Seth Rogen, Christoph Waltz – „The Green Hornet“ (2011)

Es gibt Filme, bei denen ich mich frage: „Wie konnte das nur passieren?“ Und dann gibt es Filme wie „The Green Hornet“ (2011), bei denen ich mir denke: „Wie viele Menschen mussten gleichzeitig weggucken, damit sowas passieren konnte?“ Regie führte immerhin Michel Gondry, der Mann, der einst Jim Carrey das Gedächtnis ausradierte und dabei fast den Oscar gewann.



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Hier jedoch ließ Gondry Seth Rogen im grünen Anzug rumturnen – mit einem Grinsen, welches ich eher von Leuten kenne, die auf der Klassenfahrt im Bus hinten sitzen und heimlich Dosenbier trinken.

Ein reicher Erbe, der nach dem plötzlichen Tod seines Vaters beschließt, Superheld zu werden – weil er nichts anderes kann, außer feiern, fluchen und sich von seiner Sekretärin Kaffeerezepte erklären lassen. Unterstützt wird er dabei von seinem genialen asiatischen Sidekick Kato, der das ganze Technik-Gedöns übernimmt, alle Kämpfe gewinnt, das Auto baut und fährt – und dabei völlig selbstverständlich keine nennenswerte Biografie bekommt. Eine klassische Männerfreundschaft also – nur eben einseitig wie eine ARD-Doku über Friedrich Merz oder ein ZDF-Spezial über die Fußball-WM.

Und damit sind wir mittendrin im wunderbar schrägen, manchmal irritierend unausgewogenen, aber stellenweise erstaunlich unterhaltsamen Superheldenfilm ohne alle Heldenqualitäten. Seth Rogen spielt das, was man in seiner Welt wohl einen halbironischen Vollzeit-Dilettanten nennen würde – charmant, aber nicht zu sehr; witzig, aber nie schlau. Es ist ein bisschen, als hätte man Iron Man durch einen Praktikanten bei ProSieben ersetzt – mit ähnlichem Budget, aber deutlich weniger Ahnung.

Kato ist der Held des Films. Er springt, schlägt, bastelt, plant und macht das alles in einer Selbstverständlichkeit, die nicht nach Anerkennung fragt. Wären die Rollen gerecht verteilt, hieße der Film „Kato rettet die Welt, der andere isst Croissants“. Stattdessen trägt der weiße Chaot den Titel – und bekommt, ganz wie im richtigen Leben, die Schlagzeilen. Ein Schelm, wer Parallelen zur deutschen Medienlandschaft zieht.

Und die Frauenfiguren? Nun ja – Cameron Diaz spielt eine Art wandelndes Plotmöbel mit Lebenslauf. Ihre Rolle scheint primär darin zu bestehen, in Szenen herumzustehen und skeptisch zu schauen, während Männer um sie herum entweder explodieren oder sich selbst feiern. Es ist ein bisschen wie bei Markus Lanz: viel Gerede, wenig Inhalt, kaum Beteiligung der Frauen – aber immerhin sehen wir das alles in HD.

Der Soundtrack? Überraschend solide. Hip-Hop trifft auf Jazz trifft auf explosionsreiche Stille. Wir merken: Da durfte jemand im Tonstudio nochmal kreativ werden, nachdem das Drehbuch durch war. Und ganz ehrlich – es passt. Denn was „The Green Hornet“ auszeichnet, ist nicht Konsequenz, sondern eine anarchische Freude am Nonsense.

Und dann ist da noch Christoph Waltz, der in seiner Paraderolle als eleganter Bösewicht auftritt – diesmal mit dem charmanten Namen Chudnofsky (später: Bloodnofsky, was wohl böser klingen soll, aber klingt wie ein Ikea-Regal mit Selbstzünder). Waltz spielt ihn mit jener leicht genervten Grandezza, als hätte man beim Catering seinen persönlichen Sojaquark vergessen.

Er murmelt, droht, plaudert – alles gleichzeitig und mit einem Blick, der suggeriert: „Ich weiß genau, dass dieser Film völliger Unsinn ist – aber ich werde jeden Moment davon mit maximaler Eleganz ruinieren.“ Und das tut er. Großartig. Es kommt mir vor, als sei Waltz der einzige Mensch am Set gewesen, der wirklich verstanden hat, in was für einem Film er da mitspielt – und sich dann entschlossen hat, ihn komplett zu übernehmen, Szene für Szene, Dialog für Dialog, Bild für Bild.

Kurz gesagt: Christoph Waltz ist das intellektuelle Trüffelöl auf diesem doch recht fettigen Burger von einem Film. Und wie bei echtem Trüffelöl denkt man sich am Ende: Eigentlich war alles zu viel – aber genau das hat es gerettet.

Natürlich könnte ich jetzt kulturkritisch werden und fragen: Was sagt es über uns aus, dass solche Filme gemacht werden dürfen? Aber das wäre unfair. Die Frage ist eher: Warum dürfen bei uns keine Filme gemacht werden, in denen völliger Blödsinn so viel Spaß macht? Wo bleibt unser öffentlich-rechtlich geförderter Held (oder Heldin) mit übermotorisiertem Hybridfahrzeug und Sidekick aus Erfurt? Ein:e Held:in mit der Schlagkraft von Kato und dem Steuerwissen von Olaf Schubert?

Wir stellen uns das einmal vor: Ein deutscher „Green Hornet“, verfilmt unter Aufsicht von neun Staatskanzleireferent:innen und zwei Intendanten – der/die Held:in ein:e Volontär:in mit Presseausweis, der Schurke ein Mann mit Medienpolitik im Nebenfach. Denn genau dort endet bei uns oft schon der Mut. „Da drehen wir lieber ein 6-teiliges Drama über einen pensionierten Finanzbeamten in Wuppertal, der heimlich Singer-Songwriter ist – oder wir schicken einen Promi-Biohof ins All.“

Fazit? Dieser Film ist wie ein überzuckertes Frühstück: Wir wissen, dass es nicht gesund ist – aber wenn nur die richtige Musik läuft, essen wir trotzdem alles auf. Und Kato verdient sowieso eine eigene Serie. Am besten ohne Green Hornet.

Und wenn Waltz keine Zeit hat, wie wär’s mit Eidinger?

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 08.06.2025.



Action-Komödie, USA, 2011, FSK: ab 12, Regie: Michel Gondry, Drehbuch: Seth Rogen, Evan Goldberg, Produktion: Neal H. Moritz, Musik: James Newton Howard, Kamera: John Schwartzman, Schnitt: Michael Tronick, Mit: Seth Rogen, Jay Chou, Cameron Diaz, Tom Wilkinson, Christoph Waltz, David Harbour, Edward James Olmos, Jamie Harris, Chad L. Coleman, Edward Furlong, James Franco, Fediverse: @filmeundserien



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