Luc Besson – „Im Rausch der Tiefe“ (1988)

4.4
(5)
„Le grand bleu“ war ein riesiger Welterfolg für seinen Regisseur. Für einen seiner Hauptdarsteller war es der Durchbruch. Für den anderen leider nicht. Was bleibt, ist ein Film, der das Kino der späten Achtziger um so vieles reicher gemacht hat, wie es danach nur wenige andere vermocht haben. Für Europäer:innen endete er mystisch. Amerika dagegen, bekam fast ein Happy End.

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Filmtrailer 1988 / VHS Trailerpark / YouTube

Für mich war „Im Rausch der Tiefe“ (1988) in erster Line der Film, den Luc Besson nach „Subway“ (1985) gemacht hat. Und weil jenes Metro-Drama aus den Eingeweiden von Paris, mit Isabelle Adjani, Christopher Lambert, Jean-Hugues Anglade und dem „überirdisch“ coolen Debüt von Jean Reno, damals auf der Stelle zu einem meiner Lebenslieblingsfilme wurde, konnte ich gar nicht anders, als auch den nächsten Film von Besson mit Ungeduld zu erwarten. Denn für mich war dieser Regisseur damals noch der coolste seiner Art im Weltkino überhaupt.

Als ich dann endlich „Im Rausch der Tiefe“ sehen durfte, war ich mir allerdings eigentlich nicht sicher, ob dieser Film tatsächlich vom selben Regisseur stammen konnte. Der Kontrast der schmutzigen, dunklen U-Bahntunnel und der gleißenden Sonne der Ägäis, über einem tiefblauen Ozean konnte ja größer gar nicht sein. Und die kleine Großstadt-Liebesgeschichte zwischen dem Gauner und der Millionärsgattin wurde durch einen epischen Kampf zweier Extremsportler (mit einem mir durchaus plausiblen homoerotischen Sub-Motiv) ersetzt.

Doch, klar, natürlich war es ein Film von Besson. Vielleicht sogar jener, der quintessenziell für sein Werk und seine Kunst steht. Denn auch wenn noch viele überaus erfolgreiche Filme, darunter, insbesondere in seinem Nebenberuf als Produzent, auch echte internationale Blockbuster folgen sollten, war er für mich, nie wieder so sehr bei sich, wie in diesem.

Im Grunde ist es ja zuerst ein Sportfilm über einen jahrzehntelangen Zweikampf zweier außergewöhnlicher Athleten in einer absoluten Nischensportart, dem Apnoe-Tauchen, nebst einer, für meinen Geschmack, nicht notwendigen, komplizierten Liebesgeschichte. Nicht auszudenken, eigentlich, was Hollywood aus dieser Geschichte wohl gemacht hätte. In jedem Fall würden wir heute anders über die Protagonisten denken. Denn auch für Jacques Mayol und Enzo Maiorca, den realen Vorbildern der Protagonisten, war der Film durchaus lebensverändernd.

Während der Franzose seinen Film-Ruhm wenigstens eine Zeit lang durchaus zu schätzen wusste, war sein italienischer Kollege über seine Charakterisierung durch Jean Reno dagegen ganz und gar nicht einverstanden. Als Zuschauer:innen steht es uns ja nicht zu, darüber zu richten. Doch in der historischen Bewertung des Filmes und seiner fiktionalen Geschichte können wir das ruhig im Hinterkopf haben.

Leider ist die ziemlich gelungene Dokumentation von ARTE gegenwärtig nicht online. Doch Dolphin Man – Auf den Spuren von Jacques Mayol“ (2017) ist ein tatsächlich sehr sehenswerter Dokumentarfilm, weil Mayol und seine Kinder selbst daran noch zu seinen Lebzeiten mitwirken durften.

Das, was Luc Besson aus dem historisch ganz und gar nicht verbürgten, also vollkommen von ihm selbst erfundenen Wettstreit dieser Ausnahmesportler gemacht hat, ist eine künstlerische Version einer Geschichte, wie sie hätte passieren können. Es ist keine Nacherzählung! Daraus ergibt sich auch die Tatsache, dass der Film in seiner europäischen Kino-Originalversion sein mystisches Ende in der Tiefe findet, in der, den amerikanischen Sehgewohnheiten angepassten Version dagegen ein zwar immer noch ambivalentes, doch glücklicheres Ende.

Ich halte den Film bis heute für ziemlich einzigartig im fiktionalen Kino. Denn Bilder wie hier, die nicht aus dem Computer kommen, sondern für und mit analogen Kameras komponiert wurden, spektakuläre Natur und – vor allem – solche Unterwasseraufnahmen, kennen wir sonst fast ausschließlich aus ambitionierten Natur- oder Dokumentarfilmen. Auch wenn die Tauchszenen nicht wirklich in so drastisch großer Tiefe gedreht wurden, wie der Film suggeriert (bei 30 Metern war Schluss, den Rest hat das Licht gemacht), beeindruckt und verblüfft „Le grand bleu“ auch als einzigartiges, fast metaphysisches Epos über die Ozeane der Welt.

Für den Schutz der Delphine hat der Film sicher mehr bewirkt, als jede NGO-Kampagne.

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 15.04.2025. Permalink: https://nexxtpress.de/b/dBY


Sehen sie auch das amerikanische Debüt von Luc Besson: „Léon – Der Profi“ (1994), mit Jean Reno, Natalie Portman, Gary Oldman und Danny Aiello. In der ARD-Mediathek verfügbar bis 30.04.2025.



Drama, Frankreich, 1988, FSK: ab 12, Regie: Luc Besson, Drehbuch: Luc Besson, Produktion: Luc Besson, Musik: Éric Serra, Kamera: Carlo Varini, Schnitt: Olivier Mauffroy, Mit: Rosanna Arquette, Jean-Marc Barr, Jean Reno, Paul Shenar, Sergio Castellitto, Jean Bouise, Marc Duret, Griffin Dunne, Andreas Voutsinas, Valentina Vargas, Kimberly Beck, Alessandra Vazzoler, Geoffroy Carey, Bruce Guerre-Berthelot, Gregory Forstner, Pierre Semmler, Fediverse: @filmeundserien



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