Rob Marshall – „Die Geisha“ (2005)

Zhang Ziyi tanzt in Kimono und Stolz durch eine Welt, die nicht die ihre ist. „Die Geisha“, ein Hollywood-Film über japanische Traditionen, gedreht von einem US-Regisseur, gespielt von chinesischen Stars, gesprochen in Englisch – ist kein Ausflug in eine andere Kultur, sondern deren totale Aneignung. Schönheit wird hier ausgestellt, nicht verstanden.



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Die Geschichte – nach Arthur Goldens Bestseller – folgt Chiyo, die aus einem Fischerdorf verschleppt wird und sich in Sayuri verwandelt: eine gefeierte Geisha, Objekt männlicher Projektionen, Subjekt einer Geschichte, die sie nicht selbst erzählen darf. Der Film träumt von der perfekten Frau im Kimono. Als wäre das höchste Ziel einer Geisha nicht Kunst, sondern Anerkennung durch den westlichen Blick. Und ein weißer Erlöser.

Die Kamera fängt jede Bewegung Sayuris mit ästhetisierender Gier ein. Ihr Lächeln, ihre Tränen, ihre Füße – alles wird zur Erotik in Zeitlupe. Doch diese Erotik gehört den Zuschauer:innen, nicht der Figur. Schmerz wird zur Choreografie, Unterwerfung zur Kunstform. Die Gewalt, die dieser Beruf historisch bedeutete – ökonomische Abhängigkeit, sexuelle Verfügbarkeit – wird zu einer Bühne der Eleganz umgebaut.

Problematisch auch das Casting: Zhang Ziyi, Gong Li und Michelle Yeoh liefern starke Leistungen – aber sie agieren in einem fremden Spiel. Der Film verwischt kulturelle Unterschiede, spricht Englisch und versteht nichts. Was bleibt, ist ein Film über Japan, der nichts über Japan weiß – aber viel darüber, wie der Westen Japan sehen möchte.

Kulturelle Aneignung ist hier kein Nebeneffekt, sondern das zentrale Produktionsprinzip. „Die Geisha“ (2005) nimmt sich fremde Kultur, um sie als kunstvolles Exotikum neu zu verpacken. Es geht nicht darum, dass nur „die Richtigen“ erzählen dürfen – sondern was und wie erzählt wird.

Denn dieser Film erzählt nicht über Kunst, sondern über Besitz. Über einen Körper, der sich kontrollieren lässt, über eine Frau, die sich selbst entgrenzt, um zu gefallen. Die finale Liebeserklärung – nach Jahren der Zurückweisung und Abhängigkeit – ist kein Happy End, sondern eine bittere Pointe. Die Liebe kommt, wenn die Frau sich vollständig untergeordnet hat.

Rob Marshalls Hang zum Musical erklärt, warum „Die Geisha“ wirkt wie eine Revue ohne Haltung. Auch John Williams’ Score liefert das Übliche: fernöstliche Klangbilder im Her-mit-dem-Oscar-Modus. Natürlich ist der Film bildgewaltig – aber seine Bilder dienen nicht der Erkenntnis, sondern der Verklärung. Spielberg hat es produziert. Was für ein Irrtum.

Verklärung ist die kleine Schwester der Lüge.

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 11.07.2025.


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Der Film enthält Darstellungen von Gewalt gegen Frauen, Kindesausbeutung, Zwangsarbeit und sexualisierter Abhängigkeit, die ästhetisch verklärt und nicht kritisch reflektiert werden. Er thematisiert kulturelle Praktiken, ohne deren historische oder politische Kontexte angemessen zu vermitteln. Der Film reproduziert Stereotype und orientalistisches Begehren weißer Männer.



Drama, USA, 2005, FSK: ab 12, Regie: Rob Marshall, Drehbuch: Robin Swicord, nach dem Roman von Arthur Golden, Produktion: Lucy Fisher, Steven Spielberg, Douglas Wick, Musik: John Williams, Kamera: Dion Beebe, Schnitt: Pietro Scalia, Mit: Zhang Ziyi, Gong Li, Michelle Yeoh, Ken Watanabe, Koji Yakusho, Youki Kudoh, Fediverse: @filmeundserien, @ZDF



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