Tom Tykwer – Cloud Atlas (2012)

Wenn Menschen sich an einem Abend drei Stunden Lebenszeit nehmen, um diese in einen Film zu investieren, dann ist das ein Zeichen für große Neugierde und/oder großes Vertrauen in die Filmemacher:innen. Bei mir war es eher letzteres. Also Tom Tykwer und die Wachowskis als Regisseur:innen, die mich allein schon genug interessiert haben, um mir diesen großen Film anzusehen.

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Es war leider nicht in einem Kino, sondern ausgerechnet in einem Airbus, der inzwischen abgestürzten Air-Berlin, während eines langen Fluges nach Miami, auf dem Bildschirm des Entertainmentsystems in der Business-Class, etwa so groß wie mein Laptop, wo ich diesen Film zum ersten Mal sehen sollte. Eigentlich die wirklich schlechtest vorstellbaren Voraussetzungen für einen Film. Die Antithese zum Kino überhaupt.

Am Ende war ich erschöpft und habe auf das Gefühl der Dankbarkeit gewartet, dass sich im Angesicht der langen, komplizierten Geschichte, der überragenden Bilder und großartiger Schauspieler:innen aber einfach nicht einstellen wollte. Ich war mir einfach nicht sicher, was ich da die Stunden vorher gesehen habe. Und dann schlief ich den Rest des Fluges. An Träume kann ich mich nicht erinnern.

Ja, es war ein komplexes Buch, dass sich Tykwer und die Wachowski-Schwestern da vorgenommen haben. Ich habe es nie gelesen. So sah ich den Film also auch ohne spezifische Erwartungshaltung, zu dem, was mich erwarten könnte. Ein paar Stunden sonst elendig vergeudeter Lebenszeit war er mir einfach wert.

Zugegeben, der internationale All-Star-Cast war schon sehr schwerwiegend für diese Entscheidung. Solche Leute haben auch ihr eigenes Publikum, welches nur ihretwegen in einen Film geht oder das TV einschaltet. Tom Hanks hat, von seinen grandiosen Fähigkeiten mal abgesehen, nur wenige wirklich falsche Entscheidungen getroffen, soweit es seine Rollenauswahl und seine resultierende Weltkarriere anging. Von Halle Berry könnten wir allerdings auch das genaue Gegenteil behaupten. Ben Whishaw liebe ich wie einen kleinen Bruder. Und Susan Sarandon wie eine große Schwester. Alles in allem tragen sie alle ganz signifikant ihren ganz eigenen Teil zu meiner eigenen Kinobiografie bei.

Bei Tom Tykwer war das eher so „gemischt“… aber, und das zeichnet ihn eben aus: Er hat sich immer was getraut und dabei oft überrascht und getroffen.

Ich hätte wirklich gerne erlebt, in welcher Stimmung der Film im Saal gewirkt haben mag. Oder, weit interessanter eigentlich, in welcher Stimmung das Publikum nach dem Film das Kino verlassen hat. In einem Flugzeug ist ein Mensch vermutlich ähnlich einsam und auf sich selbst zurückgeworfen, wie in einer Raumstation irgendwo im Erdorbit. Da musste ich allein mit mir selbst diskutieren. Furcht, Glaube, Liebe…

Es ist, ganz ohne Zweifel, ein unbedingt sehenswerter Film. Er ist grandios, metaphysisch und verwirrend. Ein Film, viel größer als das Fernsehen, ohne Frage. Ein Film für den sie eigentlich ins Kino *müssen*. Versuchen sie nicht, ihn etwa auf ihrem Computer zu schauen – oder, noch weit schlimmer, etwa auf dem Smartphone, auf dem sie gerade diesen Blog lesen. Das würde ein Fiasko sondergleichen.

Dank dem Deutschen Filmförderfonds und zahlreicher anderer steuerfinanzierter deutscher Subventionen ist „Cloud Atlas“ bei aller internationaler Größe eben auch ein signifikant „deutscher Film“ – und darf so auch immer wieder im öffentlich-rechtlichen TV in die Wiederholungsschleife. Das ist schon mal ein Gewinn.

Ob der Film bei auch ihnen gewinnt, liegt nicht an mir.



Spielfilm, USA, 2012, FSK: ab 12, Regie: Lana Wachowski, Lilly Wachowski, Tom Tykwer, Drehbuch: Lana Wachowski, Lilly Wachowski, Tom Tykwer, Produktion: Grant Hill, Stefan Arndt, Lana Wachowski, Lilly Wachowski, Tom Tykwer, Musik: Tom Tykwer, Johnny Klimek, Reinhold Heil, Kamera: Frank Griebe, John Toll, Schnitt: Alexander Berner, Mit: Tom Hanks, Halle Berry, Jim Broadbent, Hugo Weaving, Jim Sturgess, Bae Doona, Ben Whishaw, James D’Arcy, Zhou Xun, Keith David, David Gyasi, Susan Sarandon, Hugh Grant, u. a…


2 Antworten

  1. Avatar

    @mediathekperlen Dieser Film ist eine Herausforderung, aber er ist auch keine Minute langweilig. Den großartigen Tom Hanks in seiner Wandlung in den verschiedenen Episoden zu sehen, das allein lohnt sich.

    Tom Tykwer bekam dann noch mal die Gelegenheit, mit Tom Hanks zu drehen. „Das Hologramm des Königs“ ist vermutlich ein viel zu unbeachtetes Filmjuwel. #Filmkunst

    1. Mediathekperlen

      Danke für dein Feedback, liebe:r @MartinK. Was „Das Hologramm des Königs“ angeht, stimme ich dir natürlich zu. Ein schöner Film, der tatsächlich etwas untergegangen ist.

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