„Es tötete nur, wer töten musste“ – Naziverbrecher um Ausreden nie verlegen – TV-Anstalten trauten sich nicht, das dem Publikum zuzumuten. Es geht mir um „Die Ermittlung“, zu sehen in der ARTE Mediathek.
Zu Arte abgeschoben, und selbst dort trauten sie sich nur zu einem Start des vierstündigen Stückes um 21.45 h. Die Sonntagsreden zu Auschwitz sind gehalten. Deutschlands öffentlich-rechtliche Anstalten, ihre Intendanzen und Programmdirektionen sollten sich in die Ecke stellen und schämen gehen.
Die Adaption von Peter Weiss’ Theaterstück ‘Die Ermittlung’ bringt ein erschütterndes Kapitel der deutschen Geschichte auf die Leinwand. Er folgt den Spuren des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses. Das Ergebnis ist ein Film, der nicht nur Mahnung gegen das Vergessen ist, sondern auch den Appell ‘Nie wieder!’ zur Botschaft hat.”
Programmtext ARTE
In Deutschland herrscht die Unsitte, Fremde zu testen, ob sie auch in der Lage sind, gute Deutsche zu werden. Diesen Spieß neige ich umzudrehen. Deutsche, die ein öffentliches Amt anstreben, sollten verpflichtet werden, vor dem Amtsantritt diese hochwertige theatralisch inszenierte TV-Arbeit von der ersten bis zur letzten Minute (4 Stunden) auszuhalten.
In ein ausliegendes Poesiealbum sollten sie ihre eigenen Gedanken dazu niederschreiben. Wer unter solchen Voraussetzungen lieber auf ein öffentliches Amt verzichtet, leistet der Demokratie des postfaschistischen Deutschland einen großen Dienst.
Informativ auch der Wikipedia-Eintrag. Hier ist zu erfahren, dass die betagte Verlagsmilliardärin Friede Springer (82) koproduziert habe. Was will sie der Öffentlichkeit damit mitteilen? Wenn sie mit dem Treiben der Herren Döpfner und Musk nicht einverstanden ist – warum sagt sie es ihnen nicht direkt in ihre hochnäsige Visage?
Kein großes Aufsehen macht die Inszenierung um einen weit größeren Helden unserer Demokratie: Fritz Bauer. Ohne den politischen und juristischen Kampf dieses zutiefst demokratischen Staatsanwalts wäre der Frankfurter Auschwitzprozess vielleicht gar nicht zustande gekommen. Nennen Sie mir einen, der sich mehr um die politische Hygiene dieser Republik verdient gemacht hat.
Dieser Beitrag von Martin Böttger erschien zuerst am 29.01.2025 im Beueler-Extradienst und hier in einer geringfügig überarbeiteten Version. Übernahme hier mit freundlicher Genehmigung des Autors. Alle Rechte vorbehalten. Permalink: https://nexxtpress.de/b/aUv
Filmische Adaption des Theaterstücks von Peter Weiss, Deutschland, 2023, Regie: RP Kahl, Drehbuch: Peter Weiss, Produktion: Film&Mischwaren, BR, WDR, Produzent/-in: Alexander van Dülmen, Kamera: Guido Frenzel, Schnitt: Peter R. Adam, Anne Fabini, Christoph Strothjohann, Musik: Matti Gajek, Mit: Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz, Christian Kaiser, Dirk Ossig, Arno Frisch, Elisabeth Duda, Nicolette Krebitz, Attila Borlan
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