Was immer der deutsche Filmverleih sich gedacht haben mag, den ursprünglich genialen Filmtitel zu übersetzen und „Truck Driver – Gejagt von einem Serienkiller“ daraus zu machen, ist mir ein Rätsel. Doch der Titel sollte Sie wirklich nicht davon abhalten, diesen australischen Thriller aus den ganz frühen 80ern zu feiern.
Ich bin kein großer Kenner des australischen Kinos. Auch weil ich bei englischsprachigen Produktionen kaum differenziere. Mein Fehler, klar! Doch dieser Film ist so australisch, wie es eben geht. Auch wenn die beiden Hauptdarsteller:innen, wie der Regisseur, ganz eindeutig aus den Vereinigten Staaten stammen. Doch die australische Geografie ist hier weit mehr als nur eine Kulisse.
Hier ist der Outback, wieder einmal, eine Bedingung, ja, ein Handlungstreiber für einen klassischen Thriller, wie sie heute kaum mehr hergestellt werden … Einfaches und pures Handwerk, eine einfache und geniale Geschichte und einfach brillante Darsteller:innen. Einfach spannend ist der Film außerdem.
Die grandiosen Darsteller:innen sind hier allein schon guter Grund genug, einzuschalten. Die sehr junge Jamie Lee Curtis und der, zu jener Zeit, schon sehr erfahrene Stacy Keach begegnen sich auf absoluter Augenhöhe. Das wird schon in den ersten Sekunden ihres Aufeinandertreffens klar. Und selten hat sich eine Frau wohl durch einen so brillanten Dialog in eine laufende Handlung eingeführt.
Auch wenn Curtis deutlich weniger Leinwandzeit bekommen hat als Keach, der hier als LKW-Fahrer „Quid“ in einem Mercedes Truck Schweinehälften über den Kontinent transportiert, hat sie sich den Co-Star Credit redlich erarbeitet. Tatsächlich war es ihre erste Rolle jenseits des Horror/Slasher Genres („Halloween“, 1978, „The Fog“ 1980 …), mit dem sie kurz zuvor ihren Durchbruch in Hollywood gefeiert hat.
Keach gehörte 1981, vor allem im amerikanischen Western, schon zum Hollywood-Inventar, war er doch Zeit seiner Karriere einer der großen Neben- und Charakterdarsteller in Film, Fernsehen und Theater. Für mich blieb vor allem seine TV-Rolle als Ernest Hemingway (1987) unvergessen.
Und seinem „Quid“ gehört in diesem Road-Thriller die Leinwand – über weit mehr als den halben Film – ganz allein. Sein einziger Gesprächspartner dabei, ein australischer Dingo. „Now there’s a man with balls…“ Ich glaube, solche Rollen sind für ihre Darsteller:innen immer etwas Besonderes. Gleiches gilt aber auch für ihr Publikum.
Ob das jetzt ein „Hitchcock auf Rädern“ ist, weiß ich nicht. So soll der Film damals geplant worden sein. Und ja, ein Vergleich mit „Das Fenster zum Hof“ (1954) passt schon irgendwo. Für mich steht allerdings das Roadmovie im Vordergrund… in dem der Protagonist ganz und gar nicht passiv beobachtet, sondern mit jeder Meile auf dem Highway dem Showdown mit sehr hoher Geschwindigkeit entgegen jagt. Wenn sie mit gebrochenem Bein im Rollstuhl sitzen, wollen sie da gar nicht drüber nachdenken.
Quentin Tarantino listet „Road Games“ ganz oben auf der Liste seiner australischen Lieblingsfilme.
„Ich halte Everett De Roach („Patrick“, 1978), „Razorback“, 1984) für den besten australischen Drehbuchautor. Er hat einige brillante Drehbücher geschrieben, und ich denke, „Road Games“ ist zweifellos sein bestes. Ich denke, man könnte es morgen neu verfilmen. (…) Außerdem bin ich ein großer Fan von Richard Franklin (Psycho II, 1983) und ich denke, das ist er in seiner besten Hitchcock-Version. Es ist ein wirklich großartiger Film.“
Quentin Tarantino, zitiert in ScreenAustralia, 17.01.2016, (Video)
Ob Tarantino heute als Vegetarier oder gar Veganer lebt, habe ich nicht recherchiert. Doch wenn sie das nächste Mal kurz davor sind in ein Schnitzel vom Schwein zu beißen, sollten sie diesen Film besser schon lange wieder vergessen haben… wenn sie das dann noch können.
Guten Appetit!
Thriller/Roadmovie, Australien, 1981, FSK: ab 12, Regie: Richard Franklin, Drehbuch: Everett De Roche, Richard Franklin, Produktion: Richard Franklin, Bernard Schwartz, Musik: Brian May, Kamera: Vincent Monton, Schnitt: Edward McQueen-Mason, Mit: Stacy Keach, Jamie Lee Curtis, Grant Page, Marion Edwards, Alan Hopgood, Thaddeus Smith, Steve Millichamp, Bill Stacey, Robert Thompson
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