Ist das Kunst, oder kann das weg? Ich bin der letzte, mich in eine solche Diskussion einzumischen. Ob eine Komödie, zumal eine deutsche, aber funktioniert, oder nicht, das merke ich selbst. Hier gelingt es einer, dem Traum(a)schiff einen Spin zu geben, den wir so noch nicht gesehen haben. Schuld daran sind Elvis, Bowie & unter anderen, Sandra Hüller.
Habe ich oben tatsächlich „Traumschiff“ geschrieben? Das nehme ich zurück! Denn auch wenn der eine oder die andere aus dem Cast dieser skurrilen kleinen Komödie schonmal an Bord des deutschen TV-Dampfers gewesen sein mag, geprüft habe ich das absichtlich nicht, auf der „MS Atlantik“ wurden die ewigen Naturgesetze von Sascha Hehn, Florian Silbereisen und Harald Schmidt doch nachhaltig außer Kraft gesetzt.

(Screenshot: TV-Browser)
„It ain’t easy to get to heaven when you’re going down“
– David Bowie
Die Dekonstruktion des deutschen TV-Mythos durch Elvis und Ziggy Stardust ist ja nur eine untergeordnete, doch geniale Storyline unter vielen, für die ich Autor und Regisseur Peter Meister meine grundehrliche Bewunderung schuldig bin. Der eigentliche Plot, ein Heist-, Kunstkritik-, Escape-Movie auf hoher See, ist so absurd, ich wäre wirklich gern dabei gewesen, als er sich das Drehbuch für diesen Film ausgedacht hat.
„Immer wenn man mal einen Adorno oder Camus braucht, ist keiner da!“
– Vincent Kowalski
Denn was er hier als ganz und gar nicht subtilen aber dafür großartigen Kommentar über den Kunstbetrieb zusammengebaut hat, das ist so voll mit genialen Dialogen, One-Linern, Zitaten, Miniaturen, Komik und einzigartigen Charakteren, bis in die kleinste Nebenrolle.
Wenn ich so etwas Seltenes sehen darf, frage ich mich immer, was eigentlich zuerst da war. Existierte zuerst die Geschichte (das Drehbuch) oder hat sich selbiges aus der fast unanständig tollen Besetzung der Rollen einfach ergeben?
Martha: „Meine Pistole ist jetzt genau auf deine Eier gerichtet.“
Vincent: „Da bin ich am wenigsten verwundbar.“
Vielleicht haben wir hier gar die Zukunft der deutschen Kinokomödie gesehen? Berücksichtigen wir, dass es sich bei diesem Film erst um das Debüt von Peter Meister handelt, dann ist mir nicht bange, vor seinem zweiten Aufschlag. Vielleicht – und unter ihm und uns gewogenen Umständen und Anstalten – wächst hier ja gerade ein richtig großer heran.
Ich freu‘ mich drauf!
Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 12.06.2024.
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Der Film enthält teils drastische Gewaltszenen, bedrohliche Situationen und eine absurde Mischung aus Komik und Brutalität. Der Einsatz von Waffen, Geiselnahmen und moralisch ambivalenten Figuren kann verstörend wirken. Für Menschen mit Gewalterfahrungen oder sensibler Wahrnehmung psychischer Belastung ist Vorsicht geboten. Die satirische Tonlage kaschiert nicht alle Härten.
Komödie, Deutschland, 2022, FSK: ab 12, Regie: Peter Meister, Drehbuch: Peter Meister, Produktion: Manuel Bickenbach, Alexander Bickenbach, Musik: Andreas Lucas, Kamera: Felix Novo de Oliveira, Schnitt: Jan Ruschke, Mit: Bernhard Schütz, Jacob Matschenz, Sandra Hüller, Pheline Roggan, Christopher Schärf, Victoria Trauttmansdorff, Wolfgang Packhäuser, Tobias van Dieken, Christian Ehrich, Mathias Renneisen, Fediverse: @filmeundserien, @ZDF
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