten Milliardär der Welt. Seine Investoren, darunter Peter Thiel, (mit $500,000), wussten ihr Investment in den Jahren danach exponentiell zu vervielfältigen. Thiel hat seine Anteile 2012 für über eine Milliarde US-Dollar verkauft – blieb aber im Aufsichtsrat des Unternehmens.

Christian Ihle, mein Lieblingsblogger bei der taz (Monarchie und Alltag) schrieb zur Premiere des Films eine Kurzkritik, die ich hier deshalb ausführlich zitiere, weil ich sie nicht besser hätte schreiben können:

Allein schon der (…) gescheiterte Versuch, halbwegs verheißungsvoll den Inhalt von „The Social Network“ wiederzugeben, zeigt die Brillanz von David Finchers neuem Film: wie Fincher es dank eines hervorragenden Drehbuchs von Aaron Sorkin („Der Krieg des Charlie Wilson“, „West Wing“) gelingt, einen durchweg spannenden, mitreissenden Thriller aus einer Geschichte um einen Computernerd, der verklagt wird, zu machen, verblüfft. Nach dem missratenen „Benjamin Button“ ist „The Social Network“ eine Rückkehr zu jener Intensität, die Fincher von „Sieben“ über „Fight Club“ hin zu „Zodiac“ immer wieder auf die Leinwand brachte. Auch dank Jesse Eisenberg, der Mark Zuckerberg als einen Autisten auf Speed spielt, einer der besten Filme des Jahres.

Christian Ihle, taz-blogs, 12.10.2012

Wenn Sie lieber eine Geschichte über einen jungen Helden sehen wollen, dann warten Sie besser auf die Verfilmung der Biografie von Eugen Rochko, eines jungen Studenten aus Jena, ohne den Sie von dieser Filmkritik vermutlich nie erfahren hätten.

Für mich wäre allerdings die Lebensgeschichte von Mike Macgirvin noch einmal um ein Vielfaches spannender, weil dieser tatsächlich weit mehr als nur ein Zeitzeuge der kompletten Geschichte des Silicon-Valley war, sondern darüber hinaus auch einer der Visionäre, die sehr früh erkannt haben, wie gefährlich die kommerzgetriebenen, angeblich sozialen Netzwerke wirklich sind – und, unter anderem mit Diaspora, Friendica, Hubzilla und Streams auch maßgeblich an der Entwicklung mehrerer Generationen mächtiger Werkzeuge gegen die „Tech-Bros“ beteiligt war.

Du kannst keine 500 Millionen Freunde haben!

Dieser Beitrag erschien zuerst am 11.01.2025.



Drama, USA, 2010, FSK: ab 12, Regie: David Fincher, Drehbuch: Aaron Sorkin, Produktion: Dana Brunetti, Ceán Chaffin, Michael de Luca, Scott Rudin, Musik: Trent Reznor, Atticus Ross, Kamera: Jeff Cronenweth, Schnitt: Kirk Baxter, Angus Wall, Mit: Jesse Eisenberg, Andrew Garfield, Justin Timberlake, Armie Hammer, Rashida Jones, Joseph Mazzello, Max Minghella, Wallace Langham, Brenda Song, Rooney Mara, Malese Jow, Douglas Urbanski, Denise Grayson, Patrick Mapel, Dakota Johnson, Trevor Wright, John Getz, Emma Fitzpatrick


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  1. @mediathekperlen @Gargron @mikedev
    Fincher könnte einen zweiten Teil drehen. Arbeitstitel: "The Social Hatework".

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