Sergio Leone – „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968)

Ich lege mich fest: „Es war einmal der Westen“ ist einer der wenigen Filme, von denen ich hoffe, dass jeder Mensch ihn wenigstens einmal im Leben im Kino gesehen hat. Die große Leinwand ist einfach nicht zu ersetzen, um diese italienische Oper als das ewige Kunstwerk zu begreifen, als das sie als Meilenstein in die Filmgeschichte der Menschheit eingegangen ist.

   
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Mit Verlaub, Sie können von mir nicht im Ernst erwarten, mit diesem Film umzugehen, wie mit irgendeinem beliebigen anderen. Das kann ich nicht. Weil es für mich ein sprichwörtliches Erweckungserlebnis war, als ich ihn zum ersten Mal im Kino sehen durfte. Als Nachmittagsvorstellung im „Filmcasino“, auf der Kettwiger Straße Nr. 2 in Essen. Dort war die Jugendschutzkontrolle seinerzeit am Nachmittag eher optional. Wer also an der Kasse nur cool genug war, nach einer Eintrittskarte zu fragen, konnte auch Filme „ab 16“ schon sehen, weit bevor legal eigentlich daran zu denken war.

„Als „Kind“ ging ich ins Kino, als „Mann“ kam ich heraus.“ – Das wäre zwar gelogen, weil jenseits all meiner Lebenserfahrung, doch hat sich die Geschichte von „Harmonica“ dem Jungen, so tief in meine noch fast kindliche Erinnerung eingegraben, dass ich das Gefühl, das Kino beim letzten Tageslicht zu verlassen und wieder in die belebte Fußgängerzone zu treten, bis heute nicht vergessen konnte. Ich war ein anderer Mensch. Ich war „ein Zeuge Leones“ und würde bis zum Ende seines Lebens alle seine Filme gesehen haben und keinen Film dieses großen italienischen Künstlers mehr verpassen wollen.

„‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ (ist) tatsächlich so etwas wie (der) italienische Super-Western … Schon in der Eröffnungsszene wird klar, dass es Leone nicht mehr genügt, ein unterhaltsames B-Movie mit großem Budget zu drehen und Spektakel aneinander zu reihen. Jede Einstellung hier bezeugt: ein letzter Western. Als Ganzes ist der Film darauf angelegt, die Liebe seines Regisseurs zum Genre auszudrücken und zugleich die Ausdrucksformen des Italowestern an einen Endpunkt zu bringen. … ein Film über den Tod des Genres, ein langes Requiem und eine Ehrenrettung und Verteidigung zu einer Zeit, als der Western aus der Mode kam.“ (…)

Harald Steinwender: Sergio Leone – Es war einmal in Europa, Berlin 2009 / 2012

Keine Frage, Sergio Leone hat den Western gerettet. Dieser Italiener hat vielleicht ganz Hollywood gerettet, vor dem ewigen Recycling seiner selbst. Niemand von uns hätte Clint Eastwood gekannt – der sein Werk als Darsteller und Regisseur (nicht nur) großer Western als Zeuge Leones wohl nie begonnen und womöglich bis zum Ende seiner Karriere in zweitklassigen TV-Serien hätte auftreten müssen. Und wäre Quentin Tarantino kein Zeuge Leones gewesen, dann würde er vielleicht noch heute Kino-Tickets und Popcorn am Sunset Boulevard verkaufen. Und vielleicht hätten wir auch die USA nie verstanden, deren essenzielle Geschichte Leone in den drei Filmen seiner „Es war einmal“-Trilogie nachgezeichnet hat?

Es sind diese drei Filme, „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968), „Todesmelodie“ (1971) und „Es war einmal in Amerika“ (1984), mit denen Leone nur mehr seinen eigenen künstlerischen Ambitionen gefolgt ist – und keine kommerziellen Kompromisse mehr machen musste. Wirtschaftlich hat sich nur der erste Film für ihn gelohnt. Künstlerisch aber, haben alle drei noch einmal Maßstäbe für die Kunst des Kinos gesetzt, die bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verloren haben und vermutlich auch in 100 Jahren noch an Filmhochschulen unterrichtet werden.

Und eines Tages, das habe ich mir vorgenommen, werde ich auch für Maestro Ennio Morricone eine Kerze in der Kapelle des Campo Verano anzünden. Unvorstellbar, wäre unser Leben ohne seine Filmmusiken gewesen.

Ich war leider zu jung, um all die Filme im Kino zu sehen, als sie entstanden. Nur den großen, vier Stunden langen, letzten Film Leones sah ich noch, als er gerade herauskam. Doch was für ein Privileg es war, zur selben Zeit gelebt zu haben, wie diese Künstler, das zu erkennen ist für mich der Sinn einer jeden Wiederholung ihrer Werke im TV. Es mag sein, dass es für die Sender inzwischen nur noch irgendein „Content“ ist.

Für mich ist jedes Mal ein Feiertag.

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 04.05.2025.



Italo-Western, Italien, Spanien, 1968, FSK: ab 16, Regie: Sergio Leone, Drehbuch: Dario Argento, Sergio Leone, Sergio Donati, Mickey Knox, Produktion: Bino Cicogna, Musik: Ennio Morricone, Kamera: Tonino Delli Colli, Schnitt: Nino Baragli, Mit: Henry Fonda, Claudia Cardinale, Charles Bronson, Jason Robards, Gabriele Ferzetti, Frank Wolff, Keenan Wynn, Paolo Stoppa, Marco Zuanelli, Lionel Stander, Jack Elam, Woody Strode, Al Mulock, Enzo Santaniello, Simonetta Santaniello, Stefano Imparato, Antonio Palombi, Dino Mele, Claudio Mancini, Fediverse: @filmeundserien,



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  1. Avatar von Schnatterick
    Schnatterick

    @mediathekperlen

    Nie im Kino gesehen, aber das wäre mal was, bisher kaum Western im Kino gesehen eigentlich

    @filmeundserien

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    1. Avatar von Mediathekperlen

      Ich schreibe das natürlich aus der Position eines von der (früher) großartigen Programmkinolandschaft zwischen Ruhrgebiet und Münster überaus privilegierten Mannes… aber genau diese Kinos sind manchmal für Vorschläge auch zugänglich. Und dann beginnt bald auch wieder die Open-Air-Kinosaison… könnte mir vorstellen, dass der eine oder andere Western dort auch wieder zu sehen sein wird… 😌

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    2. Avatar von tunda
      tunda

      @schnatterick @mediathekperlen @filmeundserien

      "Rust" ist jetzt bei mir im Kino angelaufen. Ich weiß aber nicht ob ich mir den ansehen sollte auf Grund der Umstände. Ich hörte das bei der Produktion, es mehr als nur einmal vorgekommen ist, das scharfe Munition in den Scharfen waffen steckte.

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  2. Avatar von Florian Schmidt
    Florian Schmidt

    @mediathekperlen
    Interessant, hier (TM) kommt ein leerer Post an (Mastodon, Fedilab). Könnt ihr mal schauen, wie euer ActivityPub in WordPress eingestellt ist?

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    1. Avatar von Mediathekperlen

      Da ist leider beim Speichern etwas schiefgelaufen. Eigentlich wurde zu dem Post aber ein Update verteilt, das deine Instanz auch schon hätte bekommen sollen. Sorry dafür!

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  3. Avatar von T-Rex 🦖🦔🐲 :beuel: :hardtberg:
    T-Rex 🦖🦔🐲 :beuel: :hardtberg:

    @mediathekperlen Einer meiner Lieblingswestern. Den Film kann ich fast lomplett auswendig. 🤠

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