Wieder nur eine Woche gibt uns die ARD für einen wirklich wieder-sehenswerten “Oscar”-Gewinner. Sechsmal nominiert und dreimal gewonnen haben 2014 hier vor allem die Hauptdarsteller: Matthew McConaughey und Jared Leto. Die Adaption eines “literarischen Werkes”, nämlich eines Zeitungsartikels in der “Dallas Morning News”. Also eine Geschichte nach (weitgehend) wahren Begebenheiten.
„Dallas-Buyers-Club“ ist ein Aids-Drama des viel zu früh verstorbenen kanadischen Regisseurs Jean-Marc Vallée, das zu einer Abrechnung mit dem US-Gesundheitssystem und Big-Pharma wurde… und ein Ereignis, besonders für die Leistung von McConaughey und Leto, die sich alle Oscars redlich verdient haben.
Die Handlung:
“Ein “Superhetero” (McConaughey) tut sich mit einer transsexuellen Rayon (Leto) zusammen, gründet den „Buyers Club“ – und schmuggelt Pillen ins Land.”
(taz, Flimmern und Rauschen, 27.09.2016)
Und eigentlich geht es in der Geschichte ja tatsächlich nicht um viel mehr als das. Doch ist der Film eben keine Nacherzählung, kein Dokumentarwerk, sondern eine höchst-dramatische, fiktionalisierte Geschichte, zugeschnitten auf seine Hauptdarsteller und ihre brilliante Dynamik. Der Film ist ein hartes Drama. Für mein Empfinden, nicht im geringsten „unterhaltsam“. Doch dermaßen „spannend“, dass beim Zusehen vermutlich niemand auf die Idee kommt, die Pausetaste zu drücken um schnell noch Popcorn in der Mikrowelle nach zu legen.
Die Transfrau Camille, von Jared Leto, werden sie danach sicher nicht vergessen. „Leto fängt die süße Intensität und den fast heiligen Humor eines glamourösen, ergreifenden und geradezu göttlichen Wesens ein – eine fröhliche Camille, die vielleicht ihre Gesundheit, aber niemals ihren Elan aufgibt.“ schrieb Richard Corliss im Time Magazine.
Und McConaugheys Oscar-premierte Rolle eines homophoben texanischen Machos hat Queer.de hinterfragt:
Ist es ein Problem, dass Hollywood lieber die Geschichte eines bigotten Homohassers erzählt, der nach und nach diesen Hass überwindet und zum Gutmenschen wird? Natürlich ist eine solche Transformation dramatischer – und bietet dem heterosexuellen Hauptdarsteller zudem mehr Möglichkeiten für Charakterdarstellung und -entfaltung.[…]
Ob er diese Nominierung auch bekommen hätte für die Darstellung eines offen bisexuellen Mannes, der sich beim Schwulensex mit HIV infiziert hat? Und: Würde sich ein Mainstream-Heteropublikum die Geschichte wegen der großartigen Darstellung McConaugheys anschauen, wenn sie keinen Hetero-Ausgangspunkt hätte?
(Kevin Clarke, „So bekämpft man Aids, ihr Homos!“, Queer.de, 05.02.2014)
Es lohnt sich tatsächlich auch heute, zehn Jahre später, darüber einen Gedanken oder zwei aufzuwenden… Es sind schließlich auch schon dreißig Jahre vergangen, nach „Philadelphia“ (1993), dem anderen großen Oscar-Aids-Drama mit Tom Hanks und Denzel Washington von Jonathan Demme. Hätte ich mir den einen, oder den anderen Film angesehen, wenn er nicht mit Superstars besetzt worden wäre?
Vermutlich nicht.
Die Star-Power (und ebenso die Fiktionalisierung der Geschichten) war hier das Mittel der Wahl, mit diesen Filmen durch die Vordertür, hinein in die großen Kinos zu gehen und das Mainstreampublikum einer Geschichte auszusetzen, die es sonst wohl nur hätte finden können, hätte es in den kleinen Arthouse-Programmkinos in den dunklen Seitenstraßen der Großstädte zufällig danach gesucht.
Deshalb ist es auch ein Verdienst des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, uns diesen Film wieder in den Mediatheken anbieten zu können. Wenn auch wieder nur für eine Woche.
Es ist wahrhaftig „großes Kino“!
Hinsehen müssen sie wollen!
Drama, USA, 2013, FSK: ab 12, Regie: Jean-Marc Vallée, Drehbuch: Craig Borten, Melisa Wallack, Produktion: Robbie Brenner, Rachel Winter, Kamera: Yves Bélanger, Schnitt: Martin Pensa, Jean-Marc Vallée, Mit: Matthew McConaughey, Jared Leto, Jennifer Garner, Michael O’Neill, Denis O’Hare, Steve Zahn, Dallas Roberts, Kenneth Kynt Bryan, Griffin Dunne, Kevin Rankin, Donna Duplantier, Deneen Tyler, J. D. Evermore, Joji Yoshida
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