John Boorman – „Der Schneider von Panama“ (2001)

Klassisches britisches Kino. Obwohl es ein durch und durch amerikanischer Film ist. Doch wenn ein englischer Großregisseur ein Drehbuch des Großmeisters John le Carré mit einem Iren in der Hauptrolle besetzt, der gerade noch als 007 das Empire und die Welt retten durfte, dann kommt das eben dabei heraus. Ein kleines, selbstironisches Kunstwerk, das tagespolitisch aktueller kaum in die Zeit passt.

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Filmtrailer 2001, Englisch / Rotten Tomatoes Classic Trailers / YouTube

Panama, ausgerechnet. Für einen Geheimagenten seiner Majestät eigentlich ein überschaubarer Ort für einen Rehabilitationsaufenthalt. Denn wenn ein Agent seine Reputation durch Frauengeschichten und Spielschulden erst so nachhaltig beschädigt hat, dass er in Diensten ihrer Majestät kaum mehr vermittelbar ist, dann muss der Dienst ihn eben aus dem Blickfeld der Beobachtung nehmen. Wo geht das besser, als in einem kleinen Land, das nur kaum soviel Einwohner hat, wie London?

Das liest sich schon, wie ein vorhersehbares und eigentlich längst verdientes Schicksal für Ian Flemmings James Bond. Und diesen Film mit eben dem letzten Darsteller dieser Legende im 20. Jahrhundert zu besetzen, war ein Coup. Vermutlich war es Pierce Brosnan auch eine persönliche Freude, endlich mit dieser Rolle zu brechen, gleichwohl ohne sein Image dafür komplett an den Nagel zu hängen. Denn das hat er für Bond noch einmal recyclen müssen. Das wurde dann, trotz Halle Berry, leider nicht sei bester und letzter Auftritt.

Hier darf er also gewissermaßen Remington Steele und James-Bond in einer Person spielen. Und das macht er überaus überzeugend. Die wichtigste Rolle im Film allerdings spielt ein Australier. Der großartige Geoffrey Rush („The Life and Death of Peter Sellers“ 2004), der wenig später mit seinem Captain Hector Barbossa sicherlich die am besten bezahlte Rolle seines Lebens gespielt hat, hier aber eine ungleich kleinere, ungleich schönere und ebenfalls ungleich selbstironische Charakterdarstellung. Und, tatsächlich, die titelgebende Hauptrolle.

Für le Carré-Fans sind Figuren wie der „Schneider“ mehr als vertraut. Menschen, die zufällig in die Verwicklungen der großen Weltpolitik geraten und ihnen eine überraschende Wendung geben, und so die Geschichte und Gegenwart maßgeblich beeinflussen. Ganz genauso wie etwa in dem sehr feinen Thriller „Verräter wie wir“ (2016), der zufällig gerade auch noch in der ZDF-Mediathek zum Streaming verfügbar ist.

Das Motiv des „Schneiders von Panama“ könnte eigentlich aktueller nicht sein. Nicht nur, dass im Weißen Haus derzeit wieder ein unberechenbarer Präsident sitzt, der in schlechtester alter US-Tradition Panama und den Kanal als legitimes Eigentum, und wenn das nicht, dann jedenfalls legitimes US-Interesse betrachtet, das den Händen ausländischer (chinesischer) Investoren wieder entrissen werden muss. Heute braucht es allerdings keine erfundenen Gründe für ein militärisches Eingreifen mehr, das erledigt Blackrock längst ganz ohne Waffen.

Klar, wir merken dem Film an, dass er vor dem 11. September gedreht wurde. Dem Buch ist das nicht vorzuwerfen. Denn der Roman von Le Carré erschien schon vier Jahre zuvor. Da war der kalte Krieg gerade vorbei und der Krieg gegen den Terror hatte noch nicht begonnen. Eben letzteren hat der Autor dann 2013 in seinem Roman „Empfindliche Wahrheit“ entschlüsselt. Einem Werk, das, mir völlig unverständlich, noch immer auf eine Verfilmung wartet – und eine nachdrückliche Leseempfehlung meinerseits.

Der Schneider“ ist also irgendwie nur mittelgut gealtert, tatsächlich aus einer anderen Zeit. Doch ist es immer noch ein Film, der unsere Lebenszeit nicht vergeudet. Und für die, die alt genug sich, zu erinnern, ein Vergnügen.

Wo ist ihr Patriotismus? Den habe ich mir ohne Betäubung im Knast entfernen lassen!

Dieser Beitrag erschien zuerst am 13.04.2025. Permalink: https://nexxtpress.de/b/czh



Agenten-Satire, USA, Irland, FSK: ab 12, Regie: John Boorman, Drehbuch: Andrew Davies, John le Carré, John Boorman, Produktion: John le Carré, Kevan Barker, John Boorman, Musik: Shaun Davey, Kamera: Philippe Rousselot, Schnitt: Ron Davis, Mit: Pierce Brosnan, Geoffrey Rush, Jamie Lee Curtis, Leonor Varela, Brendan Gleeson, Catherine McCormack, Harold Pinter, Martin Ferrero, Jon Polito, Mark Margolis, Dylan Baker, Ken Jenkins, Daniel Radcliffe, Lola Boorman, Fediverse: @ZDF, @filmeundserien


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  1. Avatar von BlueTurtle

    @mediathekperlen Auf deiner Website steht, dass der Film bis 20.04. verfügbar ist. Woher hast du die Info? Weder in der App, noch auf der Website konnte ich diese finden.

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    1. Avatar von Mediathekperlen

      Es ist ein riesiges (für mich das allergrößte) Ärgernis in der neuen @ZDF Mediathek. Du bekommst die Information nur noch, wenn du den Film bereits gestartet hat und dann unten rechts (auf dem PC) auf das kleine „I“ klickst. Zu diesem Film steht dort „noch 6 Tage“ und erfahrungsgemäß sind das immer die Tage + der aktuelle Tag… und so hab‘ ich es dann ausgerechnet. 🤯

      Mir ist dieses GUI-Design ein vollkommen unverständliches Rätsel. #Enshittification

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    2. Avatar von BlueTurtle

      @mediathekperlen Ich habe dem ZDF Mastodon Account diesbezüglich gerade eine Nachricht geschickt. Mal schauen, ob ich eine Antwort bekomme 😀.

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