„Ein transgressiver Film, der eine Serienmörderin beobachtet, ohne sie aufhalten oder gar fürchten zu wollen: Ein verschlagener, nicht mehr ganz junger Detektiv ermittelt gegen eine junge Frau. Schon bei der ersten Fernbegegnung findet er heraus, dass sie eine erhabene Mörderin ist.“ (ARTE.TV)
Das Jahr 1983 war eines der wichtigsten meines Lebens. Keine Überraschung, schließlich wurde ich in jenem Jahr „volljährig“. Und das ist allein eigentlich schon signifikant genug, um sich für den Rest eines Lebens daran zu erinnern. Was es aber erst zu einem wirklich besonderen Jahr gemacht hat, war die Tatsache, dass Isabelle Adjani mit gleich zwei Filmen in die Kinos kam, die ich seitdem – also für den Rest meines Lebens – unmöglich vergessen konnte.
Einen dieser Filme können sie jetzt für nur kurze Zeit wieder entdecken. Und das, soweit es meine unmaßgebliche Einschätzung ist, würden sie nicht bedauern. Denn „Das Auge“ von Claude Miller ist nicht nur der wahrscheinlich ungewöhnlichste Film über eine Serienmörderin, den sie je gesehen haben, sondern auch einer der besten Detektivfilme aller Zeiten.
Michel Serrault spielt diesen Schnüffler grandios und eigentlich ganz im Geiste der großen Vorbilder. Bogart, Mitchum, Nicholson, allesamt obsessive Charaktere, allesamt am Rande der Gesellschaft, allesamt eigentlich reichlich soziophobische Einzelgänger. Und, ja, es ist vorgekommen, dass ein Detektiv sich in den Gegenstand seiner Untersuchung verliebt hat. Doch selten, und mir aus der Geschichte gleich gar nicht bekannt, müsste es geblieben sein, dass er sich dabei tatsächlich zu einem väterlichen Beschützergaranten einer weit jüngeren Frau wandelt, die, für ihn, gleichsam die Rolle seiner Tochter übernimmt.
Diese, im Grunde psychopathologische Detektivgeschichte ist ebenso ein Roadmovie, eine Reise quer durch Europa, auf welcher sich die Geschichte an jeder Station neu erfindet, steigert und schließlich und endlich in ihrem Finale natürlich nicht glücklich enden kann. Was an dieser Stelle kein Spoiler ist, sondern nur auch die zugrunde liegende Geisteshaltung des Protagonisten beschreibt.
In Frau Adjani war ich sterblich verliebt. Sie war, ist und bleibt eine meiner ganz eigenen ewigen Filmgöttinen. Für mich war „Das Auge“ (1983) der erste ihrer Filme, die mir bis zum Rest meines Lebens unvergesslich bleiben. Sexuell verführt hat sie mich kurz darauf in „Ein mörderischer Sommer“ (1983) und endgültig verfallen bin ich ihr schließlich in „Subway“ (1985). Keine, wirklich keine andere vermochte das je zu wiederholen.
Michel Serrault allerdings, hat sich nur mit diesem Film als einer der besten Schüffler aller Zeiten in die erste Reihe meines Ruhmestempels gespielt. Und das nur, weil er ein ganz normaler, unscheinbarer und überhaupt nicht durch maskuline Omnipotenz auffälliger Darsteller war, der seine Rollen nicht gespielt hat, sondern sie durch Wahrhaftigkeit verkörpern konnte.
Ganz großes Kino!
Thriller, Frankreich, 1983, FSK: ab 16, Regie: Claude Miller, Drehbuch: Michel Audiard, Jacques Audiard, Produktion: Bernard Grenet, Charles Gassot, Musik: Carla Bley, Kamera: Gilbert Duhalde, Pierre Lhomme, Schnitt: Albert Jurgenson, Mit: Michel Serrault, Isabelle Adjani, Geneviève Page, Sami Frey, Jean-Claude Brialy, Dominique Frot, Patrick Bouchitey, Guy Marchand, Stéphane Audran, Macha Méril
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