Wolfgang Becker – „Das Leben ist eine Baustelle“ (1997)

4.5
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Habe ich nicht erst über das Genre des „Berlin-Films“ meditiert? Liest „Das Erste“ etwa die Mediathekperlen? Werden wir alle von Christine Strobl überwacht? Vermutlich nicht. Die Frau hat wirklich andere Probleme und der kleine Blog ist so weit unter der allgemeinen Wahrnehmungsschwelle, da wäre jegliche Konspirationstheorie wohl unangebracht.

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Filmtrailer zu „Das Leben ist eine Baustelle“ / cinemaetcie / YouTube

Nichtsdestoweniger ist die ARD so zuverlässig berechenbar, dass wir unseren Kalender danach stellen können, was wir in der Mediathek vorfinden. Jedes Jahr um diese Zeit. Und hier rede ich nicht von „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, sondern über einen der quintessenziellen „Berlin-Filme“ des letzten Jahrhunderts, in der Mediathek zuletzt im Januar…:

In der Millionenstadt Berlin muss man – im wahrsten Sinne des Wortes – mit seiner großen Liebe zusammenprallen. Sonst kann es sein, dass man ihr niemals begegnet.

Schön ist es immer, diesen Film wiederzusehen. Eine Zeitreise, für die, die alt genug sind, sich zu erinnern. Und ein wilder Trip für die, deren Eltern damals nächtelang durch die Straßen der gerade eben wieder „Hauptstadt“ gerannt sind, um sich zu verlieben… so, liebe Kinder, hat das damals funktioniert… vor Tinder und dem Internet.

Hier bekommen wir sozusagen das „Who’s who“, also die allererste Reihe des deutschen Kinos der letzten 30 Jahre in nur einem Film. So jung und schön wie damals waren wir nie wieder. Der junge Jürgen Vogel (zugegeben, „normschön“ war der Mann nie) und die wundervolle Christiane Paul, der hochtalentierte Gladbecker Soul-Sänger Armin „I feel good“ Rohde (Achtung, nicht wirklich jugendfrei, aber grenzgenial! ;-)), die ungekrönte und, von mir höchst-verehrte Königin der Nebenrollen, Carmen-Maja Antoni, und die großartigen Martina Gedeck, Andrea Sawatzki, Heino Ferch, Richy Müller, Ludger Pistor… Charakterbolid:innen, allesamt! Alle waren jung (schön) und hungrig und haben wirklich „um ihr Leben gespielt“.

Triggerwarnung

Hier geht es um Leben und Tod. Sprichwörtlich. Eine Triggerwarnung braucht es selbstverständlich auch: wenn sie auf Polizeigewalt, Schlachthäuser oder den nackten Arsch von @Armin Rohde sensibel reagieren sollten. Aber wussten sie, wie gut der Mann singen kann?

Auch für Regisseur Wolfgang Becker („Goodbye Lenin“) und Autor/Produzent Tom Tykwer („Lola rennt“) und ihre gerade gegründete gemeinsame Firma war der Film ein Meilenstein und was daraus werden sollte, ist wohl ohne Beispiel. X-Filme dürfte bis heute wohl die wichtigste unabhängige deutsche Film-Produktionsgesellschaft sein. Hier ging das los!

Ja, ich gebe gerne zu, mir war diese Zeit kostbar. Und ich werde durchaus sentimental, wenn ich den Film (wieder-)sehe. Mal ganz abgesehen von mir und von uns… auch das schmutzige und unsortierte, noch nicht gentrifizierte Berlin fehlt mir sehr. Wir bekommen die Zeit nicht zurück. Aber wir dürfen uns erinnern, an die Zufälle des Lebens. Die große Liebe… und all die Filme, die wir sahen als wir jung waren.

Das Leben bleibt eine Baustelle!

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 12.12.2023



Spielfilm, Deutschland, 1997, FSK: ab 12, Regie: Wolfgang Becker, Buch: Wolfgang Becker, Tom Tykwer, Produktion: Stefan Arndt, Musik: Jürgen Knieper, Christian Steyer, Kamera: Martin Kukula, Schnitt: Patricia Rommel, Mit: Jürgen Vogel, Christiane Paul, Christina Papamichou, Meret Becker, Carmen-Maja Antoni, Ricky Tomlinson, Armin Rohde, Martina Gedeck, Andrea Sawatzki, Heino Ferch, Richy Müller, Rebecca Hessing, Frank Köbe, Andreas Schmidt, Gundula Petrovska, Andreja Schneider, Peter Gavajda, Frank Kessler, Ludger Pistor, u.v.a.


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  1. Mediathekperlen

    Diese Würdigung des Schaffens von Regisseur Wolfgang Becker durch Georg Dietz hat die ZEIT erfreulicherweise (noch?) nicht hinter die Paywall gestellt: „Nicht nur mit „Good Bye, Lenin!“ forderte Wolfgang Becker gesamtdeutsche Gewissheiten heraus, weit vor der Neubewertung der Neunziger. Nun ist er mit 70 Jahren gestorben.“

    „Ein Raum für Verwirrung im Einheitsstrudel“ – Zeit-Online, 14.12.2024

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