Jodie Foster – Angeklagt (1988)

Content Warnung: Diesen Film wollen sie nicht sehen, um unterhalten zu werden! Auch 36 Jahre nach seiner Premiere ist „Angeklagt“ nur schwer zu ertragen. Weil es ein großartiger Film ist. Ein Plädoyer. Ein Manifest. Ein Meilenstein, nicht nur für Jodie Foster, sondern für alle Überlebenden sexueller Gewalt.

Hier wurde ein Video von Youtube, einer Plattform von Alphabet (Google) eingebunden. Der Inhalt wird nur geladen, wenn sie zuvor einer Übertragung ihrer persönlichen Daten (ua. ihrer IP-Adresse) an die Plattform zustimmen.

Klicken sie auf dieses Cover, um den Inhalt anzuzeigen.

Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Ich kann mich noch präzise daran erinnern, wie es mir ging, als ich diesen Film zum ersten Mal gesehen habe. Ich war 23 Jahre alt, nicht viel jünger als Jodie Foster. Natürlich habe ich zu ihr aufgesehen. Auch wenn sie nur wenig älter ist, als ich selbst, hatte sie schon damals einen so viel größeren Horizont als ich, dafür konnte ich sie nur bewundern. Weil ich das Kino geliebt habe, kam ich an ihr ja kaum vorbei – soviel hatte sie schon gearbeitet. Und so unwahrscheinlich stark wie die Frau, war auch ihre Kunst.

Nun hätte ich allen Grund, diesen Film, für den sie ihren ersten Oscar als beste Darstellerin gewonnen hat, nur als das zu feiern. Als finalen Durchbruch einer großartigen Schauspielerin. Doch bei aller Liebe und aller Bewunderung, kann ich das nicht. Denn der Film ist tatsächlich so viel größer und wichtiger, als seine Hauptdarstellerin.

Und er ist „unerträglich“. Das macht ihn auch heute noch bedeutsam. Denn zum ersten Mal hat ein Mainstream-Hollywoodfilm einer Überlebenden sexueller Gewalt konsequent eine Stimme gegeben. Und die Tatsache, dass es dabei um eine „wahre Geschichte“ handelte, hat es unmöglich gemacht, seine Relevanz in Frage zu stellen. Es war ein Statement der Solidarität und eine Anklage.

Die brutale Gruppenvergewaltigungsszene dauert nur drei Minuten – doch zum Zeitpunkt der Premiere des Films galt sie als eine der längsten und explizitesten Darstellungen eines sexuellen Übergriffs in der Geschichte Hollywoods. Verstörend ist das, sicherlich. Doch in seiner Inszenierung auch erschreckend alltäglich. Und sie macht uns, das Publikum, zu Tatbeteiligten – denn wir schauen zu – oder weg.

Der Film basiert lose auf dem realen Fall der Gruppenvergewaltigung von Cheryl Araujo, einer 21 Jahre alten Frau, die im Jahr 1983 in einer Bar in New Bedford (Massachusetts) auf einem Billardtisch vergewaltigt wurde, während viele andere zusahen. Araujo musste nach Miami ziehen, um dem Fallout des Prozesses in ihrer Heimatstadt zu entgehen (und starb vier Jahre später im Alter von 25 Jahren bei einem Autounfall). Alle vier Vergewaltiger wurden verurteilt, zwei Unbeteiligte angeklagt und freigesprochen.

Ein „alter Film“. Ja! Schon zwei Generationen sind seit 1988 herangewachsen. Und Schuldzuweisungen an die Opfer sexueller Gewalt kennen selbst diese noch heute. Fragen nach der Verantwortung von Umstehenden und Wegsehenden werden nur selten gestellt. Heute, 36 Jahre später und sieben Jahre nach #MeToo, ist es noch immer ein verdammt alltägliches Problem unserer Gesellschaft. Ein Problem mit dem jede Frau zwangsläufig aufwächst, ein Problem das jeden Tag neue „Opfer“ produziert. Und Überlebende.

Hören wir ihnen zu!


„Angeklagt“ – in der ARTE Mediathek nur bis 03.03.2024

Drama, USA, 1988
FSK: ab 16
Regie: Jonathan Kaplan
Drehbuch: Tom Topor
Produktion: Stanley R. Jaffe, Sherry Lansing
Musik: Brad Fiedel
Kamera: Ralf D. Bode
Schnitt: O. Nicholas Brown, Gerald B. Greenberg
Mit: Jodie Foster, Kelly McGillis, Bernie Coulson, Leo Rossi, Ann Hearn, Carmen Argenziano, Steve Antin, Tom O’Brien, Peter van Norden, Terry David Mulligan, Woody Brown, Scott Paulin, Kim Kondrashoff


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert