Keira Knightley – Official Secrets (2019)

3.5
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Die „Spielfilm-Highlights“ des ZDF sind im Allgemeinen ein bunter Eintopf von gut abgehangenen internationalen Kinoproduktionen, für die sich das Einschalten des Festplattenrekorders (oder das Herunterladen mit einschlägiger Software) nicht immer lohnt. Gegenwärtig finden wir aber einen Edelstein, der so viel mehr verdient gehabt hätte, als um 00:45 Uhr in der Nacht bei ZDFneo „versendet“ zu werden.

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Wir sehen die wahre Geschichte der jungen englischen Spionage-Mitarbeiterin Katharine Gun, gespielt von der zweifach Oscar-nominierten Keira Knightley, die im Vorfeld des II. Irakkrieges 2003 Geheimdienstinformationen an die Presse durchsickern ließ und damit verblüffende Enthüllungen über die amerikanischen und britischen Kriegspläne auslöste. Bis heute eine der dramatischsten und folgenreichsten Perioden der Menschheitsgeschichte im 21. Jahrhundert.

Gun arbeitete als Analystin für das „Government Communications Headquarters (GCHQ), dem britischen Äquivalent der US-amerikanischen „National Security Agency (NSA)“. Anfang 2003 hat sie versucht, die drohende Invasion des Irak zu stoppen, indem sie die mutwilligen Täuschungen und Manipulationen der Weltöffentlichkeit durch George W. Bush und Tony Blair und ihre vollständig gelogenen Behauptungen über den Irak aufdeckte. Sie wurde nach dem britischen „Official Secrets Act“ strafrechtlich verfolgt – einer abgeschwächten Version des US-Spionagegesetzes, welches in den letzten Jahren von der US-Regierung ebenso wiederholt gegen Whistleblower wie etwa WikiLeaks -Herausgeber Julian Assange eingesetzt wurde .

Das durchgesickerte Memo, welches 2003 vom britischen Observer veröffentlicht wurde, sorgte für großes Aufsehen, insbesondere im UN-Sicherheitsrat, und verhinderte effektiv, dass Bush und Blair Zustimmung zu einer zweiten UN-Resolution zum Irak erhielten. Die US-Regierung begann die Invasion trotzdem – ohne Genehmigung des Sicherheitsrates –, indem sie den UN-Waffeninspektoren kurzfristig befahl, den Irak zu verlassen, und einseitig forderte, dass auch Saddam Hussein den Irak innerhalb von 48 Stunden verlassen muss.

Daniel Ellsberg, der Whistleblower der „Pentagon-Papers“, erkannte schnell die Bedeutung dessen, was Gun getan hat. Er würde später kommentieren:

„Niemand sonst – mich eingeschlossen – hat jemals das getan, was Katharine Gun getan hat: geheime Wahrheiten unter persönlichem Risiko zu verkünden, vor einem drohenden Krieg, möglicherweise rechtzeitig, um ihn abzuwenden. Ihre Enthüllung war die wichtigste – und mutigste – Enthüllung, die ich je gesehen habe, aktueller und potenziell effektiver als die Pentagon-Papiere.“

(Zitiert aus: The Guardian, 2019)

Nun mag der „Ausbruch“ des Krieges im Irak, der nach den historischen Fakten, nichts anderes als ein völkerrechtlich nicht zu rechtfertigender Überfall durch eine unheilige Allianz im Namen eines von ihnen erklärten „Krieg gegen den Terror“ gewesen ist, 20 Jahre in der Vergangenheit liegen. Dieser Film von 2019 könnte allerdings und nach wie vor kaum aktueller in die Zeit passen.

Noch immer sitzt Julian Assange in britischer Auslieferungshaft. Der Irak steht nach zwei Jahrzehnten in einer langen Reihe von „Failed States“ und über die Dysfunktionalität der Vereinten Nationen, haben wir zuletzt in den letzten Monaten weit mehr Anschauungsmaterial erhalten, als in einer Filmkritik untergebracht werden könnte.

Frau Knightley, deren damals inspirierende jugendliche Energie ich zuletzt vor wenigen Wochen in einer Wiederholung ihres internationalen Durchbruchs „Kick It Like Beckham“ wieder sehen durfte – und der zufällig etwa zur selben Zeit spielt, wie dieser Film – gibt ihrer Figur in „Official Secrets“ eine erstaunliche innere Tiefe und Motivation, und eine reichlich bodenständige Normalität. Für den Film ist das elementar, denn hier wird nicht etwa die Geschichte einer Superheldin erzählt, sondern die einer ziemlich normalen, durchschnittlichen Regierungsangestellten, die nur zufällig an Informationen gelangt. Informationen, mit denen sie möglicherweise einen Krieg würde verhindern können. Und das Richtige tut.

„Ich arbeite nicht für die Regierung, ich arbeite für das britische Volk…“

(Katharine Gun, Filmzitat)

Obwohl dieser Film des südafrikanischen Oscarpreisträgers Gavin Hood ein reichlich spannender, aber auch ebenso konventioneller Spionage- und Justiz-Thriller ist, wissen wir eben doch – wenigstens im groben – wie er ausgeht. Er wird ihren Adrenalinpegel nicht unnötig in die Höhe treiben, es fallen keine Schüsse und es gibt auch keine Auto-Verfolgungsjagden oder Menschen, die aus Flugzeugen fallen. Sie werden sich aber möglicherweise danach an die Geschichte von Katharine Gun erinnern… und das wäre mir wichtig.

Schauen Sie sich den Film, wenn sie können, unbedingt im Originalton (deutsche Untertitel verfügbar) an. Die Sprache, so viel sei hier verraten, in ihren Ausprägungen zwischen amerikanischen und britischem Englisch, ist ein zentrales Element in der Handlung und ihrer Auflösung.

Ein wichtiger Film!



Thriller, Großbritannien, 2019, FSK: ab 6, Regie: Gavin Hood, Drehbuch: Marcia Mitchell, Thomas Mitchell, Gregory Bernstein, Sara Bernstein und Gavin Hood, Kamera: Florian Hoffmeister, Musik Paul Hepker und Mark Kilian, Mit: Keira Knightley, Matt Smith, Matthew Goode, Rhys Ifans, Ralph Fiennes, Adam Bakri, Conleth Hill, Indira Varma, Katherine Kelly, MyAnna Buring, Kenneth Cranham, Reece Shearsmith, Tamsin Greig, Peter Guinness, Shaun Dooley, Ray Panthaki, John Heffernan, Monica Dolan, Hattie Morahan, Jack Farthing, Jeremy Northam, Clive Francis, Chris Reilly, Chris Larkin, Angus Wright, Lindy Whiteford, Hanako Footman, Gabrielle Downey, Fiona Skinner, Niccy Lin


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